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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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die Luft aus. Wenn er allein gewesen wäre - was er auch hätte sein sollen -, wäre er mit einem munteren „Hallo, ich komme jetzt! Wenn sich hier Leute tummeln, die einander nicht gesetzlich anvertraut sind, sollten sie sich lieber rar machen!" auf den Rasen getreten.

    Es wäre köstlich gewesen. Und genau das, was die Gesellschaft von ihm erwartete. Aber mit einer ledigen Dame im Schlepptau nicht zu machen.
    „Die sind mit ziemlicher Sicherheit längst fort", sagte er, während er den Durchgang in der Hecke ansteuerte und hindurchlinste. Er drehte sich um und fügte hinzu: „Und wenn nicht, wollen sie ebenso wenig gesehen werden wie Sie. Ziehen Sie den Kopf ein und laufen Sie, so schnell Sie können."
    „Sie scheinen ja eine Menge Erfahrung mit derlei Dingen zu haben", bemerkte sie.
    „Eine Menge." Nun ja, stimmte ja auch.
    „Verstehe." Ihr Kinn versteifte sich, und wenn er näher bei ihr gestanden hätte, hätte er sie bestimmt mit den Zähnen knirschen gehört. „Was für ein Glück ich doch habe", sagte sie. „Unterricht von einem Meister zu bekommen."
    „Der reinste Glückspilz."
    „Sind Sie Frauen gegenüber immer so ekelhaft?"
    „Beinahe nie", sagte er, ohne nachzudenken.
    Ihre Lippen teilten sich, und er hätte sich am liebsten geohrfeigt. Sie verbarg es gut - sie war offenbar eine junge Frau rascher Gefühlsreaktionen -, aber bevor ihre Überraschung sich zu Entrüstung wandelte, sah er kurz reine Kränkung aufblitzen.
    „Was ich meinte", begann er und hätte beinahe aufgestöhnt, „ist, dass ich, als ich ... Nein. Als Sie ..."
    Erwartungsvoll sah sie ihn an. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Und während er dastand wie ein Dummkopf, erkannte er, dass es mindestens zehn Gründe gab, warum die augenblickliche Situation vollkommen unannehmbar war.
    Erstens: Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Vielleicht wiederholte er sich ja, nur dass er zweitens immer wusste, was er sagen sollte, vor allem drittens bei Frauen. Was ihn direkt zu viertens führte: Ein erfreuliches Nebenprodukt seiner Wortgewandtheit war fünftens, dass er in seinem Leben noch nie eine Frau beleidigt hatte, außer sie hatte es wirklich verdient, was diese Frau sechstens nicht hatte. Was siebtens nach sich zog: Er musste sich umgehend entschuldigen, nur dass er achtens keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte. Übung im Entschuldigen würde einen Hang voraussetzen, sich so zu benehmen, dass Entschuldigungen vonnöten waren. Was bei ihm nicht der Fall war. Das gehörte zu den wenigen Dingen in seinem Leben, auf die er außerordentlich stolz war. Was ihn auf direktem Wege zu neuntens führt: Er hatte keine Ahnimg, was er sagen sollte, und zehntens hatte diese junge Frau irgendetwas an sich, was ihn vollkommen stumpfsinnig werden ließ.
    Stumpfsinnig.
    Wie es der Rest der Menschheit wohl aushielt, dieses verlegene Schweigen, wenn man sich einer Frau gegenübersah?
    Sebastian fand es unerträglich. „Sie haben mich gebeten, Sie zu küssen", sagte er. Das war nicht das Erste, was ihm in den Sinn kam. Aber das Zweite.
    Ihrem Aufkeuchen - das ziemlich laut geriet - entnahm er, dass er wohl besser auf das Siebte gewartet hätte. Mindestens.
    „Werfen Sie mir etwa vor ..." Sie unterbrach sich und presste die Lippen zu einer zornigen, harten Linie zusammen. „Nun, was auch immer ... was immer Sie mir ... vorwerfen ..." Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
    „Ich werfe Ihnen gar nichts vor", sagte er. „Ich weise Sie nur darauf hin, dass Sie einen Kuss wollten, ich Ihnen den Gefallen getan habe und ..."
    Und was? Worauf wollte er sie denn hinweisen? Und wohin hatte sich sein Verstand verabschiedet? Er konnte nicht mal in kompletten Sätzen denken, geschweige denn reden.
    „Ich hätte die Situation ausnutzen können", erklärte er steif. Himmel, er klang wie ein verknöcherter alter Kauz.
    „Behaupten Sie etwa, Sie hätten es nicht getan?"
    Konnte sie wirklich dermaßen unschuldig sein? Er beugte sich vor und fixierte sie mit bohrendem Blick „Sie haben ja keine Ahnung, auf wie viele Arten ich die Situation nicht ausgenutzt habe", erklärte er. „Auf wie viele Arten ich es hätte tun können. Auf wie viele ..."
    „Was?", fuhr sie ihn an. „Was?"
    Er schwieg, musste sich förmlich auf die Zunge beißen.

    Er würde ihr bestimmt nicht sagen, auf wie viele Arten er die Situation hätte ausnützen können. Was er mit ihr hätte anfangen wollen. Mit ihr. Miss Namenlos. So war es sicher besser.
    „Ach,

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