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Renate Hoffmann

Renate Hoffmann

Titel: Renate Hoffmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Geschenk zu halten, als wäre die Größe das ausschlaggebende Kriterium. Die Tatsache, dass Renate überflüssigen Kram verabscheute – und diese überdimensionale Giraffe war ohne jeden Zweifel der Inbegriff für überflüssigen Kram – schien Herbert nicht weiter zu interessieren. Ein Mann wie Henning, da war sie sich sicher, würde einer Frau nie so eine blöde Plüschgiraffe schenken. Doch Herbert war nicht Henning und deswegen machte Renate Herbert freundlich darauf aufmerksam, dass sie Theke voller Bier wäre und bat ihn die Giraffe ins Auto zu bringen. Er entschuldigte sich für sein unbedachtes Verhalten und trottete mit seiner Giraffe in Richtung Parkplatz. Renate schaute ihm nach um. Und während sich ihre Eltern auf der Tanzfläche einem Walzer hingaben, beobachtete sie Barbara dabei, wie diese Herbert heimlich zum Parkplatz folgte.
     
Kapitel 47  
    Renate war betrübt. Sie konnte Herbert nicht heiraten. Doch genauso wenig wollte sie sich über einen Mann Gedanken machen, der ohnehin niemals in Frage kommen konnte. Erstens würde eine Verbindung mit Henning ihre Mutter zweifelsohne in den Selbstmord treiben, zweitens lebte Henning in Hamburg, und drittens, hatte Renate noch nicht ein Wort mit ihm gesprochen.
    Renate erkannte Herbert schon von weitem. Er kam lächelnd auf sie zu, bestellte sich ein Bier, küsste sie auf die Wange und verschwand schließlich im engen Getümmel der Tanzfläche. Barbara stand abseits des Gedränges im Dunklen. Sie wirkte niedergeschlagen. Renate wusste nicht, ob sie Mitleid mit ihr haben, oder sie verachten sollte. An und für sich machte es Renate nichts aus, dass ihre Schwester sich an ihren Verlobten ranmachte, doch gleichzeitig verletzte es sie, von ihr auf eine solche Art hintergangen zu werden. Denn, was wäre, wenn Renate Herbert tatsächlich lieben würde – was sie zugegebenermaßen nicht tat. Doch was wäre, wenn doch? Schließlich wussten weder Barbara noch Herbert, dass sie Herbert nur mochte. Renate dachte an die zahlreichen Annäherungsversuche ihrer Schwester, die sie drei Jahre lang ignoriert hatte. Sie dachte an die verschiedenen Anlässe, bei denen Barbara boshafte Scherze gemacht hatte, die ausnahmslos jedes Mal auf Renates Kosten gegangen waren.
    Renate fragte sich, was sie an ihrer Stelle getan hätte, wie sie sich verhalten hätte, wäre sie Situation umgekehrt gewesen. Was hätte sie getan, wenn ihre Schwester mit dem Mann zusammen wäre, den auch sie heimlich liebte. Sie stellte sich Barbara mit Henning vor, was sie so schnell wie nur möglich wieder zu vergessen versuchte, nicht nur, weil sie dieses Bild nicht ertragen konnte, sondern weil es sie erschreckte, dass sie automatisch an Henning gedacht hatte.
    Zwei Stunden später betrat der Bürgermeister die Bühne und kündigte eine Band mit dem seltsamen Namen The Black Rabbits an. Die inzwischen betrunkene Gemeinde klatschte und jubelte, als eine Gruppe junger Männer über die provisorische Holzbühne schritt. Und in diesem Augenblick setzte Renates Herz kurzzeitig aus, denn der schrankartige Gitarrist war Henning.
    The Black Rabbits spielten vorwiegend alte Rockklassiker, die bei ihrem grölenden Publikum bestens anzukommen schienen. Sogar Frau Hartmann tanzte ungeniert zu deren Interpretation von Highway to Hell. Hennings langes seidiges Haar funkelte im Scheinwerferlicht. Wie gebannt starrte Renate auf die Bühne. Ihre Blicke hafteten an dem Mann, an den sie seit mehreren Wochen heimlich gedacht hatte. Und plötzlich realisierte sie, und diese Erkenntnis traf sie wie ein Fausthieb, dass sie sich schon bei ihrer ersten flüchtigen Begegnung im Supermarkt unsterblich in Henning verliebt hatte.
     
Kapitel 48  
    Herr Hofer hielt Frau Hoffmann die Tür auf. Es war mittlerweile fast halb zehn. Seit Langem hatte Frau Hoffmann sich nicht mehr so klein und einsam gefühlt, auch wenn das Gespräch mit Herrn Hofer durchaus geholfen hatte. Es wunderte Frau Hoffmann, dass sie sich ihm ohne weiteres hatte anvertrauen können. Insbesondere deswegen, weil sie Herrn Hofer nicht als den Typ Mann eingeschätzt hätte, der sich freiwillig die langweilig-tragische Lebensgeschichte einer ebenso langweiligen Kollegin antun würde.
    Er begleitete Frau Hoffmann nach draußen. Auf dem großen Vorplatz fragte Herr Hofer, ob er Frau Hoffmann mitnehmen könne, die sich bedankte, jedoch höflich ablehnte. Er fragte, ob Frau Hoffmann denn auch mit dem Auto da sei, woraufhin Frau Hoffmann den Kopf schüttelte und zum

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