Renate Hoffmann
gepflasterten Marktplatz, um frisches Obst und Gemüse einzukaufen, als sie auf Frau Hartmann traf, die sich aufgeregt mit Frau Huber, also Herberts Mutter, unterhielt. „Ah, Renate...“, sagte Frau Huber lächelnd, als sie Renate entdeckte. Frau Hartmann wandte sich ebenfalls Renate zu und grüßte sie.
„Ist etwas geschehen?“, fragte Renate verwundert.
Frau Hartmann legte ihren Arm um Renates Schulter und sagte, „Du hast sicher auch schon diesen Mann gesehen...“
„Welchen Mann?“, fragte Renate.
„Na, diesen... diesen Henning...“
„Wenn einer schon Henning heißt...“, sagte Frau Huber abschätzig.
Renates Magen zog sich zusammen. „Meinen Sie etwa den Mann mit den vielen Tätowierungen?“, fragte Renate um sicher zu gehen, dass sie von demselben Mann sprachen.
„Ja, genau den...“, sagte Frau Hartmann. „Den mit den Tätowierungen und den Ohrringen und den zerrissenen Hosen...“
„Und der heißt Henning?“, fragte Renate erstaunt.
Frau Hartmann zuckte mit den Schultern. „Es heißt, der kommt aus Hamburg...“
Renates Herz raste. „Ja, und was will der hier?“, fragte Herberts Mutter.
„Ja, des wenn ich wüsste...“, entgegnete Frau Hartmann. „Also wohnen tut er ja bei den Hauers...“
„Die arme Luise...“, sagte Frau Huber anteilnehmend. Es erschreckte Renate, wie bösartig die beiden Frauen über Henning sprachen. Sie konnte nicht verstehen, warum Menschen, die selbst so unvollkommen waren, so über andere herzogen.
„Hoffentlich haut der bald wieder ab...“, sagte Frau Hartmann grimmig. „Nicht auszudenken, was der sonst mit den jungen Mädchen anstellt...“
Renate schlenderte nach Hause. In Gedanken schieb sie seinen Namen. Es gefiel ihr, dass sein Name so ungewöhnlich war. Zumindest für sie war er das. Als sie gerade um die Ecke bog, hörte sie, wie jemand ihr nachrief. Und es war nicht irgendjemand. Es war Herbert.
„Schön, dass ich dich treffe...“, sagte er strahlend und schloss Renate in seine Arme. Herbert hatte keine schrankartige Statur. Er hatte keine stämmigen Arme. Und er hatte auch kein seidig glänzendes Haar. „Gehst du Heim?“, fragte Herbert und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
Diese Frage erschien Renate ungeheuer dämlich. Es war schließlich offensichtlich, dass sie auf dem Heimweg war. „Ja, bin ich...“, fragte Renate merklich gereizt „Und was machst du hier?“
„Die Barbara hat mich grad vorhin angerufen... Gib mir mal die Tüten.“
Renate blieb stehen und reichte Herbert die Einkäufe. „Und was wollte sie?“
„Mit mir reden...“, antwortete Herbert knapp.
„Mit dir reden...“, wiederholte Renate. „Und worüber?“
Herbert zuckte mit den Schultern, „Das hat sie mir nicht gesagt...“
„Und warum hat sie dann nicht einfach gleich am Telefon mit dir geredet?“, fragte Renate irritiert.
„Des hab ich sie nicht gefragt...“
Wenig später sperrte Renate die Haustür auf. Herbert trug die Tüten in die Küche, küsste sie auf die Wange und ging in den ersten Stock hinauf. Renate verräumte die Einkäufe, dann machte sie sich auf den Weg in ihr Zimmer. Im Nebenzimmer hörte sie leise Stimmen. Regungslos saß sie auf der Kante ihres Bettes und horchte, verstand jedoch kein einziges Wort, von dem, was nebenan gesprochen wurde. Renate hatte eine vage Vorahnung, worüber Barbara mit Herbert hatte sprechen wollen, konnte sich aber nicht vorstellen, dass ihr ihre eigene Schwester derart in den Rücken fallen würde. Denn, was Barbara anging, musste diese davon ausgehen, dass Renate Herbert liebte, und damit wäre es eine Art von Betrug, sollte sie ihm dennoch ihre Gefühle gestehen. An und für sich spielte es keine Rolle, betrachtete man Renates Gefühle für Herbert, doch es ging ums Prinzip.
Eine Stunde später öffnete Herbert die Tür zu Renates Zimmer. Er schien ein wenig blass um die Nase. „Und, worüber habt ihr geredet?“, fragte Renate neugierig.
„Ach, über nichts Bestimmtes...“, antwortete Herbert vage.
„Ihr habt also über eine Stunde lang über nichts Bestimmtes geredet...“, sagte Renate ungläubig.
„Es war wirklich nichts Wichtiges...“, antwortete Herbert abwesend, und streichelte Renate über die Wange.
Diese Antwort stellte Renate jedoch nicht zufrieden. „Dir ist doch hoffentlich klar, dass ich unmöglich einen Mann heiraten kann, der nicht ehrlich zu mir ist...“
Entsetzt schaute Herbert in Renates große braune Augen. „Es ging um die Hochzeit...“, sagte er
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