Renate Hoffmann
er schaute verwundert zu ihr hinüber. „Ich meine, allein der finanzielle Aspekt...“, versuchte Caitlin sich aus der Affäre zu ziehen.
„Mein Gehalt reicht mir vollkommen“, sagte Frau Hoffmann knapp. „Ich komme gut zurecht.“
„Warum lehnen Sie das Angebot dann ab?“, fragte Herr Hofer einfühlsam.
Frau Hoffmann schaute in seine dunklen, sanften Augen. „Es mag manchen Menschen seltsam erscheinen, doch ich arbeite gerne als Buchhalterin. Das ist, was ich gelernt habe und worin ich gut bin.“ Herr Hofer nickte. „Jeder, der mich besser kennt, weiß, dass ich nicht der Typ Mensch bin, der mit anderen Menschen gut zurecht kommt.“ Frau Hoffmann schaute zu Caitlin. „Ich wäre eine grauenhafte Wahl für die Personalabteilung, und Sie wissen das.“ Caitlin schaute unschuldig und gespielt irritiert zu Herrn Hofer, der das jedoch nicht bemerkte, weil er Frau Hoffmann ansah. „Ich weiß, warum Sie das getan haben, Caitlin“, sagte Frau Hoffmann ruhig. „und ich muss zugegeben, es war eine geschickte Idee, aber wenn Sie nicht mit mir arbeiten möchten oder können, müssen Sie sich etwas Anderes einfallen lassen.“
Kapitel 24
Frau Hoffmann saß wieder an ihrem Schreibtisch in der Buchhaltung. Sie dachte an Herrn Hofer und an das klitzekleine, kaum sichtbare Lächeln, das er ihr geschenkt hatte, als sie den Konferenzraum eine halbe Stunde zuvor verlassen hatte. Der Teil in ihr, der es zutiefst bereut hatte, etwas gesagt zu haben war gerade dabei sich bei Frau Hoffmann zu entschuldigen. Er hatte Unrecht gehabt. Noch nie zuvor war sie so stolz auf sich selbst gewesen.
In den nächsten Stunden grub sich Frau Hoffmann durch einen Berg an Arbeit. Und sie war zufrieden. Zufrieden mit ihrer Arbeit, zufrieden mit ihrer Entscheidung, zufrieden mit sich selbst. Ihr Blick fiel auf die große Wanduhr. Es war schon kurz nach sieben. Sie fuhr ihren PC hinunter, schaltete den Monitor aus und griff nach ihrem Mantel, für den es eigentlich draußen viel zu warm war. Sie legte ihn sich um die Schultern, steckte den Schal in ihre Handtasche und löschte das Licht.
Die Türen des Aufzugs öffneten sich und Frau Hoffmann stieg ein. Der Fahrstuhl war voll gestopft mit Menschen. Frau Hoffmann mochte es nicht, wenn der Aufzug voll war. Diese Enge und die körperliche Nähe schreckten sie ab. Dennoch drängte sie sich an einen Herrn im schwarzen Anzug, der ihr noch am sympathischsten erschien, dann schlossen sich die Türen hinter ihr.
Es war schon oft vorgekommen, dass Frau Hoffmann sich beobachtet gefühlt hatte, vor allem in Aufzügen, doch an diesem Abend bildete sie es sich nicht ein. Sie schaute sich schüchtern um, und in der Tat trafen sie ausschließlich neugierig musternde Blicke. Sie hörte Getuschel, konnte aber nicht hören, was genau gesagt wurde, nur dass ihr Name während der flüsternden Unterhaltungen fiel. Irritiert drehte sich Frau Hoffmann seitwärts und starrte eisern auf die silbern glänzenden Aufzugtüren. Das Gemurmel wurde lauter. Und wieder verstand sie lediglich Bruchstücke, die es ihr nicht erlaubten den Zusammenhang zu erraten.
Erleichtert verließ Frau Hoffmann den Fahrstuhl. Die Eingangshalle wurde geflutet von Menschen. Unter ihnen eine verwirrte Frau Hoffmann. Neben ihr gingen zwei Frauen in Richtung Ausgang. Eine von ihnen schaute zu Frau Hoffmann, stieß ihre Begleitung unsanft in die Rippen und flüsterte ihr etwas zu. Eine andere Frau drehte sich zu Frau Hoffmann um, lächelte sie unvermittelt an und tippte einem ihrer Kollegen auf die Schulter. „Das ist die, von der ich dir vorhin erzählt habe...“, sagte sie leise. Auch er drehte sich zu Frau Hoffmann um, nickte freundlich und lächelte sie anerkennend an. Und in diesem Moment verstand Frau Hoffmann, dass all das Getuschel und Gemurmel keineswegs boshaft war. In Wahrheit war Frau Hoffmann zum Gesprächsthema geworden, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Frau Hoffmann war noch nie in ihrem ganzen Leben ein Gesprächsthema gewesen, wenn man einmal von dem Geratsche absah, das ihre Partnerwahl in ihrem Heimatdorf ausgelöst hatte, versteht sich. Frau Hoffmann entdeckte die blinzelnde Frau und lächelte ihr schüchtern zu. Frau Kleinschmidt aus der Finanzabteilung erwiderte ihr lächeln. Neben Frau Kleinschmidt standen Frau Bogner und Frau Seizinger, die beiden Sekretärinnen, deren boshaftes Gespräch Frau Hoffmann überhört hatte, und auch sie nickten anerkennend in ihre Richtung. Dieses Szenario erschien Frau
Weitere Kostenlose Bücher