RENAS VERSPRECHEN (German Edition)
quer durchs Lager und halte in den benachbarten Kommandos, die sich zur Arbeit aufstellen , Ausschau nach ihren gebeugten und müden Körpern. Ihr Gesicht ist nirgendwo dabei, ic h rase in ihren Block, wo ich die Blockälteste antreffe.
„Wo sind sie?“
„Wer?“
„Unsere Mütter“, stammle ich. „ Die älteren Frau en!“
„ Oh. “ Ihre Stimme ist sanft. So hart wir auch alle geworden sind, diese Frauen haben unsere Herzen berührt und uns wieder empfinden lassen, doch die Wunden sind tief und schmerzen, wenn man sie anfa ss t. „ Man hat sie in der Nacht ge holt.“
D ie Worte bleiben mir im Hals stecken, als wür de mi ch je mand würgen. Die Blockälteste und ich starten einander vo r Trauer und Entsetzen an.
„ Geh raus hie r ; ehe man dich erwischt !“ Ihre Sti mme schleudert mich zurück in die Wirklichkeit. Ich verlasse den Block. Rennen kann ich nicht mehr, denn meine Beine sind schwer wie Blei.
Emmas Gruppe ist voll. Ich starre sie verloren an, bringe die Selbstbeherrschung nicht mehr auf, die mir normalerweise wichtig ist. Ich rutsche in d ie Grube, werde verschluckt wer den, werde verschwinden.
Emma rollt die Augen und macht eine ruckartige Kopfbe wegung. „Komm rein!“
Ich stelle mich neben Danka, schüttle den Kopf und bei ss e mir auf die Lippen. Mit gesenkten Köpfen marschieren wir wieder hinaus in einen Arbeit stag unter sengender Sonne. Kei ne mütterlichen Gesichter trösten uns in unserem Verlust, doch Emma lä ss t ihre Peitsche heute nur knallen, wenn ein SS- Mann vorbeireitet. Der Schmerz in meinem Rücken und den Rippen meldet sich wieder, und ich kann an nichts anderes mehr denken.
Die Taubheit in meinem Herzen erfa ss t mei nen ganzen Kör per. Der Körper schaufelt die Erde. Der Körper siebt den Sand. Der Körper schreit vor Schmerz, wenn die Lunge an die ge quetschten, womöglich gebrochenen Rippen stö ss t. Doch die Au gen sind es, die am meisten weh tun. Sie schmerzen so sehr, da ss der Kopf zu zerspringen und sich über das unfruchtbare Land zu ergie ss en scheint, während wir immer mehr Sand sieben, um immer mehr Ziegel und Beton zu machen, um mehr Blocks für mehr Juden zu bau en. Trotz der Sonne ist der Him mel schwarz.
Wir leben nicht in Birkenau. Wir sind immer fast tot.
S ti bitz ist mies gelaunt, er stapft vor und zurück, flucht laut in unsere hungrigen Gesichter, während wir auf unseren Tee und unsere Brotration warten. Wir achten nicht auf den Grund für seine Tiraden; diese Gefühl sausbrüche sind nichts Ungewöhn liches. Selbst die SS hat schlechte Tage. Er hebt den Deckel vom Teekessel ab und schleudert ihn wie einen Diskus gegen die Wand. Er prallt ab und fliegt auf uns zu.
„Kopf runter, Danka!“ Sie weicht aus. Klatsch! Er schneidet sich ihr in den Kopf, bringt sie mit seinem Gewicht und dem plötzlichen Schock zu Fall. Blut rinnt über ihr Gesicht und auf den Boden. Unter der Wun de kommt der Knochen zum Vor schein, doch das ist gut, sage ich mir, denn wenigstens ist ihr Schädel nicht angeknackst. Ich ziehe das Tuch, das ich bei meiner Periode benutze, aus dem Ärmel und presse es fest auf die klaffende Wunde, bete, das Blut möge rasch gerinnen, ehe irgendeiner von der SS mitbekommt, da ss sie hier liegt. Danka regt sich. „ Halte dir das an d en Kopf und drücke fest darauf.“ Sie hält es fest, während ich ein Stück aus meinem Slip her ausr ei ss e, noch ein Geschenk, das Erna mir vor langer Zeit gemacht hat.
„ Steh still, Danka. Rühr dich nicht, bis ich’s dir sage.“ Ihre Augen zucken vor Schmerz zusammen. Ich drücke ihr diesen neuen Stoffstreifen auf die Wunde und wringe den anderen aus, ehe ich ihn wieder drauflege. Die Mädchen in unserer Reihe geben uns Deckung, als sie nach vorne zu ihrem Brot ge hen. In ihrem Schutz habe ich ein paar kostbare Minuten, die Blutung zu stillen, Dankas Atmung zu prüfen und ihre Augen zu untersuchen. Sie hat einen Schock erlitten; die Wunde ist gro ss und hä ss lich, zieht sich von der Stirnmitte herunter bis zur Augenbraue. Mir schmerzt der Kopf vor Mitgefühl.
„ Es ist gar nicht so schlimm, Danka. Doch wir müssen et was drauftun, eine Tinktur.“ Ich tupfe sanft das Blut von ihrer Braue. Es sickert jetzt langsam er. „ Wir werden jetzt aufstehen und uns unseren Tee holen. “ Ich dirigiere sie zurück in die Schlange, um uns für Tee und Brot anzustellen. Wir gehen in unseren Block.
„Mir ist schwindlig.“
„ I ss trotzdem, Danka. Du brauchst deine Kräfte. Die
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