Rendezvous im Hyde Park
herauskommt, dass ich sie nicht einmal besucht habe."
Und er hatte auch nicht die Absicht. Ja, er mochte Miss Winslow, ja, er hatte viel zu viel Zeit damit verbracht, sich vorzustellen, wie er sie an einem Bett festbinden würde, aber er hatte nicht die geringste Absicht, diese spezielle Vorstellung in die Tat umzusetzen. Er hatte ihr zwar vergeben, wünschte aber keinen weiteren Kontakt. Soweit es ihn be-traf, konnte Newbury sie haben, wenn er sie wollte.
Was er Olivia auch sagte, wenngleich er sich dabei etwas delikater ausdrückte. Doch das trug ihm nur einen zorn-entbrannten Blick ein, gefolgt von einem „Newbury will sie aber nicht mehr. Das ist das Problem."
„Für wen?", erkundigte sich Sebastian misstrauisch. „An Miss Winslows Stelle würde ich das eher als eine Lösung betrachten."
„Du bist nicht an Miss Winslows Stelle, und außerdem bist du keine Dame."
„Gott sei Dank", meinte er ziemlich inbrünstig. Harry klopfte dreimal auf den Tisch.
Olivia bedachte sie beide mit einem finsteren Blick. „Wenn du eine Dame wärst, würdest du verstehen, was für eine Katastrophe das ist. Lord Newbury hat sie seit eurem Zusammenstoß kein einziges Mal besucht."
Sebastian hob eine Augenbraue. „Wirklich nicht?"
„Wirklich nicht. Weißt du, wer sie stattdessen besucht hat?"
„Nein", erwiderte er. Sie würde es ihm ohnehin gleich sagen.
„Alle anderen. Alle!"
„Dann muss es in ihrem Salon ganz schön zugegangen sein", murmelte er.
„Sebastian! Weißt du, wen das alles mit einschließt?"
Er zog eine sarkastische Erwiderung in Erwägung, entschied dann aber aus Gründen purer Selbsterhaltung, lieber den Mund zu halten.
„Cressida Twombley", zischte Olivia. „Und Basil Grimston. Sie waren dreimal dort."
„Dreimal? Woher weißt du das?"
„Ich weiß alles", erklärte Olivia herablassend.
Das glaubte er gern. Wenn Olivia in der Stadt gewesen wäre, bevor sie Miss Winslow im Park kennengelernt hatte, wäre all das nicht passiert. Sie hätte gewusst, dass Annabel Winslow Lady Louisas Cousine war. Sie hätte vermutlich auch gewusst, wann sie Geburtstag hatte und was ihre Lieblingsfarbe war. Und sie hätte ganz gewiss gewusst, dass Miss Winslow eine Enkelin der Vickers war und daher die Auserwählte seines Onkels.
Und Sebastian hätte sich von ihr ferngehalten. Der Kuss auf der Heide wäre nichts als eine ferne (wenn auch entzückende) Erinnerung. Die Einladung in die Oper hätte er bestimmt nicht angenommen, er hätte sich nicht neben sie gesetzt, und er würde nun nicht wissen, dass ihre Augen - von einem so klaren Grau - einen grünen Schimmer bekamen, wenn sie diese Farbe trug. Er würde nicht wissen, dass sie ganz ähnlich empfanden oder dass sie die Unterlippe zwischen die Zähne nahm, wenn sie sich konzentrierte. Oder dass sie nicht besonders gut darin war, still zu sitzen.
Oder dass sie ganz zart nach Veilchen duftete.
Wenn er gewusst hätte, wer sie war, würden ihm diese verflixten Kleinigkeiten nicht ständig im Kopf herumgehen und kostbaren Platz beanspruchen, den er eigentlich für wichtigere Dinge brauchte. Zum Beispiel für eine gründliche Analyse der diversen Wurftechniken beim Cricket.
Oder den genauen Wortlaut von Shakespeares Sonett „Wie warme Blüten, ach! die Muse treibt", das er in Gedanken ständig falsch zitierte.
„Miss Winslow ist zum Gespött der Leute geworden", sagte Olivia, „und das ist nicht fair. Sie hat nichts gemacht."
„Ich auch nicht", sagte Sebastian.
„Aber es steht in deiner Macht, alles wieder in Ordnung zu bringen. Sie kann nichts tun."
„Wie warme Blüten, ach! meine Stellung treibt", brummte er. „Was?", fragte Olivia ungeduldig.
Er winkte ab. Eine Erklärung war der Mühe nicht wert.
Stattdessen sah er sie direkt an und fragte: „Was soll ich tun?"
„Besuche sie."
Sebastian wandte sich an Harry, der immer noch so tat, als läse er seine Zeitung. „Hat sie nicht eben gesagt, dass ganz London denkt, ich will sie verführen?"
„Ja", bestätigte Harry.
„Gott im Himmel", fluchte Olivia so heftig, dass beide Männer blinzelten. „Ihr seid so schwer von Begriff!"
Sie starrten sie nur an und bestätigten mit ihrem Schweigen die Richtigkeit ihrer Behauptung.
„Im Moment sieht es so aus, als hättet ihr euch beide von ihr abgewandt. Der Earl will sie offenbar nicht mehr, und wie es aussieht, hast auch du dein Interesse verloren. Weiß der Himmel, was die Damen des ton hinter vorgehaltener Hand kichern."
Sebastian konnte es sich
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