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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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Großmutter ...
    Nun ja, ihre Großmutter würde wohl nur lachen, aber Annabel hatte schon vor Langem erkannt, dass das Verhalten ihrer Großmutter keine Grundlage in Gewissensfragen bot.
    Sie fragte sich, ob es von der Heide aus einen weiteren Zugang zum Park der Trowbridges gab. Das Anwesen war riesengroß, bestimmt wies die Hecke zahlreiche Durchgänge auf. Bis dahin jedoch ...
    Sie sah auf die weite Heide hinaus. Schon erstaunlich, dass es in unmittelbarer Nähe Londons eine solche Wildnis gab. Es war dunkel, und in der Luft lag eine klare Frische, von der sie gar nicht gewusst hatte, wie sehr sie sie vermisste. Nicht nur die Reinheit und Sauberkeit - dass sie die vermisste, war ihr bewusst, seit sie zum ersten Mal die trübe Suppe eingeatmet hatte, die in London als Luft durchging.
    Aber die Luft hier hatte Biss, sie war kühl und würzig. Sie spürte sie bis tief in ihrem Inneren. Himmlisch.
    Sie sah auf und fragte sich, ob die Sterne hier draußen deutlicher zu sehen wären. Das waren sie zwar nicht, aber sie wandte dennoch das Gesicht zum Himmel. Den Blick auf die schief über den Bäumen hängende Mondsichel geheftet, ging sie langsam zurück.
    Einer Nacht wie dieser sollte irgendein Zauber innewohnen. Und so wäre es auch gewesen, wenn sie nicht eben von einem Mann betatscht worden wäre, der alt genug war, um ihr Großvater zu sein. Oder wenn man ihr erlaubt hätte, Rot zu tragen, was ihr so viel besser stand als dieses bleiche Pfingstrosenrosa.
    Es wäre zauberhaft gewesen, wenn der Wind im Walzertakt geblasen hätte. Wenn das Blätterrascheln in Wirklichkeit spanische Kastagnetten gewesen wären und wenn im Nebel ein hübscher Prinz auf sie gewartet hätte.
    Aber es war gar nicht neblig, und ein Prinz wartete natürlich auch nicht auf sie. Nur ein widerlicher alter Mann, der ihr widerliche Dinge antun wollte. Und irgendwann würde sie ihm das gestatten müssen.
    Sie war in ihrem Leben dreimal geküsst worden. Das erste Mal von Johnny Metham, der nun darauf bestand, John gerufen zu werden, aber damals, als er seine Lippen auf die ihren gedrückt hatte, war er erst acht gewesen - und ein Johnny.
    Das zweite Mal von Lawrence Fenstone, der sich vor drei Jahren einen Kuss gestohlen hatte, am ersten Mai. Es war dunkel gewesen, irgendwer hatte Rum in beide Punschschüsseln gegossen, und das gesamte Dorf hatte den Verstand verloren. Annabel war überrascht gewesen, aber nicht zornig; als er dann versuchte, ihr die Zunge in den Mund zu schieben, hatte sie sogar gelacht.
    Es war ihr einfach so wahnsinnig albern vorgekommen.
    Lawrence hatte darüber jedoch nicht lachen können und war davonstolziert. Seine männliche Ehre war zu verletzt, als dass er hätte fortfahren können. Danach hatte er ein ganzes Jahr nicht mehr mit ihr geredet, erst wieder, als er mit einer errötenden Braut aus Bristol zurückgekehrt war - blond, zierlich und völlig hirnlos. Alles Eigenschaften, die Annabel nicht besaß und die sie, wie sie erleichtert feststellte, auch nicht besitzen wollte.
    Das dritte Mal dann an diesem Abend, als Lord Newbury sich an sie gepresst und seinen Mund auf ihre Lippen gedrückt hatte.

    Plötzlich fand sie die Episode mit Lawrence Fenstones Zunge nicht mehr ganz so amüsant.
    Lord Newbury hatte dasselbe getan, hatte versucht, sich zwischen ihre Lippen zu drängen, aber sie hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass sie meinte, ihr Kiefer müsse brechen. Und dann war sie davongelaufen. Bisher hatte sie das immer feige gefunden, aber jetzt, nachdem sie selbst einmal das Heil in der Flucht gesucht hatte, erkannte sie, dass es manchmal das einzig Vernünftige war, selbst wenn sie nun allein in der Heide stand und ihr ein Liebespärchen den Weg zurück in den Ballsaal versperrte. Es war beinahe komisch. Beinah.
    Sie blies die Backen auf, stieß die Luft wieder aus, lief dabei weiter langsam rückwärts. Was für ein Abend! Er war keineswegs zauberhaft. Er war nicht... „Oh!"
    Ihre Ferse hatte sich irgendwo verfangen - lieber Gott, war das etwa ein Bein? -, und sie taumelte zurück. Und alles, woran sie denken konnte, war, dass sie über eine Leiche gestolpert war - in so grausigem Licht erschien ihr die Zukunft bereits.
    Zumindest hoffte sie, dass es sich um eine Leiche handelte. Eine Leiche konnte ihrem Ruf keinen Schaden zufügen, im Gegensatz zu einem lebendigen Mitglied des ton.
    Sebastian war ein geduldiger Mensch, es störte ihn nicht, zwanzig Minuten zu warten, damit er und Elizabeth in ehrbarem

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