Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rembrandts Vermächtnis (German Edition)

Rembrandts Vermächtnis (German Edition)

Titel: Rembrandts Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Guggenheim
Vom Netzwerk:
Schoß und vergrub das Gesicht in dem seidigen, grau-schwarz gestreiften Fell.
    „Nein, Meister Rembrandt. Das könnt Ihr nicht von mir verlangen. Schickt mich nicht fort. Ich will zu keinem anderen Lehrmeister gehen. Seit ich hier bin, habe ich schon eine Menge von Euch gelernt. Aber ich will noch viel mehr über Malerei erfahren und über das Wesen der Dinge. Niemand sonst könnte mir die Zusammenhänge besser erklären.“
    Verächtlich verzog der Meister den Mund. „Ich bin ein alter, kranker Mann, und ich will meine Ruhe haben. Warum soll ich immer nur reden, erklären, antworten? Geh, Samuel, es wird das Beste sein. Für uns beide.“
    Ich war verzweifelt. So bitter hatte ich den Meister noch nie reden hören. Hastig und eindringlich sprach ich weiter, immer in der Sorge, der Meister könne mich unterbrechen.
    „Warum kann ich Euch nicht die kranke Hand ersetzen, Meister Rembrandt? Auf der Stelle will ich alles tun, was Ihr mir auftragt. Die Leinwand vorbereiten, Farben anrühren und mischen und den Pinsel genauso führen, wie Ihr es sagt. Von morgens bis abends will ich schaffen und dafür sorgen, dass der Salzhändler sein Bild rechtzeitig erhält.“
    Der Meister gab keine Antwort. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt zugehört hatte. Vieles ging mir gleichzeitig durch den Kopf, so viel, dass mir fast schwindelig wurde. Taumelnd hielt mich an einem Stuhl fest und atmete tief ein und wieder aus. Jetzt blieb mir nur noch ein einziger, letzter Versuch, und ich betete, dass meine Worte diesmal an das Herz des Meisters rühren würden.
    „Der Salzhändler ist ein reicher Mann, Meister Rembrandt. Er wird Euch bestimmt großzügig entlohnen und auch seinen Freunden weiterempfehlen. Denkt nur daran, wie viele schöne neue Stücke Ihr dadurch bald für Eure Kunstsammlung kaufen könntet.“
    Fast ungläubig sah der Meister mich an und spitzte den Mund. Erst hörte ich einen leisen Pfiff, dann ein Lachen, das immer lauter wurde.
    „Alle Achtung, Samuel. Du bist wirklich ein scharfsinniger Bursche. Vielleicht hast du sogar Recht. Lass uns gleich morgen damit beginnen. Wir können es schaffen. Mit der Hilfe des Allmächtigen, mit meinen Augen und mit deinem Ehrgeiz.“

    In der Nacht hatte es geschneit. Ich ging an die Gracht vor dem Haus, um Wasser für die Reinigung der Pinsel zu holen. Da traf mich ein Schneeball am Kopf. Ein paar Jungen lachten frech und rannten davon. Nicht ohne zuvor einem jungen Mädchen, das auf dem Weg zum Einkaufen war, eine Handvoll Schnee in den Korb zu werfen.
    Ich musste an meine Geschwister denken. Was sie wohl in diesem Moment machten? Bestimmt würde meine Schwester den jüngeren Bruder mit dem Schlitten zur Schule ziehen. Die Kleinsten würden sich laut jauchzend im Schnee wälzen und eine wilde Schneeballschlacht veranstalten. Und Mutter hätte ihre Mühe, die vielen nassen Kleidungsstücke vor dem Kamin in der engen Stube zu trocknen. Am Nachmittag würden alle mit ihren Freunden zum Schlittschuhlaufen gehen auf dem kleinen Kanal am Rand unseres Dorfes.
    „Samuel, was stehst du da so herum und träumst?“, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Hast du die Fußspuren vor der Tür gesehen? Paulintje war bestimmt wieder bei dem Fischhändler nebenan und hat um Fischstücke gebettelt. Seine Frau hebt immer extra welche für sie auf.“
    Cornelia kam vor die Tür und rieb sich Gesicht und Hände mit Schnee ein.
    „Das musst du auch einmal machen. Wenn man danach in die Stube kommt, ist einem ganz warm.“
    „Warum nennst du sie eigentlich Paulintje?“, fragte. „Das ist doch kein Name für eine Katze.“
    „Was verstehst du denn davon? Natürlich ist es ein Name für eine Katze, jedenfalls für meine. Sie hört auch darauf, wenn ich sie rufe. Außerdem ist sie viel klüger als du.“
    Mit einem Mal wurde ihr Mund schmal, ihr Blick ernst. Sie presste den Schnee in ihren Händen so fest zusammen, dass die Knöchel unter der geröteten Haut weiß wurden.
    „Meine Freundin hieß Paulintje, wir sind zusammen zur Schule gegangen. Sie ist vor einem Jahr gestorben. Zu Weihnachten bekam sie hohes Fieber, eine Woche später war sie tot. Früher bin ich oft bei ihr und ihrer Familie gewesen. Nachdem ich meine Mutter verloren hatte…“
    Ich biss mir auf die Lippen und ärgerte mich über mich selbst. Jetzt hatte ich Cornelia traurig gemacht. Dabei wünschte ich mir so sehr, sie immer nur ausgelassen und fröhlich zu sehen.
    „Lass uns reingehen. Vater ist schon ganz

Weitere Kostenlose Bücher