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Renate Hoffmann

Renate Hoffmann

Titel: Renate Hoffmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Herzen glücklich.
     
Kapitel 26  
    Silvia war so ganz anders als Frau Hoffmann. Im Grunde war sie anders als jeder Mensch, den Frau Hoffmann in ihrem Leben getroffen hatte, was zugegebenermaßen nicht viele gewesen waren. Sie war so viel offener und unbefangener.
    Die beiden Frauen saßen barfuß auf dem Boden im Wohnzimmer. Zumindest Silvia war barfuß. Frau Hoffmann trug ihre anthrazitfarbene Strumpfhose. Doch das war schon ein Grad an Entspanntheit, der für Frau Hoffmann ungewöhnlich war. Frau Hoffmann betrachtete ihre Hände. Sie waren glitschig und fettig. Dann schaute sie Silvia an und auch ihre Hände waren orange gefärbt. Um ihren Mund glänzten fettige Flecken. Frau Hoffmann fühlte sich wieder jung. Sie war wieder vierundzwanzig.
    Zufrieden lächelnd rieb sich Silvia über den Bauch. „Das hat so gut getan...“, sagte sie und streckte ihre Beine aus. Dann schaute sie Frau Hoffmann in die Augen. „Du, Renate?“
    Frau Hoffmann fürchtete sich vor dem, was jetzt kommen könnte. Allein beim Gedanken daran, Silvia von ihm zu erzählen, spürte sie wie sich der Widerstand in Stellung brachte, und sie wusste, dass er ein offenes Gespräch auch an diesem Abend nicht zulassen würde. Frau Hoffmann lehnte sich mit dem Rücken gegen die Couch. „Was?“, fragte sie lächelnd.
    Silvia richtete sich auf. „Sag mal...“, sagte sie vorsichtig, „...warum hast du eigentlich immer so triste Sachen an?“
    Erleichtert lachte Frau Hoffmann auf. Sie schaute an sich hinunter, dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich weiß es nicht...“, antwortete sie kopfschüttelnd.
    „Zu deinen großen braunen Augen wäre ein zarter Rosaton wirklich schön, meinst du nicht auch?“ Frau Hoffmann hätte nie behauptet, dass ihre Augen groß waren und sie war sich sicher, dass Silvia ihr lediglich schmeicheln wollte, was nicht stimmte, denn Frau Hoffmann hatte tatsächlich große braune Augen. „Vielleicht ein schönes Halstuch oder eine farbige Handtasche... rot vielleicht?“
    „Ich finde Kleindung nicht wichtig“, sagte Frau Hoffmann abschätzig.
    Silvia lachte. „Aber Renate, Kleidung sagt nun einmal etwas über den Menschen aus, der sie trägt, ob dir das nun gefällt, oder nicht...“ Frau Hoffmann betrachtete Silvia. Sie trug eine enge dunkelblaue Jeans und eine dünne weiße Tunika. Ihre dunkelbraunen langen Haare trug sie in einem legeren Knoten am Hinterkopf. Sie sah gut aus, wenn man einmal von den aufgequollenen, roten Augen und der Blässe absah. Und von den dunklen Augenringen. Und den leichten Abschürfungen um ihre Nase.
    „Hast du schlafen können?“, fragte Frau Hoffmann vorsichtig. Silvia schüttelte den Kopf. „Vielleicht sollte ich lieber gehen, damit du dich ausruhen kannst.“
    „Vielleicht hast du recht. Du musst morgen ja auch wieder früh raus, oder?“, fragte Silvia verunsichert.
    „Ja, aber das spielt keine große Rolle“, antwortete Frau Hoffmann sanft.
    „Wenn das so ist, wäre es schön, wenn du noch bleibst...“ Frau Hoffmann lächelte und schenkte beiden Limonade nach, was einem ja gleichkam. „Ich fürchte mich vorm Schlafen...“, sagte Silvia nach einer Weile. „Ist das nicht albern?“ Frau Hoffmann schüttelte verständnisvoll den Kopf. „Ich träume so wirres, schreckliches Zeug...“
    „Solche Träume kenne ich...“, antwortete Frau Hoffmann. Sie dachte an das Porzellan und das verdorbene Fleisch.
    „Weißt du, tagsüber kann ich mich in die Arbeit stürzen, ich kann mich ablenken...“ Frau Hoffmann nickte. „Manchmal schaffe ich es sogar, alles, was mich belastet für einen kurzen Moment zu vergessen...“
    „Weil du mit anderen Dingen beschäftigt bist“, sagte Frau Hoffmann nickend. Frau Hoffmann wusste genau, wie es Silvia ging.
    „Aber abends und nachts ist alles so still, und alle Gedanken, die ich den Tag über verdrängt habe, kommen plötzlich hoch...“ Frau Hoffmann starrte in Silvias Küche und nickte. In Gedanken sah sie sich und die junge Frau auf dem Balkon sitzen. „Du, Renate?“ Frau Hoffmann schaute zu ihr hinüber. „Ich bin wirklich froh, dass du hier bist.“
    „Dann warst du erst siebzehn?“, fragte Frau Hoffmann schockiert.
    Silvia nickte. „Patrick hat noch in derselben Nacht Schluss gemacht, als ich es ihm gesagt habe...“ Frau Hoffmann schüttelte abschätzig den Kopf. „Ich habe die Schule noch beendet, aber an studieren war dann nicht mehr zu denken.“
    „Was hättest du denn gerne studiert?“, fragte Frau Hoffmann

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