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Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Titel: Reizende Gäste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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immer noch mit geschlossenem Mund.«
    Antony starrte Xanthe in zorniger Verlegenheit an und zerbrach sich den Kopf nach einer witzigen Retourkutsche. Aber die Koordination zwischen seinem Hirn und seinem Mund schien unterbrochen zu sein.
    »Dein Dad«, meinte Xanthe nachdenklich. »Dein Dad. Was hab’ ich doch gleich neulich von ihm gehört?« Plötzlich setzte sie sich auf. »Ach ja. Er hat eine Geliebte, stimmt’s?«
    »Hat er nicht!«
    »Hat er wohl! Mum und Daddy haben sich darüber unterhalten. Irgendeine Frau in London. Echt hübsch, anscheinend. Mum hat sie zusammen beim Lunch ertappt.«
    »Sie ist bloß eine Freundin«, versetzte Antony verzweifelt. Seine ganze Nonchalance war verschwunden. Mit einemmal haßte er seinen Vater; haßte sogar seine Mutter, weil sie gestorben war. Warum hatte nicht alles beim alten bleiben können?
    »Hab’ von deiner Mutter gehört«, sagte Mex. »Hart.«
    Was weißt du denn schon davon! hätte Antony am liebsten gebrüllt. Statt dessen trat er ungeschickt seine Zigarette aus und sagte:
    »Ich muß jetzt los.«
    »Zu schade«, sagte Xanthe. »So, wie du da mit diesen sexy Hosen dastehst, hast du mich echt angeturnt. Wo hast du die her? Von einem Wohltätigkeitsbazar?«
    »Bis bald einmal«, sagte Mex. »Viel Spaß mit deinem Dad.«
    Im Davongehen hörte Antony ein unterdrücktes Kichern, aber er drehte sich nicht um, bis er die Kurve erreicht hatte. Dann erlaubte er sich einen kurzen Blick zurück. Xanthe und Mex küßten sich wieder.
    Rasch bog er um die Kurve und setzte sich auf eine niedrige Steinmauer. In seinem Kopf schwirrten sämtliche Sätze herum, die er über die Jahre von den Erwachsenen gehört hatte. Wenn andere dich hänseln, dann sind sie nur unreif … Nimm gar keine Notiz davon … dann wird es ihnen zu langweilig … Wenn sie mehr auf dein Aussehen geben als auf deine Persönlichkeit, dann sind sie es nicht wert, deine Freunde zu sein.
    Was also sollte er tun? Alle außer Will ignorieren? Ganz ohne Freunde enden? Aus seiner Sicht blieben ihm zwei Möglichkeiten. Entweder konnte er einsam sein, oder er konnte mit der Herde laufen. Antony seufzte. Die Erwachsenen hatten gut reden. Die wußten nicht, wie das war. Wann war jemand das letzte Mal gehässig zu seinem Vater gewesen? Vermutlich nie. Erwachsene waren nicht gehässig zueinander. Das waren sie einfach nicht. Also, dachte Antony verdrießlich, sollten sie aufhören, sich zu beklagen. Sie hatten es verdammt einfach.
    Gillian saß am riesigen Holztisch in der Küche ihrer verstorbenen Schwester und blickte ausdruckslos auf einen Haufen Feuerbohnen. Sie fühlte sich erschöpft, fast zu erschöpft, um ein Messer zu heben. Seit Emilys Tod war eine Apathie über sie gekommen, die sie bestürzte und verwirrte. Sie wußte nicht, wie sie anders damit umgehen sollte, als sich rückhaltlos in die Hausarbeit zu stürzen, die ihren Tag ausfüllte. Doch je härter sie arbeitete, um so weniger Energie schien sie zu haben. Wenn sie sich hinsetzte, um eine Pause zu machen, dann kam es ihr so vor, als würde sie nie wieder aufstehen können.
    Mit einem lethargischen und schweren Gefühl stützte sie sich auf die Ellbogen. Sie konnte spüren, wie ihr eigenes Gewicht in den Bauernstuhl versank, die Masse ihres soliden, unschönen Körpers. Üppige Brüste, die in einen vernünftigen BH gehüllt waren, massige Beine, die unter einem Rock versteckt waren. Ihre Strickjacke war dick und gewichtig; sogar ihr Haar erschien ihr heute schwer.
    Eine Weile starrte sie auf den Tisch, verfolgte mit dem Finger die Holzmaserung und versuchte, sich in den Windungen und Schlingen zu verlieren, versuchte, sich normal zu fühlen. Aber als sie einen dunklen Knoten erreichte, hielt sie inne. Es brachte nichts, sich selbst etwas vorzumachen. Sie kam sich nicht nur schwer vor. Sie fühlte sich nicht nur apathisch. Sie hatte Angst.
    Der Telefonanruf von Richard war kurz ausgefallen. Keine Erklärung über den Umstand hinaus, daß er eine Frau namens Fleur mitbringen würde, die bei ihnen wohnen sollte. Gillian starrte auf ihren rauhen Wurstfinger und biß sich auf die Lippe. Ihr hätte klar sein müssen, daß es irgendwann so kommen würde; daß Richard früher oder später eine … Freundin finden würde. Doch irgendwie hatte sie sich vorgestellt, alles würde wie üblich weiterlaufen: Richard, Antony und sie. Gar nicht so viel anders als zu der Zeit, als Emily noch gelebt hatte – als zu all den Gelegenheiten, bei denen sie drei zusammen zu

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