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Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Titel: Reizende Gäste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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marschierten sie in völligem Schweigen nebeneinander her. Zara hatte die Hände in die Hosentaschen vergraben und die Schultern hochgezogen. Sie starrte stur nach vorn, als ob sie niemandem in die Augen sehen wollte. Ihre Schultern waren sehr mager, dachte Antony, als er wieder einen Blick auf sie warf. Überhaupt war Zara mit das Dürrste, was er je gesehen hatte. Ihre Arme waren lang und knochig; man konnte ihre Rippen praktisch durch das T-Shirt sehen. Keine erwähnenswerten Titten, obwohl sie … wie alt war sie eigentlich?
    »Wie alt bist du?« fragte er.
    »Dreizehn.« Ihre Stimme mit dem amerikanischen Akzent klang rauh und nicht sehr freundlich. Sie schüttelte das lange weißblonde Haar zurück und zog wieder die Schultern hoch. Das Haar war gebleicht, befand Antony mit Kennerblick, erfreut über sein gutes Auge.
    »Und … wo gehst du zur Schule?« Das paßte schon eher. Small Talk.
    »Auf die Heathland School für Mädchen.«
    »Ist es okay da?«
    »Das ist ein Internat.« Sie sprach, als reiche das als Antwort.
    »Bist du … Wann bist du aus den Staaten hergezogen?«
    »Bin ich gar nicht.« Oha, dachte Antony.
    »Dann halt aus Kanada.«
    »Ich habe mein ganzes Leben in England gelebt.« Sie klang gelangweilt. Antony starrte sie verdutzt an.
    »Aber dein Akzent …«
    »Ich habe einen amerikanischen Akzent. Na und? Ich will’s halt so.« Zum erstenmal wandte sie sich zu ihm hin. Was für außergewöhnliche Augen sie hatte, dachte er, so grün wie Fleurs, aber tieferliegend und mit einem grimmigen Ausdruck.
    »Du hast einfach so beschlossen, daß du dir einen amerikanischen Akzent zulegen willst?«
    »Genau.«
    »Warum?«
    »Einfach so.«
    »Wie alt warst du da?«
    »Sieben.«
    Eine Weile gingen sie schweigend weiter. Antony versuchte sich zu erinnern, wie er selbst mit sieben gewesen war. Hätte er da zu solch einem Beschluß kommen können? Und dabei bleiben können? Kaum vorstellbar.
    »Dein Vater ist wohl reich, oder?« fragte sie mit heiserer Stimme, und Antony spürte, wie er errötete.
    »Ziemlich reich, schätz’ ich«, erwiderte er. »Ich meine, so reich auch wieder nicht. Aber du weißt schon. Begütert eben. Relativ betrachtet.« Ihm war klar, daß er unbeholfen und aufgeblasen klang, aber das war nicht zu ändern. »Warum fragst du?« erkundigte er sich im Gegenzug.
    »Einfach so.« Sie nahm die Hände aus den Hosentaschen und musterte sie. Antony folgte ihrem Blick. Sie hatte dünne Hände, leicht gebräunt, jeweils mit einem einzigen riesigen Ring bestückt. Warum? fragte Antony sich fasziniert. Warum starrst du auf deine Hände? Warum runzelst du die Stirn? Wonach suchst du?
    Unvermittelt steckte sie ihre Hände wieder in die Hosentaschen. Sie wandte sich zu Antony.
    »Stört’s dich, wenn ich einen Joint rauche?«
    Einen kurzen Augenblick lang setzte Antonys Herzschlag aus. Dieses Mädchen war gerade mal dreizehn. Wie konnte sie da Joints rauchen?
    »Nein … mir macht’s nichts.« Er merkte, wie seine Stimme einen leicht panischen Klang annahm.
    »Wohin gehst du zum Rauchen? Oder rauchst du nicht?«
    »Doch«, erwiderte Antony etwas zu schnell. »Aber meistens in der Schule.«
    »Okay.« Sie zuckte die Achseln. »Aber bei soviel Wald muß man ja irgendwohin gehen können.«
    »Da unten ist ein guter Platz.« Er führte sie von der Straße hinunter in den Wald hinein. »Die Leute kommen hierher …« Wie konnte dieses Mädchen erst dreizehn sein? Sie war zwei Jahre jünger als er. Es war unfaßbar. »Du weißt schon«, endete er lahm.
    »Zum Sex.«
    »Na ja.« Ihm wurde heiß. Sein Muttermal schien vor Verlegenheit zu pulsieren. »Genau.« Sie hatten eine kleine Lichtung erreicht. »Da wären wir.«
    »Okay.« Sie hockte sich hin, holte eine kleine Schachtel aus ihrer Hosentasche und begann gekonnt, einen Joint zu drehen.
    Als sie ihn sich ansteckte und inhalierte, wartete Antony darauf, daß sie aufsah und sagte: Wow ist das ein Superzeug, wie Fifi Tilling das immer tat. Aber Zara schwieg. Ihr haftete nichts von dem überdrehten Selbstbewußtsein an, das die Kiffer an den Tag legten, die er kannte. Wieder inhalierte sie schweigend und reichte ihm den Joint dann weiter. Eigentlich, dachte Antony, hatte ich vorgehabt, heute nachmittag zu Hause zu sitzen und mir ein paar miese Videos reinzuziehen, und jetzt sitze ich statt dessen hier und rauche Stoff mit der außergewöhnlichsten Dreizehnjährigen, die mir je begegnet ist.
    »Ist deine Familie nett?« fragte sie plötzlich.
    »Na ja.«

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