Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
spezialisierte Unternehmen in Malmö hätte eigentlich eine bombensichere Investition sein sollen. So hatte es einer der Begründer, ein alter Freund von Hellevig, formuliert - die Zukunft gehörte dem THEL-Laser. Das stimmte vielleicht auch, aber entgegen allen Erwartungen hatte der Prototyp des »Taktischen Hochenergie-Lasers« nicht funktioniert, und die Hauptinvestoren zogen sich zurück. Für die Kleinanleger bestand keine Möglichkeit mehr, die Situation noch zu retten.
Hellevig hatte in den Jahren zuvor ein kleines Vermögen ansammeln können, aber jetzt verlor er womöglich alles. Und Lisa, seine neue Lebensgefährtin, hatte einen unstillbaren, teuren Geschmack. Sie wäre entsetzt, wenn die Wohnung in Östermalm und die Villa in Vaxholm verkauft werden müssten. Noch wusste Lisa nicht, dass die Immobilien in Gefahr waren - und sie würde es auch nie erfahren. Mit dieser einen Operation würde Hellevig alles zurückbekommen, was er verloren hatte, sogar mehr als das. Viel mehr. Er blickte kurz auf das Foto in seinem Portemonnaie. Die dunkelhaarige Frau im Sommerkleid saß mit einem Jungen und einem Mädchen auf dem Schoß im Garten eines Reihenhauses. Sie lächelte und verzog lustig die Nase. Das Bild von Agnetha und den Kindern war vor fast zehn Jahren aufgenommen worden.
Hellevig wurde immer klarer, dass er eigentlich jene vergangene Zeit wiederhaben wollte. Er wollte Agnetha zurück, und er wollte die Kinder bei sich haben. Vidar und Emilia hatten sich ihm entfremdet, nicht zuletzt durch seine geheime Tätigkeit mit den vielen Reisen. Auf einer dieser Dienstreisen war er der Amerikanerin Lisa begegnet, Kommunikationschefin einer Werbeagentur, die zwanzig Jahre jünger war als er. Sie hatten sich im Nachtclub des Hilton in Tel Aviv kennengelernt; Lisa war in der Stadt, um Kunden zu treffen, Hellevig, um bei einer auf Lasertechnologie spezialisierten Firma eine Sicherheitskartierung vorzunehmen ... Hellevig trank sein Mineralwasser aus. Jetzt war nicht die Zeit für Sentimentalitäten und großes Kopfzerbrechen darüber, was er letzten Endes vom Leben erwartete. Nun musste die anstehende Operation gelingen. Danach war alles möglich.
Hellevigs Aufmerksamkeit richtete sich auf eine japanische Touristengruppe, die vor der Glaswand lautstark über den Gang zog. Zwanzig japanische Damen und Herren mittleren Alters, alle mit Eistüten in der Hand, blieben vor einem Mumin-Plakat stehen. Sie steckten die Finger in den Mund, ahmten so die Mumin-Figur nach und lachten herzlich.
Gerade als Hellevig vom Tisch aufstand, erkannte er einen Mann, der draußen an der japanischen Reisegruppe vorbeiging.
Hellevig war derart überrascht, dass er sich am Tisch abstützen musste. Hatte er richtig gesehen?
Es war der Finne, dem er in Lausanne vergebens die Videokassette hatte abnehmen wollen. Derselbe Mann, der seinem Kollegen in Helsinki entwischt war. Tero Airas. Und der befand sich jetzt auf diesem Schiff!
Wie war das möglich?
Hellevig stürzte dem Mann so schnell hinterher, dass sich alle anderen Gäste zu ihm umdrehten, weshalb er auf seinem Weg zum Ausgang des Restaurants ein wenig das Tempo drosselte.
Er konnte Airas gerade noch um eine Ecke verschwinden sehen. War die Anwesenheit des Mannes reiner Zufall? Falls ja, handelte es sich gleichzeitig um einen gewaltigen Glücksfall. Denn nun bestand vielleicht sogar noch einmal die Chance, an die Kassette heranzukommen.
Oder hatte Airas irgendwie Wind von der ganzen Sache bekommen? Nein, das schien unmöglich. Aber auf alle Fälle musste gehandelt werden. Zum Glück verschwanden auf Schiffen immer mal wieder Menschen auf mysteriöse Art... Hellevig sah Airas die Treppe hinaufgehen. Er folgte in ausreichendem Abstand, bis der Finne auf der lebhaften Promenade zwischen den Leuten verschwand. Hellevig blieb vor der Parfümerie stehen und schaute sich um, fand Airas im Menschengewimmel aber nicht mehr. An den Wänden mit den erkerartig hervorragenden Fensterreihen fuhren gläserne Aufzüge auf und ab. Mitten auf der Promenade hatte sich eine Menschentraube gebildet, die unter lauter Diskomusik die Show einer Truppe russischer Akrobaten in glitzernden Kostümen verfolgte.
Hellevig reckte den Hals und plötzlich entdeckte er Airas wieder, als dieser sich durch das Publikum schlängelte. Nachdem er dem Gedränge entkommen war, bog der Finne am Ende der Promenade, vor dem Eingang zu Nachtclub und Casino, rechts ab.
Vorsichtig ging Hellevig die Treppe hinauf. Weiter oben sah
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