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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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die Tür von Vickers House auf, und Olivia kam heraus. Er sah zu ihr hoch und hob eine Augenbraue.
    „Ich bin eure Anstandsdame", erklärte sie.
    Bevor ihm darauf eine schlagfertige Bemerkung einfiel, fügte sie hinzu: „Miss Winslows Zofe hat heute Nachmittag Ausgang, also habt ihr die Wahl zwischen mir und Lady Vickers."
    „Wir sind entzückt, dich dabeizuhaben", erklärte er entschieden.
    „Was ist da drin eigentlich passiert?", fragte Olivia und trat auf den Gehsteig.
    Sebastian sah zu Miss Winslow hinüber, die ihrerseits recht entschlossen auf einen Baum starrte.
    „Ich kann darüber nicht sprechen", sagte er, zu Olivia gewandt. „Es ist viel zu schmerzhaft."
    Er glaubte, von Miss Winslow unterdrücktes Gelächter zu hören. Wahrhaftig, ihm gefiel ihr Sinn für Humor.
    „Also schön", sagte Olivia und scheuchte sie mit einer Geste davon. „Geht voraus. Ich halte mich ganz anstands-damig zurück."
    „Ist das ein Wort?" Wirklich, er musste diese Frage stellen.
    Nach der Sache mit dem Dunstkreis hatte sie jedes Recht verwirkt, Worte zu erfinden.
    „Wenn nicht, dann sollte es eines sein."
    Darauf fielen Sebastian jede Menge schlagfertige Bemerkungen ein, doch hatten sie alle den Nachteil, dass sie seine geheime Identität, soweit vorhanden, offenbarten. Aber da er von Natur aus nicht in der Lage war, diesen Kommentar hinzunehmen, ohne wenigstens irgendetwas zu sagen, womit er Olivia ärgern konnte, erklärte er, zu Miss Winslow gewandt: „Es ist ihr erstes Mal."
    „Ihr erstes ...?" Mit entzückend verwirrter Miene drehte Miss Winslow sich zu Olivia um.
    „Als Anstandsdame", führte er weiter aus und ergriff ihren Arm. „Sie wird versuchen, Sie zu beeindrucken."
    „Das habe ich gehört!"
    „Natürlich hast du das gehört", bestätigte er freundlich.
    Er beugte sich näher zu Miss Winslow und flüsterte ihr ins Ohr: „Wir werden uns anstrengen müssen, um sie loszuwerden."
    „Sebastian!"
    „Halt dich zurück, Olivia!", rief er. „Halt dich zurück."
    „Das scheint mir nicht richtig", meinte Miss Winslow.
    Sie hatte die Lippen ganz allerliebst geschürzt, und Sebastian ertappte sich dabei, wie er sich Methoden überlegte, ihr Schmollen ein wenig verführerischer oder verführbarer werden zu lassen.
    „Hmmm?", murmelte er.
    „Es ist ja nicht so, als wäre sie eine unverheiratete alte Tante", sagte sie, und dann: „Lady Olivia, bitte. Kommen Sie doch her und gesellen Sie sich zu uns."
    „Ich bin mir sicher, das ist nicht in Sebastians Sinne", er-klärte Olivia, schloss aber gleichzeitig mit, wie er bemerkte, ziemlich federnden Schritten zu ihnen auf. „Keine Sorge, Sebastian", sagte sie zu ihm. „Lady Vickers hat mir ihre Zeitung gegeben. Ich suche mir eine hübsche kleine Bank, auf die ich mich setze, und ihr könnt nach Herzenslust herumschlendern."
    Sie hielt ihm die Zeitung hin, offenbar sollte er sie für sie tragen, also nahm er sie ihr ab. Mit Frauen ließ er sich nie auf Diskussionen ein, es sei denn, es war unumgänglich notwendig.
    Sie gingen in den Park, plauderten unterwegs von diesem und jenem, und sobald sie dort waren, setzte Olivia sich wie versprochen auf eine Bank und machte sich daran, sie zu ignorieren. Zumindest gelang es ihr hervorragend, so zu tun, als ignorierte sie sie.
    „Wollen wir ein wenig auf und ab gehen?", fragte er Miss Winslow. „Wir können uns dabei vorstellen, dass dies ein extrem großer Salon ist, in dem wir herumschlendern."
    „Das wäre nett." Sie drehte sich zu Olivia um, die ihre Zeitung las.
    „Oh, sie beobachtet uns, keine Sorge."
    „Glauben Sie? Sie wirkt so vertieft."
    „Selbstverständlich kann meine liebe Cousine Zeitung lesen und uns gleichzeitig beobachten. Vermutlich könnte sie dabei auch noch ein Aquarell malen und ein Orchester dirigieren." Er nickte Miss Winslow beifällig zu. „Frauen, habe ich gelernt, können mindestens sechs Dinge gleichzeitig tun, ohne Luft holen zu müssen."
    „Und Männer?"
    „Ach, wir sind dazu viel zu ungeschickt. Es ist schon ein Wunder, dass wir gleichzeitig laufen und sprechen können."
    Sie lachte und deutete dann auf seine Füße. „Sie scheinen diese Aufgabe ja mit Bravour gemeistert zu haben."
    Er gab sich erstaunt. „Na, so was. Ich mache mich anscheinend."
    Wieder ließ sie ihr wunderbar kehliges Lachen hören.
    Er lächelte sie an, da man das eben tat, wenn eine Dame neben einem lachte, und für einen kurzen Augenblick vergaß er, wo er war. Die Bäume, das Gras, die ganze Welt verschwanden

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