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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Forderungen?«
    »Das geht dich nichts an. Du appellierst einfach an deine Regierung. Sprich den Premierminister an. Wie heißt er?«
    Saara wollte schon der tatsächliche Name Vanhanen über die Lippen kommen, aber dann überlegte sie eine Sekunde und sagte: »Piruvaara.«
    Sie wartete die Reaktion des Mannes ab. Wusste er oder erkannte er, dass dies nicht der Name des Ministerpräsidenten, sondern eine Botschaft an Karri war? Vielleicht die letzte …
    Der Mann begab sich hinter die Kamera und setzte sie in Betrieb. »Fangen wir an.«
    Das Messer hielten sie fest an ihren Hals gedrückt.
    »Wir sind entführt worden« , fing sie auf Englisch an.
    »Lauter«, befahl der Anführer.
    Saara holte tief Luft. »Wir sind entführt worden. Herr Piruvaara, ich appelliere an Sie, dass die finnische Regierung auf die Forderungen der Entführer eingeht …«
    Unter düster-grauen Wolken hing die finnische Fahne auf Halbmast. Die Erde war fleckig von geschmolzenem Schnee und Matsch.
    In der Grundschule war gerade große Pause. Die Kinder standen in kleinen Gruppen beieinander und wirkten kleinlaut und irritiert. Nur hier und da warfen die Wildesten mit Schneebällen. Hier im Nordosten sah man an keinem der Schüler die übergroßen Jeans und Skaterschuhe, wie sie in Helsinki Standard waren.
    Johanna begrüßte die Kinder im Vorübergehen und erhielt schüchterne, höfliche Reaktionen. Wenn sie als Lehrerin vor eine Klasse treten müsste, gäbe es keinen Zweifel, dass sie es lieber hier täte als in Helsinki. Die Kinder wirkten so vernünftig und aufrichtig. Oder waren sie nur verwirrt von den tragischen Vorfällen?
    Das alte Schulgebäude aus Holz war sehr schön gelegen und so renoviert worden, dass man sich darin wohl fühlte.
    Der Rektor, ein etwa 40-jähriger, dünner Mann mit Halbglatze, empfing Johanna im Flur und führte sie in sein Büro. Er wirkte gelassen und erinnerte sie ein bisschen an einen Pfarrer. Johanna fiel sogleich die Reihe mit den Bibeln und Andachtsbüchern im untersten Fach des Regals auf. Auch blieb ihr der missbilligende Ausdruck nicht verborgen, der über das Gesicht des Mannes huschte, als er Johanna verstohlen von Kopf bis Fuß musterte.
    »Wir haben das Thema mit den Kindern bei der Morgenandacht und anschließend in den Klassen besprochen«, sagte der Rektor mit fester Stimme. Er wirkte etwas schüchtern, aber auch wie jemand, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit Schwächere herumkommandierte. »Ich habe mich selbst um Erjas Klasse gekümmert, obwohl die Vertretung bereits da war. Die Kinder sind erschüttert, aber soweit ich sehe, hat ihnen das Reden etwas von ihrer Last genommen.«
    Johanna nickte. »Ich möchte von Ihnen mehr über Erja erfahren. Was war sie für ein Mensch?«
    Der Rektor setzte zu einer Lobrede an, der es weder an Pathos noch an Inbrunst fehlte. Danach war Erja Yli-Honkila als Mensch und als Lehrerin einfach vollkommen gewesen.
    Und dennoch: Der Blick des Rektors und seine Körpersprache schrien geradezu heraus, dass er log.
    Johanna war hellwach. »Gut«, sagte sie, schaute dem Mann in die Augen und fügte hinzu: »Hatte sie einen Freund?«
    Der Rektor hielt dem Blick stand. »Über die Privatangelegenheiten unserer Lehrer weiß ich nichts«, sagte er entrüstet.
    »Und was glauben Sie?«
    »Ich mische mich in keiner Weise in das Privatleben meiner Lehrer ein.«
    Johanna bohrte ihren Blick in die Scheinheiligkeit ihres Gegenübers. »Wir ermitteln in einem Mordfall. Ich nehme an, Sie sind sich dessen bewusst.«
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete der Rektor widerstrebend. »Aber meiner Auffassung nach war Erja eine Braut Gottes.«
    Johanna stand auf. »Na also.«
    Sie schwieg einige Sekunden, damit sich der Rektor entspannen konnte.
    »Kennen Sie übrigens Tomi Stenlund?«, fragte sie dann und hielt den Blick auf das Gesicht des Rektors gerichtet.
    Er sah sie an. Aufrichtige Überraschung leuchtete in seinem Gesicht auf.
    »Nein. Ich habe in der Zeitung mal etwas über seine Firma gelesen. Warum?«
    »Und Erjas Kollegen – wer von ihnen kannte Erja am besten?«
    »Wir kannten sie alle durch und durch, schon seit Jahren.«
    Aus dem beteuernden Unterton des Rektors hörte Johanna immer deutlicher etwas Falsches und Heuchlerisches heraus.
    »Es gibt aber doch bestimmt Kolleginnen oder Kollegen, die ihr besonders nahe standen.«
    »Vielleicht Raili … Raili Noronen. Ich werde sie aus dem Lehrerzimmer holen, dann können Sie sich in Ruhe mit ihr unterhalten.«
    »Danke,

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