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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Gewehr schob er in einen schwarzen Müllsack, wickelte es darin ein und schloss die Arbeit mit Klebeband ab. Die Waffe gehörte zu seinen präzisesten Gewehren, sie durfte nicht durch Feuchtigkeit verdorben werden.
    Tomi ging tiefer in den Wald hinein, der sich nicht im Geringsten in seiner Ruhe stören ließ. Als er die kleine Lichtung erreichte, die er ins Auge gefasst hatte, wählte Tomi an deren Rand eine Fichte mit dichtem Astwerk aus und schob die unteren Äste vorsichtig zur Seite.
    Zum Glück herrschte noch kein Bodenfrost. Er grub eine tiefe, längliche Grube zwischen den Fichtenwurzeln, legte das eingewickelte Gewehr hinein und füllte danach die Grube wieder sorgfältig mit Erde.
13
    Saaras Herz schlug schneller als je zuvor in ihrem ganzen Leben. Die Ärmelöffnung der gelb-orangefarbenen Plastikschürze fühlte sich auf der schweißnassen Haut kalt an, als sie mit der Hand hineinfuhr.
    Sie atmete in heftigen, kurzen Zügen und glaubte, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Sie sah, hörte und roch alles um sich herum, so genau wie in einem Zeitlupentraum, der sich immer realer in ihr Bewusstsein drängte. Vor ihren Augen blitzten Pressefotos von ähnlich gekleideten Gefangenen auf, die mit einer Kapuze über dem Kopf darauf warteten, dass man ihnen die Kehle durchschnitt.
    Sie betete nicht. Sie glaubte nicht, dass Gott sie im Stich gelassen hatte. Sie musste nur warten. Aushalten und warten.
    Ihre Geiselhaft dauerte noch nicht lange genug. Man würde sie noch nicht umbringen. Man wollte mit ihnen Propaganda machen, oder Dollars. Irgendwas. Man würde sie noch nicht umbringen.
    Sie hatte Zeit. Zeit nachzudenken. Zeit sich zu erinnern. Pläne zu machen. Zu überlegen, wie sie im nächsten Herbst eine bessere Karottenernte bekämen.
    Denn Saara hatte vor, nach Hause zurückzukehren. Zurück zu Karri.
    Der Gedanke an Karri trieb ihr Tränen in die Augen. Währenddessen wurde ihre andere Hand durch das Ärmelloch der Plastikschürze geführt.
    Ob er schon Bescheid wusste?
    Wahrscheinlich. Sie vertraute Karri vollkommen. Er wüsste, was zu tun wäre. Und er würde es tun.
    Saara war sicher, dass nichts auf der Welt Karri daran hindern konnte, sie zu suchen und nach Hause zu holen. Karri war für eine solche Aufgabe der beste Mann auf der Welt. Der hartnäckigste, intelligenteste und stärkste. Darum hatte sie ihn auch als Mann gewollt, ohne sich darum zu scheren, was die anderen sagten.
    Ein Mann, der sich ein Tuch vors Gesicht gebunden hatte, packte Saara am Ellbogen und stieß sie unsanft vorwärts. Sie befanden sich in einem kellerartigen Raum mit Betonwänden und Betonboden. Seit sie in das Haus gebracht worden waren, hatte sie weder Luuk noch Keith zu Gesicht bekommen.
    Der Mann setzte sie unter einer bloßen Glühbirne auf den Fußboden. Erst da bemerkte sie das Stativ mit der Videokamera. Sie sah aus wie die Kamera, die sich Karri im Frühling gekauft hatte, um die Bauarbeiten am Schneehuhnnest zu dokumentieren.
    Saara biss sich auf die Lippen und starrte auf die schwarz glänzende Linse. Es war still. Der bewaffnete Mann, der sie hergebracht hatte, stand neben der Türöffnung.
    Schaut auf ihn, der lebt, schaut so lange auf ihn, wie ihr selbst lebt, damit ihr nicht sterbt. Denn wenn ihr gestorben seid, könnt ihr ihn nicht sehen, selbst wenn ihr es wolltet …
    Saara erschrak, als ein anderer Mann mit verhülltem Gesicht eintrat und sich vor ihr aufbaute. Eindeutig ein Anführer. Sicherlich hatte er eingesehen, dass Saara weder Engländerin noch Französin noch Italienerin war …
    »Ich bin Finnin«, sagte sie auf Englisch und wiederholte den Satz auf Arabisch. Sie konnte nicht richtig Arabisch, nicht annähernd so gut wie Hebräisch, Aramäisch oder Koptisch. »Ich bin aus dem Norden, aus einem neutralen Land.«
    Man sah von dem Mann nur die Augen, und aus denen war nicht zu schließen, ob er verstanden hatte oder überhaupt verstehen wollte, was Saara gesagt hatte. Er wandte sich an seinen Untergebenen, äußerte wenige Worte, worauf der andere die Klinge eines großen Messers an Saaras Hals setzte.
    »Du sprichst englisch in die Kamera. Du guckst in die Linse und appellierst an die Regierung deines Landes, dass sie unsere Forderungen erfüllen soll. Andernfalls wirst du getötet.«
    Das Entsetzen lähmte Saaras Muskeln. Der Mann sprach englisch mit starkem Akzent.
    Mit aller Willenskraft setzte Saara ihr Denken in Bewegung. Das kalte Metall der Messerklinge berührte ihre Haut. »Was sind eure

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