Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
verhindern, dass dies...«
    Pereras Stimme versank plötzlich in einem Flüsterton, seine Augen blickten stumpf. Er wirkte, als stehe er kurz vor einem epileptischen Anfall oder einem Herzinfarkt. Seine Kollegen beobachteten ihn voller Unruhe; dann erholte sich Dr. Perera plötzlich wieder, schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: »Aber natürlich! Das erklärt alles! Die Klippe am Südufer - jetzt hat sie einen Sinn!«
    »Also für mich nicht«, knurrte der Botschafter vom Mond und sprach damit allen anwesenden Diplomaten aus dem Herzen.
    »Betrachten Sie diesen Längsquerschnitt von Rama«, fuhr Perera aufgeregt fort, während er seine Karte aufklappte. »Haben Sie Ihre Exemplare vor sich? Die Zylindrische See wird von zwei Uferklippen begrenzt, die ganz um das Innere von Rama herumreichen. Das Nordufer ist nur fünfzig Meter hoch. Die südliche Klippe dagegen ist fast einen halben Kilometer hoch. Wozu diese große Differenz? Keinem ist bisher eine vernünftige Erklärung dafür eingefallen.
    Aber nehmen wir einmal an, dass Rama in der Lage ist, sich vorwärts zu treiben - dass er sich mit dem Nordende nach vorn beschleunigt. Dann würde das Wasser in der Zylindrischen See nach hinten drängen; der Wasserspiegel im Süden würde ansteigen - vielleicht Hunderte von Metern hoch. Und dazu das Steilufer. Moment mal...«
    Perera begann hastig zu kritzeln. Nach erstaunlich kurzer Zeit - es konnten kaum mehr als zwanzig Sekunden gewesen sein - blickte er triumphierend auf.
    »Da wir die Höhe dieses Steilufers kennen, können wir die Maximalbeschleunigung berechnen, die Rama aushalten kann. Wenn es sich um mehr als zwei Prozent der Schwerkraft handelte, würde nämlich die See auf den südlichen Kontinent hinüberschwappen.«
    »Ein fünfzigstel g? Das ist nicht sehr viel.«
    »Doch, das ist es. Für eine Masse von zehn Millionen Megatonnen. Mehr braucht man nicht für astronomische Manöver.«
    »Besten Dank, Dr. Perera«, sagte der Botschafter des Merkurs. »Sie haben uns eine ganze Menge zu denken gegeben. Herr Präsident, können wir Commander Norton klarmachen, wie wichtig es ist, das südpolare Gebiet zu untersuchen?«
    »Er tut sowieso sein Bestes. Die See bildet natürlich ein Hindernis. Sie versuchen gerade eine Art Floß zusammenzubauen - um wenigstens bis New York zu kommen.«
    »Der Südpol ist wahrscheinlich sehr viel wichtiger. Unterdessen denke ich daran, diese Angelegenheit der Generalversammlung vorzulegen. Ich habe doch Ihr Einverständnis?«
    Es gab keine Einwände, nicht einmal von Dr. Taylor. Doch gerade als die Ratsmitglieder ihre Konferenzschaltungen ausknipsen wollten, hob Sir Lewis die Hand.
    Der alte Historiker meldete sich nur sehr selten zu Wort, doch wenn er es tat, dann hörten ihm alle zu.
    »Angenommen, wir stellen wirklich fest, dass Rama - aktiv ist und diese Möglichkeit besitzt. Im Militärbereich gibt es einen alten Lehrsatz, der besagt, dass die Fähigkeit nicht notwendig auch die Absicht bedeutet.«
    »Und wie lange sollten wir Ihrer Ansicht nach warten, um diese Absichten Ramas herauszufinden?«, fragte der Hermianer. »Wenn wir sie entdecken, kann es bereits viel zu spät sein.«
    »Es ist bereits zu spät. Wir können Rama durch gar nichts beeinflussen. Übrigens zweifle ich daran, dass wir das jemals gekonnt hätten.«
    »Dem kann ich nicht zustimmen, Sir Lewis. Es gibt vieles, was wir unternehmen könnten - falls sich dies als notwendig erweisen sollte. Aber die Zeit ist beängstigend knapp. Rama ist ein kosmisches Ei, das von der Sonnenwärme ausgebrütet wird. Es kann in jedem Augenblick ausschlüpfen.«
    Der Vorsitzende des Rama-Komitees blickte den Botschafter des Merkurs mit unverhohlenem Erstaunen an. Selten in seiner diplomatischen Laufbahn hatte ihn etwas dermaßen überrascht. Er hätte es sich nie träumen lassen, dass ein Hermianer sich zu solchen poetischen Höhenflügen aufschwingen würde.

20 Die Offenbarung des Boris Rodrigo
    Wenn einer seiner Leute Norton mit >Commander< anredete oder, noch schlimmer, mit >Mister Norton<, dann wurde es immer ernst. Und da er sich nicht erinnern konnte, dass Boris Rodrigo ihn je zuvor so angesprochen hatte, musste es sich diesmal um etwas besonders Ernstes handeln. Kapitänleutnant Rodrigo war auch unter normalen Umständen ein äußerst seriöser und nüchterner Mensch.
    »Was gibt's, Boris?«, fragte Norton, als die Kabinentür hinter ihnen zufiel.
    »Commander, ich möchte gern um Ihre Erlaubnis bitten, die

Weitere Kostenlose Bücher