Reizende Gäste: Roman (German Edition)
»Haushalt« heraus. Die Auszüge waren ordentlich zusammengeheftet; beim Durchblättern stieg ein Gefühl der Vorfreude in ihm hoch. Hier war Richards finanzielles Leben, ausgebreitet zu seiner Einsicht. Das Vermögen, das eines Tages seines und Philippas sein würde. Bloß, daß auf diesem Konto wenig davon zu sehen war. Das Guthaben schien nie über dreitausend Pfund hinauszugehen. Was zum Teufel brachte das?
Ungeduldig stellte er den Ordner zurück und zog einen anderen, reichlich zerfledderten mit der Aufschrift »Kinder« heraus. Taschengeld, dachte Lambert verächtlich und warf den Ordner auf den Boden, wo dieser aufklappte. Lambert streckte die Hand bereits nach einem anderen aus, als er einen beiläufigen Blick auf den Ordner am Boden warf. Was er sah, ließ ihn versteinern. Der oberste Bankauszug stammte vom Monat zuvor, und das Guthaben belief sich auf fast zehn Millionen Pfund.
»Wie viele Gänge sollen wir zu uns nehmen?« fragte Philippa und warf einen Blick in die Speisekarte. »Drei?«
»Zehn Millionen«, erwiderte Fleur abwesend.
»Was?« Philippa sah auf.
»Oh, nichts.« Fleur lächelte. »Entschuldige, ich war mit meinen Gedanken gerade ganz woanders.« Sie nahm ihren Hut ab und schüttelte ihr rotgoldenes Haar zurück. Von der Ecke des Restaurants aus sah ihr ein Ober bewundernd zu.
»Das wäre was, zehn Millionen Gänge!« Philippa lachte herzlich. Der Tag hatte ihre Erwartungen mehr als erfüllt. Sie und Fleur waren von Laden zu Laden geschlendert, hatten Kleider anprobiert, sich gegenseitig mit Parfüm besprüht, fröhlich gelacht und wie zwei Paradiesvögel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Zeitschriften hatten unrecht, dachte Philippa. In allen hieß es, daß man sich, wenn man sich einen Mann angeln wollte, eine unattraktive Begleitperson aussuchen solle. Obgleich bedeutend älter, war Fleur viel hübscher als sie – und doch hatte Philippa sich heute auf Fleurs Ebene emporgehoben gefühlt. Und man hatte sie anders behandelt. Man hatte sie angelächelt, und Männer hatten ihr die Tür aufgehalten, und Bürogehilfinnen, die an ihr vorbeigeeilt waren, hatten sie mit neidvollen Augen betrachtet. Und Philippa hatte jede Sekunde genossen.
»Oh, ich weiß nicht«, sagte Fleur unvermittelt. »Es ist alles so schwierig. Warum kann das Leben nicht unkomplizierter sein?« Sie seufzte. »Komm, wir trinken einen Cocktail.« Sie winkte einem jungen Ober, der zu ihnen eilte.
»Einen Manhattan«, bat Fleur und lächelte ihn an.
»Zwei«, sagte Philippa. Der Ober erwiderte ihr Lächeln. Philippa fand ihn ausgesprochen gutaussehend. Genaugenommen schienen alle, die in teuren Läden arbeiteten, gut auszusehen.
»Verzeihung, meine Damen.« Ein weiterer Ober näherte sich ihrem Tisch. Er trug ein Silbertablett, auf dem eine Flasche Champagner stand. »Das wurde für Sie bestellt und im voraus bezahlt.«
»Nein!« Fleur brach in perlendes Gelächter aus. »Champagner!« Sie besah sich die Flasche. »Und zwar ein sehr guter. Wer hat ihn denn für uns bestellt?« Sie sah sich um. »Dürften wir das erfahren?«
»Das ist ja wie in einem Film!« meinte Philippa aufgeregt.
»Ich habe da eine Karte für eine Mrs. Daxeny.« Der Oberkellner wies dezent auf einen Umschlag.
»Aha!« sagte Fleur. »Der Spender kennt also unsere Namen!«
»Jetzt lies schon!« drängte sie Philippa.
Fleur riß das Kuvert auf.
»Meine Liebsten, ich wollte, ich könnte bei Euch sein. Einen schönen Lunch wünscht Euch, Richard.« Fleur blickte auf. »Sie ist von deinem Vater.« Sie klang erstaunt. »Dein Vater hat uns Champagner geschickt.«
»Und ich hatte gehofft, er wäre von einem unbekannten Prinzen«, entgegnete Philippa enttäuscht. »Woher wußte Daddy, daß wir hier sein würden?«
»Ich muß es ihm gesagt haben«, meinte Fleur nachdenklich. »Und er muß sich daran erinnert und das hier über Telefon für uns bestellt haben, in der Hoffnung, daß wir unsere Essenspläne nicht umwerfen würden. Und die ganze Zeit hat er kein Sterbenswort gesagt.«
»Soll ich die Flasche öffnen?« erkundigte sich der Oberkellner.
»O ja!« rief Philippa.
»Ja bitte«, sagte Fleur. Sie ergriff das Kärtchen und starrte es einige Sekunden an. »Was für ein äußerst aufmerksamer Mann dein Vater doch ist.«
»Ehrlich gesagt glaube ich, daß ich den Manhattan trotzdem noch nehme«, erklärte Philippa. »Und dann auf den Champagner umschwenke. Schließlich muß ich ja nicht Auto fahren!« Sie strahlte Fleur an. »Alles
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