Relaistation Venus
schon die Kathoden auswechselt.«
Bill Hadley, einer der Triebwerksingenieure, sagte ins Sprechgerät: »Hadley an Pilot. Kathoden 1 und 3 bereit.«
»Pilot Greenland an Ingenieur Hadley: Wir überblenden die Leistung von gerade auf ungerade. Jetzt sind Röhren 2 und 4 abgeschaltet, die Last ist voll auf 1 und 3. Sie können in 2 und 4 hineingehen.«
Hadley drehte das Luftventil neben dem runden Schott auf. Das Zischen der einströmenden Luft schwoll an und erstarb wieder, und dann konnte Hadley die Tür zu der großen Antriebsröhre öffnen. Er verschwendete keinen Blick auf die ringförmigen Elektroden, die die Röhre in eine Todeskammer verwandeln konnten, wenn der Pilot die Antriebsleistung wieder aufschalten würde. Hadley kletterte zur Spitze der Röhre und schraubte mit einem Schlüssel vier große Bolzen los. Mit einem Differentialflaschenzug ließ er die fast erschöpfte Kathode zum Schott hinunter, von wo sie weiter aufs Deck gehievt wurde. Eine neue Kathode wurde in den Flaschenzug eingehängt und hochgewunden. Hadley schraubte sie fest und kletterte ins Schiff zurück. Er schloß das Schott wieder und öffnete dann das von der Röhre nach außen führende Ventil. Die Luft strömte aus der Röhre, und Hadley sprach wieder mit der Brücke: »Hadley an Greenland: Röhre 4 fertig.«
»In Ordnung.«
Die gleiche Operation wiederholte sich bei Röhre 2, und schließlich konnte Pilot Greenland sagen: »Wir beginnen die Rücküberblendung. Die Leistung auf 1 und 3 sinkt, die auf 2 und 4 steigt. Jetzt sind die Leistungen ausgeglichen. Beschleunigung 2 g wie gehabt, Abweichung von der Norm 0,2 g.«
Hadley grinste seine Kameraden an. »Wenn man Greenland reden hört, könnte man meinen, er macht alles selbst, dabei wären wir Gott weiß wo ohne die Autopiloten.«
Tom Bennington lachte. Er war schon ein sehr alter Hase. »Ich erinnere mich, als wir noch alles von Hand machen mußten. Da gab es beim Kathodenauswechseln genauso viele Fälle von Raumkrankheit wie beim Umdrehen.«
Genau in diesem Augenblick geschah etwas, das schwerwiegende Folgen haben sollte. Es war ein reiner Zufall, zu dem es überhaupt nicht hätte kommen dürfen. Dergleichen war noch nie zuvor geschehen und würde sich auch in den nächsten Millionen Jahren kaum mehr ereignen.
Es sollte mit der Wende begonnen werden. Eine Relaisschaltung, die das Meteorradar an den Autopiloten koppelte, hatte eine Kontaktstörung. Sofort fiel ein anderes Relais ein, das für den Fall solcher Störungen vorgesehen war. In der unwahrscheinlich kurzen Zeit zwischen dem Auftreten der Störung und ihrer Korrektur passierte es: die Ariadne traf voll mit einem Meteor zusammen.
Solche Zufälle können zu großen Tragödien oder unvergeßlichen Siegen führen.
Der verhältnismäßig kleine Meteor drang durch die Aussichtskuppel im oberen Schiffsteil ein. Ungehindert schwirrte er durch die Mittelachse der Ariadne und verschwand durch die Steuerkanzel am Fuß des Schiffes wieder. Seine Geschwindigkeit war gering, lächerliche dreißig Kilometer pro Sekunde fast in Richtung Sonne. Aber durch die achtzehnhundert Sekundenkilometer der Ariadne durchschoß der Meteor die zweihundert Meter des Schiffes schneller, als die Linse einer Kamera sich schließt.
In diesen Mikrosekunden richtete der Meteor großen Schaden an. Er drang durch das Hauptkabel der Steuerkanzel, und die Schaltkreise, die er nicht zerstörte, brachte er durcheinander. Beim Eindringen hatte er nur ein kleines Loch durch die Kunstglaskuppel gebrochen, aber beim Verlassen nahm er die gesamte Steuerkanzel mit ihrer komplizierten Einrichtung mit sich.
Die Leitungen zu den Antriebsröhren bekamen falsche Signale. Das Schiff schüttelte sich und stürmte mit zehn g Beschleunigung vorwärts. Ein Sicherheitsschalter versuchte zu funktionieren, doch das Abschaltrelais war zerstört.
Luftschleusen schlossen sich und versiegelten die Achse vom Rest des Schiffes. Das Licht flackerte und erlosch. Kurzgeschlossene Leitungen glühten; Feuer kroch über die Kabel. Die Hitze ließ Löschdüsen anspringen und eine Wolke von flüssigem und gasförmigem CO 2 freigeben. Das Gas erstickte das Feuer, und die Flüssigkeit kühlte die Kabel. Sicherungen brannten durch.
Die Ariadne brauste weiter mit zehn g, die Höchstbeschleunigung, die ihr Antrieb gestattete. Der einzige im Schiff, der bei Bewußtsein blieb, war Channing, der mit Gravanol vollgepumpt und mit Klebeverband umwickelt war, denn er hatte beabsichtigt
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