Rendezvous mit Mr Darcy
gewesen, es ihm nicht zu sagen, so wie es falsch gewesen war, mit Henry alleine gewesen zu sein, wodurch sie überhaupt erst an das Mittel herangekommen war. Er sah ihr tief in die Augen, und sie hatte das Gefühl, wieder in diesen Kaninchenbau zu fallen.
Sie wollte ihn nicht enttäuschen – doch sie musste das Geld gewinnen, wenngleich sie dieses Motiv aus irgendeinem Grund immer wieder vergaß. Ihre Prioritäten hatten sich verändert, daran bestand kein Zweifel. Sebastian war ihr tatsächlich wichtiger geworden als das Geld.
Glücklicherweise war der Tanz vorüber. Er verbeugte sich, und als sie nach ihrem Knicks wieder hochschaute, entdeckte sie endlich Henry wieder. Er ging vor einem bodentiefen Fenster auf und ab wie ein Tiger im Käfig. Der Luftzug, den er dabei verursachte, ließ die Kerzen ausgehen, und ein ungehalten blickender Diener zündete sie daraufhin wieder an.
»Mögen Sie vielleicht ein Glas Punsch, Miss Parker?«, fragte Sebastian. Er nahm ihren Arm und führte sie von Henry weg zum anderen Ende des Saals, wo das Orchester hinter dem Formschnitt saß. Der lebhafte englische Reel, den sie gerade spielten, wurde lauter, je näher sie kamen, und sie konnten ihr eigenes Wort nicht verstehen, weshalb es sinnlos war, überhaupt etwas zu sagen. Sie hakte sich bei ihm unter, während sie zu den Tischen mit den Erfrischungen in den Wintergarten gingen, wo die Menschen dicht gedrängt unter Palmen, die sich in riesigen Keramiktöpfen befanden, standen.
Gerade als sie den Raum durchqueren wollten, in dem der Wein, nach dem Chloe sich sehnte, auf sie wartete, tauchten plötzlich Grace und ihre Anstandsdame auf und versperrten ihnen den Weg.
»Ich habe Sie überall gesucht«, schimpfte Lady Martha Chloe aus, als wäre diese ein Kind. »Einer Frau ist es nicht gestattet, alleine auf einem Ball zu sein. Das wäre Grund genug, Sie nach Hause zu schicken.« Empört legte sie eine Hand an die Hüfte.
»Ich bin nicht alleine«, wandte Chloe kühl ein. »Ich bin mit Lady Anne Wrightman hier.«
Grace und Lady Martha schauten sich an. Lady Marthas Blick wanderte wieder hinüber zu Chloe. »Lady Anne würde einen Umgang mit solchen Leuten wie …«
»Miss Parker ist mit mir zusammen hier.« Lady Anne – auch bekannt als »Köchin« – tauchte wie aus dem Nichts auf und hakte sich bei Chloe unter.
Grace und Lady Martha knicksten, während es ihnen sichtbar schwerfiel, ihre Enttäuschung zu unterdrücken.
Sebastian nahm Lady Annes Hand und küsste sie. »Wie schön, dich wiederzusehen.«
Lady Anne lächelte ihn an, wandte sich aber der Anstandsdame von Grace zu. »Ich muss bald zurück nach Bridesbridge, dann werde ich Ihnen Miss Parker wieder übergeben.«
»Sehr wohl.« Grace und Lady Martha knicksten noch einmal zu Lady Anne hin und begaben sich wieder in den Ballsaal. Chloe lachte auf. Die beiden legten plötzlich ein derart kriecherisches Verhalten Lady Anne gegenüber an den Tag, die sie früher, als diese nur als die »Köchin« gegolten hatte, keines Blickes für würdig erachtet hatten.
Sebastian brachte Chloe und ihrer Begleiterin einen Kelch mit Punsch.
Gerade als Chloe den Kelch an ihre Lippen führte, wandte sich Lady Anne dem Ballsaal zu. »Ich muss mich hinsetzen. Lassen Sie uns gehen.« Sie nahm Chloes Arm, die ihren Punsch Sebastian zurückgab, ohne daran genippt zu haben. Dieser zögerte keinen Augenblick, sowohl ihr als auch sein Glas zu leeren.
Als Lady Anne einen Sitzplatz gefunden hatte, stellte Chloe fest, dass Sebastian verschwunden war. Gerade als sie ihr Kleid glattstrich, um sich hinzusetzen, entdeckte sie beide, Sebastian und Henry, auf der Tanzfläche. Sebastian tanzte zu »Upon a Summer’s Day« mit Grace, während Henry mit einer ebenso hübschen wie auch aufgeweckt aussehenden Partnerin tanzte, wahrscheinlich der Ärztin aus London, mit der er bekannt gemacht worden war.
Chloe klopfte mit ihrem Fächer in ihre behandschuhte Hand. Sie beobachtete die rothaarige Ärztin, die zweifelsohne an dem Tag geduscht, ihre Zähne geputzt und richtiges Make-up aufgetragen hatte. Doch mehr noch als das Aussehen der Frau interessierte es sie, wie die beiden während des Tanzes miteinander sprachen, sich zunickten und lachten. Sebastian und Grace hingegen starrten sich nur an.
Chloe stand unruhig auf, setzte sich dann aber wieder und lächelte Lady Anne gequält an, die ihr Knie tätschelte.
Die Tanzpaare fingen an, einen Kreis für »Sellenger’s Round« zu bilden. Sie tanzten
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