Rendezvous in Kentucky
Mutter in —« Sie unterbrach sich. »Zuerst muß ich mir trockene Sachen anziehen.« Sie begann ihr Kleid aufzuknöpfen. »Gelbe Hand ist doch noch ein halbes Kind! Außerdem hat er mir sehr geholfen!«
Linnet stand mit dem Rücken zu Devon, deshalb sah sie nicht, wie er mühsam den Kopf drehte, um die Frauen anschauen zu können. Phetna fragte sich, ob der Name Gelbe Hand ihn zu einer solchen Anstrengung veranlaßt hatte oder Linnets Ankündigung, ihr nasse Kleidung auszuziehen. Phetna sah zum ersten Mal Devons blaue Augen. Verwirrt musterte sie ihn — das war Slade Macalister, wie er leibte und lebte! Zwanzig Jahre waren seit ihrem letzten Zusammentreffen vergangen, und er hatte sich nicht verändert! Erst nach ein paar seligen, schreckerfüllten Sekunden kam ihr zu Bewußtsein, daß Devon Slades Sohn war.
Phetna beobachtete ihn aufmerksam. Er hatte nur Augen für Linnet, die nun in einem nassen Mieder und in Unterröcken dastand. Ein humorvoller Funke stahl sich in Phetnas Augen. Genau wie Slade, dachte sie amüsiert. Da liegt er, die Haut hängt ihm in Fetzen vom Leib, er hat unerträgliche Schmerzen, und sein Leben hängt am seidenen Faden. Aber all das hält ihn nicht davon ab, einem hübschen Mädchen beim Ausziehen zuzusehen!
»Nun, wollen Sie mir jetzt endlich die ganze Geschichte erzählen, oder nicht?« forderte sie Linnet auf und unterdrückte mit aller Macht das Lachen, während sie Devon unter halbgeschlossenen Lidern beobachtete.
Linnet streifte die nassen Unterröcke von ihrem Körper und trocknete sich sorgsam mit einem rauhen Leinenhandtuch ab. Sie trug nur noch das Mieder und die knielange Unterhose. »Ein junger Shawnee hatte sich vor dem Regen in Ihre Blockhütte geflüchtet. Ich glaube, er hatte genausoviel Angst vor mir wie ich vor ihm.« Sie löste die Schnüre ihres Leibchens, zog es über den Kopf und stieg aus der langen Unterhose.
»Drehen Sie sich um. Ich werde Ihren Rücken abtrocknen. Hat Miranda wohl genug gegessen?«
Linnet drehte sich arglos um und bot ihren nackten Körper jetzt Devons Blicken dar. Sie sah zu Miranda hinüber. Das kleine Mädchen strahlte seine Mutter an, während Phetna Linnets Rücken trockenrubbelte. Als Linnets Blick zu Devon schweifte, lag er da wie immer — die Augen geschlossen, der Atem flach. Sie nahm Phetna das Handtuch ab, ging quer durch den Raum und begann sich anzuziehen.
Als Phetna wieder zu Devon hinüberblickte, schien er zu schlafen, doch sie glaubte sicher, daß ein glückliches Lächeln um seine Lippen spielte. Zufrieden murmelte sie vor sich hin: »Ein Junge, der schon wieder nach den Mädchen schielt, ist aus dem Gröbsten raus. Der stirbt nicht mehr.« Sie war sehr erleichtert, denn ihr hatte der Gedanke, daß einer von Slades Söhnen unter ihrer Obhut sterben könnte, ganz und gar nicht behagt.
Linnet kniete an Devons Lager. Sie strich über sein Haar und seine Ohren. »Er sieht besser aus, nicht wahr, Phetna? Sein Gesicht ist richtig rosig. Oder bilde ich mir das nur ein?«
Über Phetnas Gesicht flog ein Grinsen. »Doch, ich glaube, es geht ihm besser. Ich bin mir sogar ziemlich sicher.«
»Wirklich? Oh!« rief Linnet aufgeregt, aber ihre Begeisterung schwand schnell wieder. »Ich glaube es erst, wenn ich es selbst sehe. Wenn ich meinen Devon wiederhabe und nicht nur einen wunden Körper, der aussieht wie eine Puppe — so leblos und schlaff...«
»Och, als Puppe würde ich ihn nicht bezeichnen. Und leblos ist er schon gar nicht. Da bin ich wirklich ziemlich sicher.« Phetna stand auf. »So, jetzt haben wir genug gefaulenzt! Wir haben schließlich noch eine Menge zu erledigen. Fühlen Sie sich kräftig genug, Mädchen?«
»Mir geht es gut. Was müssen wir denn jetzt tun?«
»Wir müssen den Jungen nehmen und ihn aufsetzen, weil er ein bißchen von meinem Tee trinken soll. Und außerdem — ist Ihnen eigentlich klar, daß er seit dem Brand kein Wasser mehr gelassen hat?«
Obwohl sie sich für diese Reaktion schämte, lief Linnet rot an. Phetna betrachtete schmunzelnd das verlegene Gesicht der jungen Frau. »Ich habe es Ihnen schon mal gesagt — einen Mann mit so starken Verbrennungen zu pflegen, ist keine angenehme Aufgabe! Und jetzt legen Sie die Kissen auf die Bank, wir heben ihn drauf. Ich zeige Ihnen schon, wie wir’s machen müssen.«
Nach langen qualvollen Minuten gelang es ihnen unter Anspannung all ihrer Kräfte, Devon auf die schmale Bank zu hieven. Es dauerte deshalb so lange, weil sie die Brandwunden nicht
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