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RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

Titel: RENAS VERSPRECHEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Kornreich Gelissen , Heather Dune Macadam
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langsam an uns vorbei und sucht sich die gesündesten und tauglichsten Exemplare aus. Dies ist der Augenblick, auf den ich gehofft habe; manchmal wählt er Gefangene für Arbeitskommandos in den Gebäuden aus, so eins wie das, in dem Erna und Fela jetzt sind. Das könn te un ser Glückstag sein, der Tag, an dem wir eine Mögli chkeit ha ben, Birkenau zu verlassen. Er geht an uns vorbei wie ein Schlachtei; der sein Fleisch prüft.
    Er zeigt auf mich, aber übergeht Danka. Ich trete aus der Reihe, gehe nach vorne, entferne mich von meiner Schwester. Danka wird mit dem Rest der untaug lichen Exemplare ver worfen. Der Appell ist zu Ende. Tausende von Frauen eilen in ihre jeweiligen Blocks, um sich ihr Brot zu holen und einen Schlafplatz auf den Regalbrettern zu sichern.
    Fünfzig von uns marschieren weg von den regulären Blocks und auf den Quarantäne-Bloc k zu. Ich drehe den Kopf, um ei nen Blick auf meine Schwester zu erhaschen, und dabei wird die Grube in meinem Magen breiter und breiter. Unerträglich ist die Angst, sie nicht neben mir zu haben. Ich wei ss nicht, ob diese Einheit ein Kommando des Lebens oder des Todes ist. Doch ich wei ss genau, da ss der einzige Weg, mein Versprechen gegenüber meiner Schwester zu halten, der ist, sie immer bei mir zu haben; zuviel kann in einem Au genblick passieren. Kei ne Sekunde stelle ich die Verpflichtung gegenüber meiner Schwester in Frage; das Gelübde ist die treibende Kraft hinter all meinem Tun. Im Quarant äne-Block gibt man uns ein klei nes Stück Brot. Es finde n keine Unter haltung und kein Aus tausch über das Kommando statt, dem wir zugeteilt wurden. Die Mädchen, die mit mir ausgewählt wurden, gehen wortlos zu ihren Pritschen, während ich mich im Hintergrund halte, damit keiner mitbekommt, da ss ich weggehe.
    Erika hält drau ss en Wache. Sie hat eine Liste mit unseren Nummern in der Hand. Das ist Glück, obwohl i mmer die Ge fahr besteht, da ss sie unfreundlich zu mir ist. Das ist mir jetzt egal. Ich gehe direkt auf sie zu. „ Kannst du mir helfen? Ich ge be dir mein Stück Brot, wenn du es einrichten kannst, da ss meine Schwester auch in mein Kom mando kommt.“ Ich drücke ihr meine einzige Mahlzeit in die Hand.
    Erika sieht mich an, als wäre ich verrückt. Doch die Ent schlossenheit in meinen Augen überze ugt sie, da ss es mir ernst ist. „Wie ist ihre Nummer?“ Sie nimmt das Brot und schiebt es flink in ihre Tasche.
    „2779.“ Ich halte den Atem an. Sie könnte Dan ka herein lassen. Sie scheint es ernst zu meinen. Sie sch ei nt besorgt zu sein, aber darüber gibt es nie Gewi ss heit. „ Darf ich sie in den Quarantä ne-Block bringen?“, frage ich schüchtern.
    „Ja.“ Erika wirft einen Blic k in die Runde, taxiert das Areal. Keiner ist in der Nähe. Sie kreuzt einen Namen auf der Liste aus. „ J etzt hol schon deine Schwester.“
    „ Doch es werden zu vi ele sein. Was willst du machen?“
    „Das geht dich nichts an“, zischt sie, „hau ab!“
    Gehorsam verschwinde ich, werde eins mit den Schatten, schlängle mich zurück zu unserem Block. Danka steht direkt davor und wartet auf mich. Nur ihre Augen verraten den ab soluten Aufruhr den s ie durchlebt. Ich nehme sie bei d er Hand, wie ich das getan habe, als sie klein war. „ Du kannst auch mit in mein Kommando.“
    „Wie hast du das geschafft?“
    „Nicht jetzt. Folge mir.“ Wir treten in die Dunkelheit, schleichen uns üben Lagergelände zurück zum Quarantäne- Block. Die Scheinwerfer schweifen über die elektrischen Zäu ne, suchen die Kamikaze-Gefangenen, die sich mit Selbstmord gedanken tragen. Wir bewegen uns wie Geister, meiden die Lichter, die Gewehre, die Augen derer in den Wachtürmen.
    Erika steht drau ss en. Wir gehen nicht auf sie zu, sondern warten auf ihr Zeichen. Sie hebt ihr Kinn zu einem angedeute ten Nicken, ehe sie uns den Rücken zudreht. Wir schie ss en durch die Tür und sind in Sicherheit. Darauf bedacht, keinen zu stören, gehen wir auf Zehenspitzen zu einer Pritsche, die noch nicht voll ist, und kriechen auf die Bretter. Als wir uns die Decke um die Schultern ziehen, lege ich zum ersten M al seit unserer Ankunft im Lager die Arme um meine Schwester. Ich möchte die dämonischen Träume davonja gen, die unsern ver wirrten Köpfen den Schlaf rauben. Ich möchte meine müden Knochen ausruhen und die unaufhörliche Angst loswerden, die von innen an meinem Kopf rüttelt.
    Zum ersten M al in anderthalb Jahren gibt es für uns keinen Anwesenheitsappell. Man bringt uns

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