Rendezvous mit Mr Darcy
William.«
»Sie machen Scherze.«
»Nein, mache ich nicht.«
George schaute sie an, als käme sie von einem anderen Stern. Und vielleicht war es auch so. Klar, George hätte das Geld genommen. Für ihn drehte sich alles ums Geld. Er war ein Schurke, so wie der Rest seines Teams. Wahrscheinlich schlief er mit seiner Assistentin, während seine Frau mit den Kindern in London war.
»Sie können jetzt nicht einfach gehen.«
»Doch, kann ich.«
»Sie müssen das Geld nehmen. So sind die Regeln. Wir werden es Ihnen zuschicken. Wir können es nicht behalten.«
»Wenn das die Regeln sind, dann sorgen Sie dafür, dass William die beste Behandlung erhält, die er für das Geld bekommen kann, und ich werde mir überlegen, ob ich den Rest nehme. Sollte ich tatsächlich etwas von dem Geld verwenden, werde ich es Ihnen im Laufe des Jahres zurückzahlen. Mit Zinsen.«
»Das werden wir nicht annehmen.«
»Dann werde ich es spenden – an den National Trust. An die Chawton House Library!« Es fühlte sich so gut an, von dem Lockmittel Geld befreit zu sein, und sie freute sich, ihr Geschäft in eine Zukunft zu lenken, ohne dabei auf fremde Hilfe jeglicher Art zurückzugreifen.
Chloe saß in der neuen Bluejeans, die ihr ihre Mutter aus den Staaten mitgebracht hatte, auf der Treppe von Bridesbridge Place und schaute nach ihren E-Mails. Viertausendsechshundertunddreiundzwanzig ungelesene E-Mails. Sie stand auf, als der Taxifahrer ausstieg.
»Hallo.« Der junge Fahrer lud ihr Handgepäck und den Koffer in den Kofferraum.
Die Flügeltüren von Bridesbridge Place öffneten sich hinter ihr. »Miss Parker – Chloe – warten Sie!« Mrs Cres-cent, mittlerweile in ihren richtigen Kleidern, sah fast … hip aus. Ihr Baby schlief in einer Babytrage, die vor ihre Brust geschnallt war. Chloe knickste aus reiner Gewohnheit, dann lachte sie und umarmte Mrs Crescent und das Baby.
»Ich werde Sie vermissen – beide.« Chloe küsste die Kleine auf den Kopf.
Mrs Crescent legte ihren Arm um Chloe. »Bitte, gehen Sie nicht. Bleiben Sie hier, nur heute Nacht. Immerhin haben Sie gewonnen! Sie haben alles herausgefunden! Und Sie wollen doch nicht wirklich das Preisgeld ablehnen, oder?«
»Ich bin einfach nur froh, dass genügend Geld da ist, um William operieren lassen zu können. Was mich angeht, ich habe ein paar Eisen im Feuer. Was ich hier in den wenigen Wochen gelernt habe, ist mehr wert als jeder Preis. Ich habe ein wirkliches Leben. Im Hier und Jetzt. Und ich fange besser heute als morgen damit an, es auch zu leben.«
»Bitte feiern Sie mit uns mit. Auf der Veranda von Dartworth Hall findet eine Abschiedsparty statt.« Sie betrachtete Chloe von oben bis unten. »Sie sehen toll aus.«
»Sie auch.«
»Ich glaube nicht, dass mich das Ganze so sehr verändert hat wie Sie. Aber Sie und Ihre Eltern müssen auf jeden Fall dabei sein.«
Chloe genoss ein letztes Mal den Anblick von Bridesbridge Place. »Meine Eltern sind gerade zu sehr damit beschäftigt, sich bei Lady Anne einzuschmeicheln –«
Der Taxifahrer unterbrach Sie. »Miss, tut mir leid, aber die Uhr läuft.«
»Nennen Sie mich nicht ›Miss‹ – bitte!«
Er ließ fast seine Zigarette fallen. Sie hatte seit Wochen niemanden mehr rauchen gesehen.
»Bin gleich da.« Sie drehte sich wieder zu Mrs Cres-cent um. »Wussten Sie, dass Lady Anne die wirkliche Mutter von Henry ist?«
»Die Sie übrigens anbetet. Nein, das wusste ich nicht. Niemand von uns wusste es. Nur Lady Anne, Sebastian, Henry und natürlich George. Aber Chloe, Sie müssen begreifen, dass Henry in seiner Welt von sehr vielen falschen Menschen umgeben ist. Von Frauen, die nur sein Geld wollen. Seinen Titel. Er dachte sich mithilfe von George dieses Spiel aus, um eine Frau zu finden, die ihn um seiner selbst willen lieben würde.«
Chloe spürte einen dicken Kloß im Hals. Sie ging in die Rauchwolke hinein, die der Taxifahrer mit seiner Zigarette eben hinterlassen hatte, und versuchte, dabei nicht einzuatmen. »Ich muss los, Mrs Crescent. Ich werde Ihnen eine E-Mail schreiben. Ich habe Ihre Adresse.«
»Aber Sie hassen E-Mails.«
»Jetzt nicht mehr.« Chloe drückte mit einem Lächeln auf das BlackBerry, sodass es aufleuchtete. »Ich kann es kaum erwarten, mir selbst eins zu kaufen! Hier, das können Sie meinem Vater zurückgeben.«
Der Taxifahrer öffnete ihr die Tür, und das Licht innen ging an. Das erste elektrische Licht seit Wochen. Elektrizität. Es war wie ein Wunder. Keine tröpfelnden Kerzen mehr.
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