Rendezvous mit Mr Darcy
Umschlag stand lediglich mit geschwungener Schrift Miss Parker geschrieben. Die Rückseite des Umschlags war mit einem eleganten roten W aus Wachs, das zweifelsohne für Wrightman stand, versiegelt worden. Chloe tastete über das W und öffnete dann mit einem bronzenen Brieföffner und zitternden Händen den Umschlag, ohne das W aus Wachs dabei zu beschädigen.
Liebe Miss Parker,
ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, Sie auf Bridesbridge Place und Dartworth Hall begrüßen zu dürfen. Beide Anwesen unterliegen zurzeit der Obhut meines ältesten Sohnes. Ich lebe inzwischen am Meer, da dies meiner Gesundheit zuträglicher ist. Mein Sohn ist ein wunderbarer Mensch, der, davon bin ich überzeugt, durch den von ihm eingeschlagenen Weg die richtige Partnerin für sein Leben finden wird. Ich bin sehr gespannt, was sich für ihn ergeben wird, und freue mich, Sie in naher Zukunft kennenzulernen.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt,
Lady Wrightman
Diese Frau schien auf jeden Fall viel netter zu sein als Chloes Exschwiegermutter. Natürlich entstammte Mr Wrightmans Mutter einer höflichen, gebildeten Familie mit Titel, und sie wollte sicherlich das Beste für ihren Sohn, wie jede andere Mutter. Der Vater von Mr Wrightman war steinreich, wie Mrs Crescent erwähnt hatte, trug aber keinen Titel, ebenso wie Mr Darcys Vater. Chloe bekam ein schlechtes Gewissen, weil sie Mr Wrightman vor allem wegen des Geldes für sich gewinnen musste. Puh, war es warm hier oben!
Sie öffnete die Flügelfenster, um kühlere Luft hereinzulassen. Dabei fiel ihr Blick auf einen Teich hinter den Gärten von Bridesbridge, der im Licht der mittäglichen Sonne schimmerte. Sie hätte in diesem Moment alles getan, nur um ein paar Minuten ihre Füße darin baumeln lassen zu können.
Die Kammerzofe klopfte an, öffnete die Tür und ging schnurstracks auf den Nachttopf zu, während der Kameramann ihr folgte.
»Entschuldigung«, sagte Chloe, »könnte ich ein Bad nehmen?«
»Gebadet wird nur sonntags, Miss.« Die Kammerzofe nahm den Nachttopf und den Korb mit den benutzten Lappen.
Chloe zog die Vorhänge weiter zurück, um einen besseren Blick auf den Teich zu haben. »Aber – heute ist Montag.«
»Das stimmt, Miss. Gebadet wird nur einmal in der Woche.«
Chloe brauchte eine Minute, um diese Nachricht zu verdauen.
»Wie Sie wissen, müssen die Diener das Wasser pumpen, es erhitzen und dann in Eimern die Treppe hochtragen. Gebadet wird sonntags.«
»Bah!«, platzte Chloe heraus.
»Wie bitte, Miss?«
»Könnte ich dann mehr Wasser und Seife haben?«
»Mit der Seife müssen Sie die nächsten beiden Wochen auskommen, denn der Krämer kommt erst danach wieder vorbei. Ich werde einen Diener rufen, um Ihnen frisches Wasser bringen zu lassen.« Sie nickte und brachte den Nachttopf weg. Wohin nur, fragte sich Chloe. Der Kameramann folgte der Kammerzofe. Anscheinend war Chloes Nachttopf interessanter als Chloe selbst.
Chloe richtete ihren Blick wieder auf das Wasser, das in der Ferne glitzerte. Sie ging vor den Fenstern mit den gelben Vorhängen auf und ab und versuchte, der Situation etwas Positives abzugewinnen. Es gab kein fließendes Wasser. Sie würde Zeit zum Malen haben, es würde einen Ball und mehrere Abendessen bei Kerzenlicht auf Dartworth Hall geben.
Sie blieb stehen und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Mein Gott, sie war fast vierzig und Mutter. Warum konnte sie nicht erwachsen werden und den Traum an ein Märchen aufgeben? Kein Bad bis Sonntag. Nachttöpfe. Kein Telefon, um Abigail anzurufen. Gewehrkugeln. Egel. Grace, ihre durchgeknallte Mitbewohnerin. Eine kurz vor der Geburt stehende Anstandsdame. Und ein Mr Wrightman, der ihre Erwartungen zu-nichte machte. Sie stellte sich ihn dunkelhaarig und grüblerisch vor oder zumindest distanziert und war erstaunt, dass er zugänglich und fürsorglich zu sein schien, wenngleich seine linke Gehirnhälfte für ihren Geschmack etwas zu dominant war. Dennoch, wie sollte sie es schaffen, einen Mann für sich zu gewinnen, ohne die geringste Aussicht auf ein Bad in den nächsten sechs Tagen? Wenn sie als Siegerin aus dieser Show hervorgehen wollte, musste sie die Sache aktiv angehen, und dafür musste sie zumindest gut riechen.
Etwas Nasses schnupperte an Chloes Bein herum.
Fifi arbeitete sich mit seiner Nase unter ihr Kleid, schnüffelte an ihr herum und leckte ihr Bein. Chloe zog sich ihre Schnürstiefel an, griff nach der Seifenkugel und einem Leinentuch und war schon im Flur
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