Reizende Gäste: Roman (German Edition)
ein angespanntes Lächeln.
»Sie hat mich nachdenklich gestimmt. Weißt du, noch immer habe ich das Gefühl, als hätte es Seiten an Emily gegeben, die mir unbekannt waren.«
»Ging es in der Besprechung um Emily?«
»Nein … aber sie betraf einige Angelegenheiten, die wir vor ihrem Tod besprochen haben.« Richard zog die Stirn kraus. »Ich habe versucht, mir ihre Argumentation in Erinnerung zu rufen; ihre Beweggründe, bestimmte Dinge zu tun«, sagte er bedächtig. »Und ich bin nicht darauf gekommen, was sie zu bestimmten Entscheidungen veranlaßt hat. Ich nehme an, sie hat es mir nicht gesagt – oder ich habe vergessen, was sie sagte. Und ich habe ihr Wesen nie gut genug gekannt, als daß ich es mir jetzt zusammenreimen könnte.«
»Vielleicht könnte ich dir helfen«, bot Fleur an. »Wenn du mir sagen würdest, worum das Ganze ging.« Richard blickte sie an.
»Womöglich könntest du das. Aber ich habe das Gefühl … daß das etwas ist, was ich selbst ausknobeln muß. Kannst du das verstehen?«
»Natürlich«, meinte Fleur leichthin und drückte zärtlich seinen Arm. Richard lachte kurz auf.
»Es hat auch eigentlich keine Bedeutung. Es berührt nichts von dem, was ich tue. Aber – «, er verstummte und suchte Fleurs Blick. »Nun, du kennst meine Gefühle gegenüber Emily.«
»Sie steckte voller Geheimnisse.« Fleur versuchte, nicht zu gähnen. Hatten sie sich nicht bereits genug über diese vermaledeite Frau unterhalten?
»Nicht voller Geheimnisse«, versetzte Richard. »Hoffentlich das nicht. Einfach … versteckte Qualitäten.«
Sobald er gekommen war, war es mit Lamberts Zuneigung für Philippa wieder vorbei. Er löste seine Lippen von ihrem Hals und setzte sich auf.
»Ich muß gehen«, sagte er.
»Könnten wir denn nicht einfach noch ein bißchen hier liegen?« fragte Philippa sehnsüchtig.
»Nein. Die anderen wundern sich sicher schon, wo wir bleiben.« Er stopfte sich das Hemd in die Hose, glättete sich das Haar und war plötzlich verschwunden.
Philippa stützte sich auf ihre Ellbogen und blickte sich in dem stillen Raum um. Im Geist hatte sie angefangen, Lamberts schnellen Fick in ein Exempel seiner Leidenschaft zu ihr auszuschmücken; eine Anekdote, die sie den lebenslustigen Freundinnen anvertrauen konnte, die sie eines Tages haben würde. »Ehrlich, er lechzte so verzweifelt nach mir … Wir verschwanden einfach zusammen …« Gekicher. »Es war so romantisch … So ist Lambert immer, ein wahrer Mann des Augenblicks …« Noch mehr Gekicher. Bewundernde Blicke. »Oh, Phil, was für ein Glück du hast! … Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern , wann wir zum letztenmal Sex miteinander hatten …«
Aber nun durchbrach im Geist eine andere Stimme das Gelächter. Die Stimme ihrer Mutter. »Du abscheuliches Mädchen!« Ein eisigblauer Blick. Philippas Tagebuch, mit dem blind in der Luft herumgewedelt wurde. Ihre heimlichen pubertären Phantasien, geöffnet und enthüllt.
Als hätte es die letzten fünfzehn Jahre nie gegeben. Philippa verspürte die Panik eines Teenagers, und sie fühlte sich zutiefst gedemütigt. Wieder riß die Stimme der Mutter sie aus ihren Gedanken. »Dein Vater wäre schockiert, wenn er das hier zu sehen bekäme. Ein Mädchen in deinem Alter und denkt schon an Sex!«
Sex! Das Wort hallte schockierend im Raum wider, begleitet von schmutzigen, unaussprechlichen Bildern. Vor Verlegenheit war Philippa über und über rot geworden. Sie hatte schreien wollen; sie war nicht imstande gewesen, ihrer Mutter in die Augen zu schauen. Im Schuljahr darauf hatte sie mehreren Jungen aus dem angrenzenden Jungeninternat erlaubt, es hinter den Hecken auf den Hockeyfeldern mit ihr zu treiben. Jedesmal war es schmerzhaft und peinlich gewesen, und sie hatte dabei stumm geweint. Aber schließlich, hatte sie traurig gedacht, während ihr ein Sechzehnjähriger nach dem anderen seinen Bieratem ins Gesicht keuchte, hatte sie es auch nicht anders verdient.
Als Lambert hinunterkam, entdeckte er Fleur und Richard Arm in Arm in der Diele.
»Fleur hat beschlossen, uns zum Golfplatz zu begleiten«, sagte Richard. »Ist es nicht eine großartige Idee?« Lambert starrte ihn entgeistert an.
»Wie meinst du das?« wetterte er. »Sie kann nicht mit uns kommen! Das ist ein Geschäftsspiel!«
»Ich werde euch nicht im Weg sein«, versprach Fleur.
»Aber wir haben vertrauliche geschäftliche Dinge zu besprechen!«
»Auf dem Golfplatz?« fragte Fleur. »So vertraulich können die doch nicht
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