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Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Titel: Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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des Mannes hinterlassen hatte.
    Tero verknotete die orangefarbene Nylonschnur und starrte den Mann an, der auf dem Boden der Kabine lag.
    Mit aller Anstrengung gelang es ihm, zu Roni zu sagen: »Geh dir die Hände waschen.«
    Er konnte die blutigen Hände seines Sohnes nicht sehen und auch nicht das rot gefärbte Handtuch.
    Roni sah auf seine Hände und stieg über den Gefesselten hinweg, um an das Waschbecken im WC zu kommen.
    Tero ballte die Fäuste. Und wenn der Mann nicht mehr zu Bewusstsein kam? Wenn er ins Koma gefallen war?
    Tero merkte, dass er sich wegen des raschen Ablaufs der Ereignisse in einer Art Schockzustand befand. Er hatte sich mit Roni auf die Suche nach dem Mann aus Lausanne gemacht und ihn schließlich mit seinen Komplizen beim Essen entdeckt. Nach einiger Zeit waren die anderen beiden in die Bar gegangen, und der Grauhaarige hatte noch eine Weile alleine am Tisch gesessen und dann die Rechnung bezahlt. Daraufhin hatten sie gehandelt. Roni hatte sich in der Nähe ihrer Kabine mit dem Brotmesser versteckt, und Tero hatte den Köder gespielt. Roni hätte den Mann mit dem Messer bedrohen und an die Tür klopfen sollen, worauf sie ihn gezwungen hätten, in die Kabine zu kommen, aber anstatt eines Klopfens hatte Tero die Geräusche eines Handgemenges gehört. Er hatte die Tür geöffnet und gesehen, wie der Mann Roni vor sich her ins Freie stieß. Tero war ihnen gefolgt, und als er eine leere Bierflasche neben einer Kabinentür auf dem Gang stehen sah, nahm er sie als Waffe mit.
    Roni kam aus dem WC und setzte sich aufs Bett. Tero richtete den Blick wieder auf den grauhaarigen Mann auf dem Boden und brachte sich die Tatsachen in Erinnerung: Dieser Mann hatte vorgehabt, ihn und seinen Sohn umzubringen. Der Grauhaarige schlug die Augen so abrupt auf, dass Tero zusammenzuckte. Der Blick war aggressiv und kalt. Tero begriff, dass der Mann schon länger bei Bewusstsein war.
    »Wer bist du?«, fragte Tero auf Schwedisch und beugte sich zu ihm nach unten.
    Der Mann versuchte sich zu bewegen, aber die Schnur hielt ihn fest im Griff. Tero zog dem Schweden das Portemonnaie aus der Tasche und nahm es unter die Lupe. Nur Bargeld, ein schwedischer Führerschein auf den Namen Johan Andersson und ein Foto von einer dunkelhaarigen Frau mit zwei Kindern auf dem Schoß.
    Tero streckte sich, um die Plastiktüte unter der Matratze hervorzuholen. »Ist es das, was du suchst?« Er zog die Kassette und den Briefumschlag heraus. »Deswegen warst du bereit, mich umzubringen? Und meinen Sohn ebenfalls?«
    Tero legte die Sachen langsam auf den Tisch und sah dem Mann dabei unverwandt in die Augen. Roni beobachtete ihn besorgt. »Und deswegen habt ihr auch Julia Leivo ermordet?«
    Das Gesicht des Mannes blieb ausdruckslos, aber in den Augen flackerte ein Blick, den Tero eher für höhnisch und verächtlich als für ängstlich hielt. »Wer bist du wirklich, Johan Andersson?«, fragte er erneut, ohne seine Wut zu verhehlen.
    Der Mann sah ihm hochmütig in die Augen.
    Tero beugte sich nach vorne, bis er mit seinem Gesicht fast das Gesicht des Mannes berührte. »Bist du sicher, dass du nicht reden willst?«
    Der dreißigjährige Mann im lässigen, offenen Hemd stand vor der Kabinentür auf dem in Grün gehaltenen Deck 9 und klopfte an. Er hatte einen Dreitagebart, der sein Kinn betonte, trug einen goldenen Ohrring und eine Halskette.
    »Merkwürdig«, sagte Martin Nykvist zu dem neben ihm stehenden Sergej Makarin. »Das ist gar nicht Hellevigs Art.«
    Weil das Schiff so stark schaukelte, musste sich Nykvist an der Wand abstützen. Er schaute auf das Display seines Handys, aber es gab im Moment kein Netz. Hin und wieder erschienen ein oder zwei Balken, je nach Position des Schiffes. Er seufzte frustriert.
    »Wenn er nicht in seiner Kabine ist, wo ist er dann?«, fragte Makarin auf Englisch mit russischem Akzent. Der dunkeläugige »Mr. Smile« mit dem Cordsakko sah noch ernster aus als sonst. Sein akkurat rasiertes Gesicht verriet eine Neigung zur Exaktheit. Nykvist hatte gehört, dass Makarin sich jeden Morgen mit dem Messer rasierte, ohne sich jemals zu schneiden. Von dem stark riechenden Rasierwasser benutzte der Russe allerdings eindeutig zu viel.
    »Wir gehen zur Information und lassen ihn ausrufen«, sagte Nykvist. Makarin wirkte über diesen Vorschlag ganz und gar nicht erfreut. Aber sie hatten keine Wahl. Auf Schiffen konnte alles passieren.
45
    Roni beobachtete das Verhalten seines Vaters mit wachsender Sorge. Tero hatte ihm

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