Reiterhof Birkenhain 09 - Spuk im Stall
stehlen wollte, konnte das leichter haben. Die Putzboxen standen Tag und Nacht unverschlossen in der Stallgasse. Jeder konnte im Vorbeigehen hineingreifen und fand immer Bürsten, Halfter, Lederfett und etwas Geld.
Nein, die Beute war für den Dieb offensichtlich Nebensache. Der führte etwas anderes im Schilde: Er wollte Unruhe auf dem Reiterhof Birkenhain stiften. Das war ihm bereits gelungen.
Conny überlegte laut: »Die Killerbienen waren wütend, weil Jensen sie wegen der Kerzen zusammengestaucht hat. Was ist mit Ilona... oder Olivia... oder Senta... denen traue ich auch einiges zu.« »Aber warum haben sie es dann auf mich abgesehen?« Luisa glaubte nicht an die Killerbienen.
Bastian fuhr sich durch sein blondes Stoppelhaar. »Wir müssen es Herrn Jensen sagen«, stellte er fest. »Gleich morgen nach der Schule. Die Sache läuft uns aus dem Ruder.«
»Oh nein, Bastian, sei kein Spielverderber!« Jule protestierte. »Das können wir auch alleine aufklären, ohne ihn.« Conny war auch nicht begeistert von Bastians Vorschlag, Jensen einzuweihen. Plötzlich fiel ihr etwas Besseres ein, wie sie Luisa zur Seite stehen könnte.
»Wann hast du wieder Voltidienst, Luisa?« »Übermorgen«, sagte Luisa. »Aber ich melde mich krank bei Herrn Jensen. Ich habe Angst.«
»Nein, warte mal . . . wann bist du normalerweise im Stall?«, wollte Conny wissen. »Gegen halb drei?«
Luisa nickte.
»Bei uns fällt übermorgen Bio aus, ich habe schon um ein Uhr frei.. . genial.«
Die vier heckten einen Plan aus. Luisa und Conny wollten sich am Voltigier-Tag im Stall auf die Lauer legen. Zeigte der Vampir sich tatsächlich, sollte Conny auf den Hof laufen und ihn abfangen, wenn er sich aus dem Dachfenster hangelte.
»Hauptsache, er sieht dich nicht vorher auf der Stallgasse«, sagte Luisa. »Sonst verschwindet er gleich wieder.«
Daran hatte Conny auch schon gedacht. Sie wollte sich dunkel anziehen und sich zu Rocky in die Box hocken. Sie besprachen noch viele Einzelheiten, bis keine Frage mehr offen war.
Zufrieden verließen Bastian und die Mädchen kurze Zeit später Jules Zimmer. Auf Socken schlichen sie am Wohnzimmer vorbei. Drinnen diskutierten die Banker laut darüber, was man bei einer Fahrt im Heißluftballon anzieht.
»Die haben Sorgen ...«, flüsterte Luisa.
Sie schlüpften in ihre Stiefel und machten sich mit ihren Rädern auf den Heimweg. Als sie sich an der nächsten Kreuzung trennten, rief Bastian hinter Conny her: »Lass dein Fahrrad übermorgen zu Hause! Wenn zwei Räder am Stall stehen, schöpft der Typ Verdacht.«
Am nächsten Tag kam Conny nicht in den Stall, weil sie zum Geburtstag ihres Opas eingeladen war. Eigentlich ging sie gern zu ihren Großeltern, aber an diesem Tag saß sie zwischen den Gästen wie auf heißen Kohlen. Nicht mal die sahnegefüllten Windbeutel, Connys Lieblingsgebäck, schmeckten ihr wie sonst. Sie merkte gar nicht, was sie aß, denn ständig schweiften ihre Gedanken zum Vampir ab.
Endlich kam der Voltigier-Nachmittag.
Conny stiebitzte ihrem Bruder ein langes, dunkelgraues
Sweatshirt, um unauffällig auszusehen. Wie verabredet machte sie sich um zwei Uhr zu Fuß auf den Weg nach Birkenhain.
Das flaue Gefühl in der Magengegend, das sie seit dem Aufstehen verspürte, hatte sich zu Hause gelegt. Aber als sie vom Birkenweg in die Zufahrt von Jensens Reitschule einbog, spielte Connys Bauch wieder verrückt. Angst vor dem Spuk mischte sich mit der Vorfreude, den Vampir zu enttarnen.
Conny sah an sich herunter. Kein Grund zur Aufregung, sagte sie sich. Der Typ würde sie niemals entdecken in dieser Tarnkleidung! Nur ihr hellblondes Haar war ein Schwachpunkt. Sie fasste in die Tasche und tastete nach der grauen Strickmütze, die sie ebenfalls von ihrem Bruder »ausgeliehen« hatte. Für alle Fälle.
Auf dem Hof herrschte Mittagsruhe. Luisas Fahrrad, an eine Birke gelehnt, war das einzige Zeichen dafür, dass sich jemand in der Anlage aufhielt.
Conny ging um Jensens Bauernhaus herum und linste durch das Drahtgeflecht der Stalltür. Sie guckte direkt auf das braun-weiß gefleckte Hinterteil von FleckenPaula. Luisa hätte die Knabstrupper Stute in der Stallgasse angebunden und bearbeitete ihr Fell mit dem Striegel.
»Sssst, ssst«, machte Conny, um Luisa nicht zu erschrecken.
Trotzdem fuhr Luisa zusammen. Sie kam zur Tür und öffnete den vorgelegten Riegel.
»Gut, dass du kommst«, flüsterte sie erleichtert. »Ich habe ganz weiche Knie.«
Conny drückte ihr zuversichtlich den
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