Reizende Gäste: Roman (German Edition)
zuviel Make-up auftragen? Die Augenlider der Frau waren begraben unter einer grellen blauen Glasur; ihre Wimpern standen wie schwarze Stacheln starr von den Augen ab; auf einem ihrer Zähne war ein Lippenstiftfleck.
»Eleanor!« sagte Richard. »Wie nett, dich zu sehen. Bist du mit Geoffrey hier?«
»Nein, mit einer Freundin. Nach dem Lunch machen wir uns zum Scotch House auf.« Eleanor wechselte den goldenen Kettenriemen ihrer Handtasche von einer Schulter zur anderen. »Übrigens hat Geoffrey gerade erst vor kurzem gesagt, daß er dich schon länger nicht mehr im Club gesehen hat.« In ihrer Stimme schwang eine Frage mit; wieder huschte ihr Blick zu Fleur.
»Darf ich vorstellen«, sagte Richard. »Das ist eine Bekannte von mir, Fleur Daxeny. Fleur, das ist Eleanor Forrester. Ihr Mann ist Spielführer des Golfclubs in Greyworth.«
»Wie nett, Sie kennenzulernen«, murmelte Fleur und erhob sich ein wenig, um Eleanor die Hand zu schütteln. Deren Hand war fest und rauh, bis auf die rot angemalten Fingernägel fast männlich. Noch ein Golfer.
»Sind Sie eine alte Bekannte von Richard?« erkundigte sich Eleanor.
»Das kann man eigentlich nicht sagen. Wir kennen uns jetzt vier Wochen.«
»Ich verstehe.« Eleanor klimperte hektisch mit den Wimpern. »Ich verstehe«, wiederholte sie. »Nun, ich mache mich jetzt besser auf den Weg. Macht einer von euch beim Spring Meeting mit?«
»Ich bestimmt«, erklärte Lambert.
»Oh, ich nehme an, ich auch«, sagte Richard. »Aber wer weiß?«
»Wer weiß«, echote Eleanor. Wieder beäugte sie Fleur und kniff dabei die Lippen zusammen. »Es war sehr nett, Sie kennenzulernen, Fleur. Wirklich, sehr interessant.«
Wortlos beobachteten sie, wie Eleanor flott davonmarschierte und ihr das blonde Haar dabei steif auf den Jackettkragen stubste.
»Tja«, meinte Lambert, als sie außer Hörweite war. »Morgen weiß der ganze Club Bescheid.«
»Eleanor war eine wirklich gute Freundin von Mummy«, sagte Philippa entschuldigend zu Fleur. »Vermutlich dachte sie …« Verlegen verstummte sie.
»Du mußt schon aufpassen, weißt du«, wandte Lambert sich an Richard. »Du kommst nach Greyworth zurück, und siehe da, alle reden über dich!«
»Wie schön«, versetzte Richard und lächelte Fleur an, »im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.«
»Jetzt mag das lustig erscheinen«, wandte Lambert ein, »aber wenn ich du wäre …«
»Ja, Lambert? Was würdest du tun?«
Ein stählerner Ton hatte sich in Richards Stimme geschlichen, und Philippa warf Lambert einen warnenden Blick zu. Aber Lambert ließ sich nicht aufhalten.
»Ich wäre ein bißchen vorsichtig, Richard. Jetzt mal ehrlich, du willst doch nicht, daß die Leute einen falschen Eindruck bekommen und hinter deinem Rücken getuschelt wird.«
»Und warum sollte hinter meinem Rücken getuschelt werden?«
»Na ja, ich meine, das ist doch sonnenklar, oder? Schauen Sie, Fleur, ich möchte Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber Sie verstehen doch, oder? Es gibt viele, die Emily sehr gemocht haben. Und wenn sie von Ihnen hören …«
»Die werden nicht nur von Fleur hören«, warf Richard laut ein, »sondern sie werden Fleur auch kennenlernen, da sie sobald wie möglich zu uns nach Greyworth kommt. Und wenn du damit Probleme hast, Lambert, dann schlage ich vor, daß du schön fernbleibst.«
»Ich habe doch bloß gemeint …«, begann Lambert.
»Ich weiß, was du gemeint hast«, entgegnete Richard. »Nur zu gut weiß ich das. Und ich fürchte, du sinkst dafür gehörig in meiner Achtung. Komm Fleur, laß uns gehen!«
Draußen auf dem Bürgersteig ergriff Richard Fleurs Arm.
»Mir tut das Ganze so leid. Lambert kann ausgesprochen unangenehm sein.«
»Ach, halb so schlimm«, sagte Fleur leise. Mein Gott, dachte sie, ich habe schon wesentlich unerfreulichere Situationen erlebt. Da war die Tochter, die versuchte, mir die Haare auszureißen, der Nachbar, der mich eine Schlampe schimpfte …
»Und du kommst nach Greyworth? Entschuldige, ich hätte dich zuerst fragen sollen.« Richard sah sie besorgt an. »Aber ich verspreche dir, es wird dir dort gefallen. Wir können lange Spaziergänge unternehmen, und du kannst die restliche Familie kennenlernen …«
»Und Golfspielen lernen?«
»Wenn du möchtest.« Er lächelte. »Aber das ist keine Verpflichtung.« Verlegen hielt er inne. »Und natürlich hättest du … hättest du dein eigenes Zimmer. Ich würde nicht wollen, daß du … daß du …«
»Wirklich nicht?« sagte Fleur leise.
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