Rendezvous mit Mr Darcy
den Flur hinunterzugehen, während der Kameramann ihr folgte.
»Darf ich etwas sagen?« Mrs Crescent tupfte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Sie flüsterte: »Ich bin so erleichtert, dass Sie eine Kämpferin zu sein scheinen. Bisher habe ich es noch nicht erlebt, dass ihr jemand derart Paroli geboten hat. Wissen Sie, wir haben eine Chance zu gewinnen. Eine große Chance!«
»Was meinen Sie mit, ›wir‹ haben eine Chance zu gewinnen?« Fifi schnupperte unter Chloes Arm, den sie daraufhin wegzog.
»Wir verfolgen dieses Ziel gemeinsam! Sie wissen doch bestimmt, dass Ihr Vater mich engagiert hat, eine passende Partie für Sie zu finden, und wenn Mr Wrightman Ihnen einen Antrag macht, dann erhalte ich fünfhundert Pfund.«
Chloes richtiger Vater hatte kein einziges Pfund übrig, sodass dies wohl Teil des Drehbuchs sein musste. Es klang glaubhaft, da Chloe wusste, dass bemühte Väter während des Regency häufig Anstandsdamen engagierten, die einen vorher festgelegten Betrag ausbezahlt bekamen, sobald sie ihren Schützling verheiratet hatten.
Somit war Chloes Sieg ein wahrer Ansporn für Mrs Crescent.
Mrs Crescent flüsterte. »Ich erhalte fünfhundert Pfund von Ihrem Vater und zehntausend von der Show, wenn wir gewinnen, und ich muss unbedingt gewinnen. Das ist alles, was ich im Moment dazu sagen kann.« Niedergeschlagen seufzte sie: »Sie wissen nicht, wie es ist, Mutter zu sein – Sie haben keine Kinder.«
Chloe blickte auf ihre flachen Ballerinas. Abigail hatte früher Ballett getanzt, bevor sie den Hip-Hop für sich entdeckt hatte.
Eine andere Kamera kam herein; dieses Mal mit einer Frau.
Mrs Crescents Tonfall veränderte sich, als sie lauter sprach. »Nun, ich habe vier Kinder, und ein weiteres ist unterwegs.« Sie tätschelte ihren umfangreichen Bauch. »Unser fünfjähriger Sohn muss nach Meinung des Arztes dringend operiert werden.«
Fifi leckte Chloes Arm, woraufhin Chloe über die Stelle rieb. »Weswegen?«
»Um einen Knoten im Hals zu entfernen. Er war schon immer krank, doch unsere finanziellen Mittel sind erschöpft, sodass wir keine weitere Behandlung bezahlen können. Der Arzt bei uns zu Hause hat eine lange Warteliste, wir möchten aber, dass er so schnell wie möglich operiert wird. Deshalb müssen wir in die Stadt, was zusätzliche Kosten für uns bedeutet.«
Litt Mrs Crescents Sohn im realen Leben wirklich unter einer Krankheit? Oder war das nur Teil ihrer Rolle? Chloe wusste, dass es bei einer staatlichen Krankenversorgung häufig zu langen Wartelisten für einen Eingriff kam, und überlegte, die Crescents würden vielleicht alles beschleunigen wollen, indem sie die Operation in einer privaten Klinik vornehmen ließen und sie aus eigener Tasche bezahlten. Sie versuchte, mit Mrs Crescent Blickkontakt aufzunehmen, doch die besorgte Mutter schaute wehmütig zum Fenster hin.
»Ich zähle auf dieses Geld.« Mrs Crescent legte ihre Hand auf Chloes Knie. Sie sah Chloe in die Augen. »Meine ganze Familie zählt darauf.«
An ihrer Geschichte musste etwas Wahres dran sein. »Wie heißt Ihr Sohn?«
»William«, antwortete Mrs Crescent spontan. Sie öffnete ein Medaillon, das um ihren Hals hing, und zeigte auf das winzige Porträt eines blondgelockten Jungen.
»Er sieht aus wie ein kleiner Amor.«
Mrs Crescent schloss das Medaillon und rieb es mit den Fingern. »Er ist ein Schatz. Sie können sich nicht vorstellen, wie schwer es ist, wochenlang von ihm getrennt zu sein.«
Schweißperlen liefen Chloes Rücken hinunter. »Das ist es bestimmt.«
Mrs Crescent stand auf und watschelte zur Tür. »Durch Kinder werden die Prioritäten im Leben neu gesetzt. Nun, heute Abend werden Sie die restlichen Frauen kennenlernen, Fifi und ich können Ihnen in der Zwischenzeit Bridesbridge zeigen.«
Chloe wollte mehr über den kleinen William erfahren, doch der Rundgang durch Bridesbridge nahm sie schon bald völlig gefangen. Alles war so beeindruckend, vom Salon mit seinem Pianoforte bis hin zum Gemüsegarten, in dem Dill, Lavendel und Basilikum in großer Fülle wuchsen und gediehen.
»Könnten Sie mir bitte das – Wasserklosett zeigen, Mrs Crescent? Dieser ganze dünne Tee scheint eine treibende Kraft zu haben.«
Mrs Crescent führte Chloe ohne ein weiteres Wort zurück in ihr Boudoir, wo sie wortlos auf das unterste Regal einer Anrichte zeigte, auf der ein Porzellangefäß in der Form einer Soßenschüssel stand, nur etwas größer, und darunter ein Leinentuch lag. Chloe hob die
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