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RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

Titel: RENAS VERSPRECHEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Kornreich Gelissen , Heather Dune Macadam
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Hände auf ihr Gesicht, um jedem Stöh nen, jedem Laut zuvorzukommen. Als sie mit dem Verprügeln fertig sind, nicken sie uns zu, und wir lockern unseren Griff und eilen zurück in unsere Betten. Unsere Decken sind bereits zurückgeschlagen, so da ss wir gleich hineinspringen und sie zum Kinn hochziehen können, unsere Augen schlie ss en und so tun wie alle anderen Schlafenden auch.
    Ich zwinge mich so langsam und gleichmä ss ig wie Danka zu atmen, doch ich bin mir sicher, man hört mich. Was passiert wenn sie in unser Zimmer kommt? Was ist, wenn sie das Licht anmacht und uns auffordert, die Schuldigen mögen vortreten? Ich versuche meine Gedanken auszusperren. Was ist, wenn wir erwischt werden? Doch Edita kommt nicht in unseren Schlaf raum. Am nächsten Morgen stolziert sie steif aus ihrem Zim mer, ohne jemanden anzuschauen. Die SS erfährt nichts davon, und keiner forscht nach, weil sie es keinem erzählt. Sie hat ihre Lektion gelernt. Sie hört auf, ihre Schreibkräfte herunterzuput zen, und fängt an, ihren Mitgefangenen gegenüber ein wenig Menschlichkeit zu zeigen.
     
    Danka trägt den Korb an der Au ss enseite und lehnt sich zurück, als Stasiu ihr ein Stück Wurst und etwas Brot zuwirft. Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich einen SS-Mann auf sei nem Fahrrad vorbeifahren. Ich könnte schwören, da ss er uns gesehen hat, aber wir halten nicht an und schauen nicht schuldbewusst drein oder tun sonst etwas, was Verdacht er wecken könnte. Wir vergraben das Essen tief in der Wäsche und gehen so schnell wie möglich zurück in die Wäscherei. Auf dem ganzen Weg zurück glauben wir, da ss der SS-Mann kommen und sich uns schnappen wird, und das wäre dann unser Ende. Wir sind schreckhaft und leicht dur cheinanderzu bringen, unsere Nerven dünn vor Furcht. Erst freut man sich, da ss es zusätzliches Essen gibt, dann ist da die Gefahr, deswegen wieder nach Birkenau zu kommen oder Schlimmeres. Gern verzichteten wir auf unsere Mahlzeit, um diesem Ende zu entgehen.
    Wir verstecken das Essen, sobald wir die Treppe zu unserem Block erreichen, und, wie zu erwarten, werden die Körbe gründlich durchsucht, aber keiner beschuldigt uns. Nach dem Appell schleiche ich mich zurück zu unserem Versteck und tei le die Wurst und das Brot mit ein paar anderen Mädchen. Es schmeckt nicht mehr so gut wie bisher; unsere Angst hat es an ders gewürzt.
    Am nächsten Morgen flüstert mir einer der Polen; die uns den Tee bringen, zu: „Stasiu Artista hat gerade fünfundzwan zig Peitschenhiebe bekommen, weil er eine Wurst für eine von euch Mädchen gestohlen hat.“ Ich versuche mir nichts anmer ken zu lassen. Ich bin froh, da ss er mir diese Information gege ben hat, denn so kann ich verhindern, da ss dieses Gerücht die Runde macht und uns in Gefahr bringt. Ich wei ss auch, da ss Stasiu unsere Namen nicht an den SS-Offizier weitergegeben hat, von dem er erwischt wurde. Wir sind sicher.
    Drei Tage später; als wir von der Arbeit zurückmarschieren, gibt Stasiu mir ein Signal durch das Fenster.
    „Plätze tauschen“, flüstere ich. Wir halten an. Danka ist un terwegs, als die Wurst in unserem Korb landet, und Dina nimmt ihren Platz ein.
    „Du wirst noch grö ss ere Schwierigkeiten bekommen als beim letzten Mal“, schelte ich ihn. „Du solltest das lieber nicht mehr tun!“ Doch es ist ihm egal. Alle paar Wochen kommt ein kleines Stück Wurst, etwas Brot - Manna vom Himmel.
     
    Es ist Frühling. Wir erlauben uns keine Frühlingsgefühle, aber wir können die Tatsache nicht leugnen, da ss er wieder da ist. Dies ist unser dritter Frühling in Gefangenschaft; bis auf den Duft in der Luft hat er für uns keine Bedeutung mehr. Frühling bedeutet in Wirklichkeit, da ss wir noch einen Winter überlebt haben. Marek und seine Gruppe arbeiten wieder entlang des Zauns, und Züge rasen durch das Land. Ich mag das Geräusch, wenn sie vorbeifahren; es erinnert mich an Freiheit und weitentfernte Städte.
    Danka und Dina hängen schweigend die Wasche auf, als ein Zug in der Ferne passiert. Ich wende mich von meiner Ar beit ab, um seine Reise zu verfolgen, und einen Augenblick lang wird mein Geist über die Wände und das Arbeitsgelände von Auschwitz-Birkenau hinausgetragen. Da steht eine Frau, geschmückt mit einem wei ss en Hut und wei ss en Handschuhen, das Kinn auf ihrem makellosen Handgelenk, am Fenster und schaut hinaus, sieht zu mir herüber und durch mich hindurch, als gäbe es mich nicht. Sie ist sauber und vornehm. Sie sieht aus, als würde

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