Rendezvous mit einem Mörder
anderes sage.«
»Was für Tagebücher?«, fragte er sie augenzwinkernd und schickte ihr eine Kusshand, bevor Feeney ihn rüde zur Seite schob.
»Ich fahre jetzt zurück ins Büro. Aber wir bleiben in Verbindung.«
»In Ordnung.« Eve schaltete das Handy wieder aus und schob es zurück in ihre Tasche.
Roarke wartete ein paar Sekunden. »Lieutenant Sugar?«
»Halt die Klappe.« Trotzdem schaffte sie es nicht ganz, das selbstzufriedene Grinsen aus ihrem Gesicht zu wischen, ehe sie die Augen schloss.
Nach der Landung war sie gezwungen zuzugeben, dass Roarkes Name sie schneller weiterbrachte als ihre Dienstmarke. Innerhalb weniger Minuten saßen sie in einem leistungsstarken Mietwagen, der die Kilometer bis Front Royal regelrecht zu fressen schien. Sie hätte dagegen protestieren können, auf den Beifahrersitz verbannt worden zu sein, aber er fuhr wirklich gut.
»Bist du jemals beim Indy-Race gefahren?«
»Nein.« Der Wagen preschte mit beinahe hundertsechzig über die Route 95. »Aber bei ein paar Grand-Prix-Rennen.«
»Hätte ich mir denken können.« Sie klopfte mit dem Finger auf den Schalthebel, als er den Wagen eine steile Anhöhe hinauftrieb und dann gewagt – und verbotenerweise – über eine kurze Autoschlange hinwegfliegen ließ. »Du sagst, Richard ist ein guter Freund. Wie würdest du ihn beschreiben?«
»Intelligent, treu sorgend, ruhig. Er macht nur dann den Mund auf, wenn er wirklich etwas zu sagen hat. Steht im Schatten seines Vaters, mit dem er ziemlich häufig Streit hat.«
»Wie würdest du seine Beziehung zum Vater charakterisieren?«
Er brachte das Fahrzeug wieder auf den Boden, raste jedoch in einem solchen Tempo weiter, dass die Reifen kaum Kontakt mit der Straße hatten. »Den wenigen Äußerungen zufolge, die er selbst und Beth jemals über den Senator gemacht haben, würde ich sagen, dass es für Richard ein ständiger, frustrierender Machtkampf ist.«
»Und seine Beziehung zur Tochter?«
»Das Leben, das sie gewählt hat, stand in direktem Kontrast zu seinem eigenen Leben, seinen eigenen – wie soll ich sagen? – Vorstellungen von Moral. Er ist ein überzeugter Verfechter des Rechts auf freie persönliche Entfaltung und freie Meinungsäußerung. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendein Vater glücklich darüber ist, wenn seine Tochter ihren Lebensunterhalt dadurch verdient, dass sie sich an andere verkauft.«
»War er während der letzten Senatswahlen nicht der Sicherheitsbeauftragte seines Vaters?«
Wieder erhöhte er das Tempo, lenkte das Fahrzeug, während er etwas von einer Abkürzung murmelte, von der Straße und schwebte schweigend über ein kleines Wäldchen und ein paar Wohnhäuser in Richtung einer ruhigen Vorortstraße.
Inzwischen hatte Eve aufgehört zu zählen, wie viele Verkehrsverstöße er beging.
»Die Loyalität gegenüber der Familie ist ihm wichtiger als Politik. Ein Mann mit DeBlass’ Ansichten wird entweder inbrünstig geliebt oder aber aus tiefstem Herzen gehasst. Richard mag politisch anderer Meinung sein als er, aber trotzdem würde er kaum wollen, dass jemand den Senator ermordet. Und da er sich auf Sicherheitsrecht spezialisiert hat, ist es nur allzu logisch, wenn er seinen Vater in diesen Belangen unterstützt.«
Ein Sohn, der seinen Vater schützte, überlegte Eve. »Und wie weit würde DeBlass gehen, um seinen Sohn zu schützen?«
»Wovor? Richard ist ein durch und durch moderater Mensch. Er hält sich immer diskret im Hintergrund und erledigt seine Arbeit gut, aber ohne jedes Aufheben. Er – « Plötzlich wurde Roarke die Bedeutung der Frage bewusst. »Du liegst falsch«, knurrte er regelrecht erbost. »Du liegst vollkommen falsch.«
»Das werden wir ja sehen.«
Das Haus auf dem Hügel wirkte friedlich. Unter dem kalten blauen Himmel lag es ruhig und warm inmitten der ausgedehnten winterlichen Rasenflächen, aus denen sich allmählich ein paar mutige Krokusse hervorwagten.
Doch wie so häufig trog auch hier der angenehme Schein. Eve wusste, das hier war nicht das Zuhause einer wohlhabenden, glücklichen, geordneten Familie. Sie wusste, was hinter den rosigen Mauern und den hellen Fenstern vorgegangen war.
Elizabeth persönlich machte ihnen auf. Wenn es überhaupt sein konnte, so war sie noch bleicher und noch ausgezehrter als bei Eves vorherigem Besuch. Ihre Augen waren vom Weinen verquollen und der männlich geschnittene Anzug hing ihr auf Grund ihres Gewichtsverlustes lose um die Hüften.
»Oh, Roarke.« Als sich
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