Reizende Gäste: Roman (German Edition)
mit Wasser.
»Ich schätze, wir sind ein bißchen zu früh dran. Und was ist mit …« Philippa verzog das Gesicht.
»Was ist mit wem?«
»Du weiß schon. Fleur!«
»Was soll mit ihr sein?« fragte Gillian kurzangebunden.
»Na ja … wo ist sie?«
»Keine Ahnung.« Gillian hielt inne. »Wir sind gerade erst von Eleanors Brunch zurückgekommen.«
»Eleanors Brunch?«
»Genau.«
»Du bist zu Eleanor zum Brunch gegangen?«
»Ja.« Unter Philippas erstauntem Starren schien sich Gillians Gesicht zu verschließen. »Na ja, eigentlich gibt’s da ja eine Menge Unsinn«, fügte sie rauh hinzu.
»Hast du etwas gekauft?«
»Schließlich dann schon. Schau, das hier.« Gillian zog ihren blauen Schal beiseite, und eine kleine goldene Schildkröte kam zum Vorschein, die auf ihrem Revers saß. Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, ob es richtig ist, wie ich sie trage. Wahrscheinlich mach’ ich mir dadurch nur das Kleid kaputt.«
Philippa starrte auf die kleine Schildkröte. Gillian kaufte nie Broschen. Auch zu Eleanors Brunches ging sie gewöhnlich nicht. Stets waren es Philippa und ihre Mutter gewesen, die gegangen waren, während Gillian zu Hause geblieben war. Und nun, dachte Philippa mit jäher Eifersucht, waren Gillian und Fleur gegangen, und sie war zurückgelassen worden.
Es war für Fleur ein Hochgenuß, Männer zu schockieren. Zu sehen, wie Lambert sie sprachlos anstarrte, war fast die Unannehmlichkeit wert, gestört worden zu sein. Fast, aber nicht ganz. Bis zu seinem Eintreffen war nämlich alles so gut gelaufen. Sie hatte entdeckt, daß die Arbeitszimmertür nicht abgeschlossen war, war rasch hineingeschlüpft und hatte ihre Suche begonnen. Und sie wäre auch fündig geworden, wenn sie nicht unterbrochen worden wäre. Ganz offensichtlich hatte Richard alles bestens organisiert. Alle Unterlagen in seinem Büro waren eingeheftet, aufgelistet und mit Büroklammern versehen. Auf der Suche nach kürzlicher Korrespondenz hatte sie sich zuallererst den Schreibtisch vorgeknöpft – und hatte seine Schreibtischschubladen durchstöbert, als die Tür aufging und Lambert hereinkam.
Geübt, wie sie darin war, hatte sie sich unverzüglich unter den Schreibtisch gleiten lassen. Eine Weile hatte sie überlegt, ob sie sich erheben sollte oder nicht. Sollte sie sich still halten und warten, bis er wieder verschwand? Oder könnte Lambert herblicken und sie entdecken? Bestimmt war es besser, ihn zu überraschen als dabei entdeckt zu werden, wie sie unter dem Möbelstück kauerte.
Dann hatte sie bemerkt, daß sich Lambert selbst nicht ganz wohl in seiner Haut zu fühlen schien. Sein Benehmen hatte fast etwas … Verstohlenes. Was tat er da eigentlich am Aktenschrank? Wußte Richard davon? Ging da etwas vor, worüber sie Bescheid wissen sollte? Falls dem so war, dann könnte es in ihrem Interesse sein, ihn wissen zu lassen, daß sie ihn gesehen hatte. Sie dachte einen Augenblick nach, stand dann, bevor Lambert sich fortstehlen konnte, auf, setzte sich lässig auf Richards Stuhl und wartete darauf, daß Lambert sich umdrehte. Nun betrachtete sie wonnevoll Lamberts hervortretende Augen; die Röte, die ihm ins Gesicht stieg. Da war ganz sicher etwas faul. Aber was?
»Ist das auch Ihr Arbeitszimmer?« erkundigte sie sich in fast zu unschuldigem Ton. »Das war mir nicht klar gewesen.«
»Nicht direkt.« Lambert gewann etwas von seiner Fassung zurück. »Ich habe nur etwas für die Firma nachgesehen. Für die Firma«, wiederholte er aggressiver. »Es befinden sich eine Menge hochvertraulicher Sachen hier im Raum. Tatsächlich muß ich mich fragen, was Sie hier drinnen eigentlich machen?«
»Oh, ich!« rief Fleur. »Tja, ich war nur auf der Suche nach etwas, das ich hier letzte Nacht liegengelassen habe.«
»Das Sie hier liegengelassen haben?« Er klang ungläubig. »Was war das denn? Soll ich Ihnen suchen helfen?«
»Nicht nötig.« Fleur erhob sich und kam auf ihn zu. »Ich habe es schon gefunden.«
»Sie haben es gefunden?« Lambert verschränkte die Arme. »Dürfte ich fragen, was es ist?«
Nach anfänglichem Zögern öffnete Fleur die Hand. Ein schwarzer Seidenslip lag darin.
»Er war unter dem Schreibtisch«, erklärte sie ihm in vertraulichem Ton. »Man verlegt sie so schnell. Aber ich wollte die Zugehfrau nicht schockieren.« Sie blickte ihm in das hochrote Gesicht. »Lambert, Sie sind doch nicht schockiert, oder? Sie haben es ja wissen wollen!«
Lambert antwortete nicht. Er schien Schwierigkeiten mit der
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