Reiterhof Birkenhain 10 - Ende für die Reitschule
Braut, schwarze Pferde im Schnee, Mädchen mit Protestplakaten. Ein Bauernhaus mit hölzernen Pferdeköpfen am Dach überragte die Seite. Am Giebel stand: »Reiterhof Birkenhain«.
»Großmoorstedt? Hast du dort nicht früher bei einem Pflegedienst gearbeitet?«, fragte Schwester Heike. »Genau. Noch bis zum Herbst.«
Schwester Dörte tippte auf die Zeitung.
»Den alten Bauern, um den es hier geht, habe ich jeden Tag versorgt. Und Bauunternehmer Markmann, der den Reitstall abreißen will, kenne ich auch. Der lungerte ein paar Mal in der Wohnung herum. Ich hatte immer ein ungutes Gefühl. Und nun hat der den Reiterhof geerbt. Sehr merkwürdig.«
Die junge Schwester setzte ihre Tasse ab und studierte gedankenverloren die Zimmerdecke. »Ich wusste gar nicht, dass der Bauer gestorben ist. Nachdem ich ins St. Martin gegangen bin, hat ihn eine andere Altenpflegerin betreut, Frau Dunkhard. Die kenne ich aber kaum.«
Sie versuchte sich an Einzelheiten zu erinnern.
»Der Bauer sprach oft von dem Reiterhof. Ein richtiger Pferdenarr war das. Einmal erzählte er mir sogar, dass Markmann seinen Hof kaufen wollte, um dort Wohnungen zu bauen. Aber davon wollte er nichts wissen. Ich hatte den Eindruck, dass der Bauer richtig Angst vor ihm hatte.«
Schwester Dörte nahm einen Schluck Kaffee.
»Dieter Markmann ist in Großmoorstedt berüchtigt. Macht dauernd undurchsichtige Geschäfte. Gut möglich, dass er den Bauern bedrängt hat.«
Schwester Heike griff nach der Zeitung und überflog den Artikel.
»Hier steht, dass niemand begreift, warum ausgerechnet Markmann den Reiterhof geerbt hat. Das riecht nach einem krummen Ding. Andererseits ... das Gericht hält das Testament für echt, außerdem ...«
Sie unterbrach sich, weil draußen ein Martinshorn aufheulte. Schwester Heike stand auf und sah auf den Hof hinab. Zwei Unfallwagen brachten neue Fälle. Die Frühstückspause war zu Ende.
»Du musst dich melden, Dörte«, sagte sie, als sie das Fenster schloss, »und erzählen, dass der Bauer Angst vor Bauunternehmer Markmann hatte.«
Schwester Dörte nickte. Sorgfältig faltete sie die Zeitung und legte sie in ihren Schrank. »Du hast Recht. Aber wen rufe ich am besten an?«
»Ist doch klar - Reiterhof Birkenhain.«
Als Schwester Dörte mittags Kai jensens Telefonnummer wählte, musste sie es mehrmals versuchen, weil immer besetzt war. Sie war nämlich nicht die Einzige, die Jensen Verdächtiges über Markmann mitteilte.
Der Zeitungsbericht trat eine Lawine los. Wie niederstürzende Schneemassen auf ihrem Weg ins Tal einen ganzen Landstrich aufwühlen, so löste der Artikel eine Lawine der Hilfsbereitschaft aus. Unzählige Hamburger meldeten sich, um Jensen von ihren schlechten Erfahrungen mit Markmann zu berichten. Der Mann schien überall, wo er auftauchte, deutliche Spuren zu hinterlassen.
Kai jensen konnte sich nicht retten vor Anrufen. Seit die Zeitung morgens erschienen war, rannte er dauernd zwischen Stallgasse und Büro hin und her. Das erste Mal klingelte es, als Jensen um sieben Uhr die Pferde fütterte. »Der Markmann hat heimlich uralte Eichen fällen lassen, die den Blick auf die Elbe verdeckten«, behauptete der Anrufer. »Das ist streng verboten bei alten Bäumen. Aber ohne die hohen Eichen konnte er das Grundstück teurer verkaufen. Der kennt keine Skrupel.«
Ein anderer Anrufer erinnerte sich, dass es Vorjahren einen Fall von Bestechung im Bauamt gab. Unter Verdacht: Dieter Markmann. Der Fall wurde aber nie geklärt.
Das war leider typisch für alle Geschichten, die Jensen an diesem Morgen hörte. Viele wussten etwas über den Bauunternehmer, aber am Ende hieß es immer: Man konnte ihm nichts beweisen.
Dieter Markmann bewegte sich offensichtlich haarscharf an der Grenze zur Kriminalität. Brach er die Gesetze, dann so geschickt, dass man ihm nichts anhängen konnte.
Darum waren die Beobachtungen von Schwester Dörte für Jensen extrem wichtig. Sie hatte Markmann mit eigenen Augen bei dem Bauern gesehen. Und vor allem: Sie erinnerte sich, dass der alte Mann nach Markmanns Besuchen vor Angst zitterte. Das klang so, als ob Markmann ihm gedroht habe.
Was hatte der Richter im Nachlassgericht zu Kai Jensen gesagt?
»Das Testament ist ungültig, wenn der Bauer durch Drohung dazu gezwungen wurde.«
Jensen notierte Schwester Dörtes Adresse. Sicherheitshalber wiederholte er die Anschrift zweimal. Er brauchte die Krankenschwester unbedingt als Zeugin vor Gericht.
Das Blatt Papier wanderte in einen gelben
Weitere Kostenlose Bücher