Rendezvous mit Mr Darcy
abwischte.
»Das habe ich verdient, ich weiß. Aber Sie wissen schon, dass ich Sie liebe? Das hier ist kein Spiel mehr. Es gibt noch etwas, was ich Ihnen erzählen möchte. Ihre ›Köchin‹, Lady Anne, ist meine Mutter …«
In seinen Augenbrauen hing Clotted Cream, und Chloe konnte sich plötzlich vorstellen, wie er in vielen Jahren, als alter Mann mit weißen Augenbrauen, aussehen würde.
» Sie belog mich also auch? Wissen Sie was? Ich habe auch gelogen. Viel gelogen. Ich bin geschieden. Und ich habe eine kleine Tochter zu Hause. Was halten Sie davon? Sind das nicht auch alles Regelverstöße?«
Sie stemmte eine Hand in die Hüfte.
Er wischte sich die Clotted Cream aus den Augenbrauen. »Ich weiß über Ihre Tochter Bescheid. Genauso wie über Ihre Scheidung. Das sind keine Regelverstöße.«
Sie nahm einen großen Schluck ihres Kaffees. »Ich muss los. Ich werde Ihr Pferd nehmen.«
Henry verbeugte sich. »Natürlich. Darin sind Sie ja Meisterin. Im Weglaufen.«
Wenn ihr Kaffee nicht so gut geschmeckt hätte, hätte sie ihn damit überschüttet. Bei diesem Gedanken begann ihre Hand zu zittern.
»Ich laufe nicht weg. Ausnahmsweise einmal laufe ich zu etwas hin. Zu meinem wirklichen Leben. In der wirklichen Welt. Wo die Menschen – wirklich sind!« Sie stampfte wirkungslos mit ihren Kalbslederpumps auf den Boden.
Den Kaffee in der einen, die Tiara in der anderen Hand stürmte sie hinaus in … die Sonne? Wie konnte jetzt nur die Sonne scheinen?
Henry stand bereits im Eingang, seinen Mantel über die Schultern gelegt. »Trotz allem – ich glaube, was wir haben, ist wirklich. Es ist ein wirklicher Anfang …«
Sie hatte das Pferd in einer halben Sekunde losgebunden, befestigte den Samtbeutel am Sattelhorn, und stieg, das Kleid bis zu den Schenkeln hochgezogen, in den Herrensattel. Der nasse Sattel rieb gegen ihre Beine.
»Sie sind für mich genauso wirklich wie eine Figur aus einem der Romane von Jane Austen – nein, wie eine Figur aus einer schlechten Verfilmung ihrer Romane. Sie haben mich zum Narren gehalten. So wie ich Sie. Zwischen uns gab es nie etwas Wirkliches.«
Chloe warf ihren Kopf nach hinten. »Und es wird auch nie etwas geben.« Würde das doch nur alles von einer Kamera gedreht werden.
Henry trat auf sie zu. »Ich bin keine Figur aus einem Buch. Ich bin eine wirkliche Person. Die wirkliche Fehler macht. So wie Sie. Aber schauen Sie doch nur, was dabei herausgekommen ist – wir haben uns gefunden …«
»Ich glaube nicht, dass ich irgendjemanden gefunden habe – außer, wie das abgedroschene Klischee besagt, mich selbst.«
Sie zog an den Zügeln, um das Pferd zu wenden. Sie begann die Straße hochzureiten und warf einen letzten Blick auf Henry, der in seinen Reitstiefeln hinter ihr herlief. Das Pferd lief inzwischen im langsamen Galopp. Sie brauchte weder Sebastian noch Henry oder Winthrop oder irgendeinen anderen Mann. Sie war auf dem Weg nach Hause – nach Hause ins einundzwanzigste Jahrhundert, wo sie ihr Geschäft wieder in Schwung bringen und in die moderne Welt katapultieren würde. Die Ideen dazu hatte sie bereits.
Sie hatte bald festgestellt, dass sie auf der falschen Seite der Straße ritt. Nachdem sie auf die linke Seite gewechselt hatte, trieb sie das Pferd zu einem schnellen Galopp an. Autos und Lastwagen machten einen Bogen um sie, einige Fahrer hupten, andere starrten sie an, wiederum andere fluchten, doch sie hatte einen Plan. Und sie konnte es kaum erwarten, ihn umzusetzen.
Ohne sich noch einmal umzusehen, galoppierte sie aus dem einzigen englischen Dorf hinaus, in dem sie jemals gewesen war, ohne auch nur ein T-Shirt mit der Aufschrift ENGLAND als Mitbringsel für Abigail gekauft oder ein Pint im örtlichen Pub getrunken zu haben. Und auch ohne eine Idee zu haben, was sie tun würde, wenn sie wieder zurück auf Bridesbridge wäre.
22. K apitel
Die Scheinwerfer des schwarzen englischen Taxis wackelten, als es die Kiesauffahrt nach Bridesbridge hochfuhr. Die Gummireifen verursachten ein lautes, knirschendes Geräusch in der Dunkelheit. Chloe hatte das Taxi selbst vom BlackBerry ihres Vaters aus gerufen.
George hatte versucht, sie aufzuhalten. »Sie sind uns auf die Schliche gekommen. Sie haben herausgefunden, wer der wahre Mr Wrightman ist. Henry will Ihnen das Preisgeld geben. Sie haben es verdient.«
Sie schaute von ihrem hohen Ross auf George hinab. Die Kameras liefen. »George, ich will Henrys Geld nicht. Geben Sie es Mrs Crescent für die Operation von
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