Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
er zwischen den Stufen die Hosenbeine von Airas. Sie erreichten Deck 10.
Als Hellevig dort ankam, war Airas weg. Hellevig spähte um die Ecke, und da sah er den Finnen den in Blautönen gehaltenen Gang entlanggehen. Er folgte dem Mann bis in eine Lobby und weiter in einen Kabinengang, der auf das Heck des Schiffes zuführte. Schließlich blieb der Finne am Ende des Ganges stehen, zog eine Schlüsselkarte aus der Tasche und betrat eine Kabine. Kaum war die Tür zugefallen, eilte Hellevig den schmalen Gang entlang. Vor Airas' Kabine blieb er stehen und lauschte, konnte aber nichts hören. Er würde seine Kollegen holen und gemeinsam mit ihnen unauffällig hier eindringen. Plötzlich stand ein ernst aussehender junger Mann vor ihm.
»Suchen Sie etwas?«, fragte dieser auf Englisch.
Hellevig sah ihm in die Augen. Er kam ihm irgendwie bekannt vor, der junge Mann ...
Da zog der ein Brotmesser hervor. Hellevig war total überrascht, reagierte aber blitzschnell. Er packte den jungen Mann am Handgelenk und trat ihm in den Bauch. Der Angreifer stöhnte auf und ließ das Messer fallen.
Hellevig sah sich auf dem Gang nach beiden Seiten um. Es kam niemand. Er hob das Messer auf, packte den jungen Mann so, dass er ihn vor sich hatte, und drückte ihm von hinten die Messerspitze auf die Herzgegend. »Wir gehen jetzt ein bisschen frische Luft schnappen«, zischte er. Das Messer zwischen sich und dem anderen versteckt, führte er seinen Gefangenen zur Tür nach draußen, auf der ein Schild davor warnte, sich zu weit über die Reling zu lehnen. Durch die Tür erreichten sie ein schwach beleuchtetes, menschenleeres Außendeck. Der Wind hatte weiter zugenommen, das Schaukeln brachte sie zum Schwanken, aber Hellevig hielt den jungen Mann fest im Griff. An der Reling drückte er ihm den Kopf nach unten, sodass der Jüngling die schäumenden Heckwellen im schwarzen Wasser sehen konnte. »Du bist der Sohn von Tero Airas, stimmt's?«, fragte Hellevig auf Englisch. »Wo ist der Inhalt des Lausanner Bankschließfachs? In eurer Kabine?« Während er sprach, drückte Hellevig den Kopf des jungen Mannes immer weiter nach unten. Roni stöhnte vor Schmerz. Hellevig drehte ihn um und presste nun den Rücken des jungen Finnen gegen das Geländer. Er drückte so lange, bis der Körper seines Gegners auf der Reling balancierte, die Beine in der Luft, der Oberkörper über dem freien Fall ins schäumende Meer. Nur Hellevigs Griff am Kragen verhinderte den Absturz.
»Wie seid ihr auf das Schiff gekommen? Du hast fünf Sekunden Zeit zu antworten, oder du fällst.«
Der junge Mann schnappte nach Luft und drehte den Kopf zur Seite. »Ich kann dieselben Fragen auch gleich deinem Vater stellen. Eigentlich brauch ich dich gar nicht mehr.«
Roni sah unter sich die schäumende Heckwelle des Schiffes und spannte alle Muskeln an.
Plötzlich ließ der Schwede los. Schon krampfte das Gefühl des Fallens Ronis Magen zusammen, als er gleich darauf ein Zupacken spürte. Eine Hand hielt ihn fest und brachte ihn mit einem Ruck in Sicherheit.
»Bist du in Ordnung?«, fragte sein Vater heftig keuchend und mit bleichem Gesicht.
Roni sank in die Hocke und zitterte am ganzen Leib.
»Schnell«, trieb ihn der Vater an und packte den zusammengebrochenen Schweden unter den Armen. »Warum hast du nicht an die Tür geklopft, wie wir es vereinbart hatten?«
»Ich kam nicht dazu«, sagte Roni mit zitternder Stimme. »Der Typ war unglaublich schnell.«
Roni legte sich einen Arm des Mannes über die Schulter, sein Vater den anderen. Aus dem Hinterkopf des Schweden sickerte Blut. Roni sah die Erschütterung seines Vaters und dessen Versuch, sie zu verbergen. Sein Vater tat ihm leid - das Opfer der Gewalt hatte selbst Gewalt anwenden müssen, um seinen Sohn zu retten, und das schien ihm nicht leichtgefallen zu sein. Gerade als sie den Mann durch die Tür schleiften, kam ihnen ein älteres finnisches Ehepaar entgegen und sah sie entsetzt an.
»Diese Schweden«, sagte Tero zu den beiden. »Kommen nur aufs Schiff, um zu saufen und sich zu prügeln. Wir bringen ihn zur Ersten Hilfe.« Weitere Passagiere kamen ihnen auf dem Gang zum Glück nicht entgegen. »Nimm ein Handtuch und versuche die Blutung zu stillen«, sagte Tero außer Atem, als sie in der Kabine angekommen waren.
Roni gehorchte, während sein Vater dem Mann Hände und Füße fesselte. Das weiße Duschhandtuch färbte sich rot, als Roni es auf die Wunde drückte, die Teros Schlag mit der Bierflasche am Hinterkopf
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