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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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beziehen müssen - vielleicht eine mit einem Aphelium auf der Erdbahn. Dort könnte Rama dann erneut die Geschwindigkeit ändern und eine Begegnung mit der Erde herbeiführen.«
    Dies war beunruhigend plausibel. Wenn Rama im Sonnensystem verbleiben wollte, dann tat er genau das Richtige. Die wirksamste Bremsmethode bestand tatsächlich darin, der Sonne so nahe wie möglich zu kommen und dort das Bremsmanöver durchzuführen. Wenn Rodrigos Theorie - oder eine Variante davon - irgendeinen wahren Kern enthielt, würde sich dies bald herausstellen.
    »Noch eins, Boris. Wer übt jetzt die Kontrolle in Rama aus?«
    »Es gibt kein Dogma darüber, an das wir uns halten könnten. Es könnte einfach ein Roboter sein. Oder es könnte sich um - einen Geist handeln. Das würde erklären, warum es keine Anzeichen für biologische Lebensformen gibt.«
    Der Gespensterasteroid - wieso war dieses Wort aus den Tiefen seiner Erinnerung aufgetaucht? Dann erinnerte Norton sich an eine alberne Geschichte, die er Vorjahren gelesen hatte; er hielt es jedoch für besser, Boris nicht zu fragen, ob sie ihm je unter die Augen gekommen sei. Er hegte berechtigte Zweifel, dass Boris' Geschmack in diese literarische Richtung ging.
    »Ich werde Ihnen sagen, was wir tun werden, Boris«, sagte Norton mit plötzlicher Entschlossenheit. Er wünschte diese Unterredung zu beenden, ehe sie zu schwierig wurde, und er dachte, er hätte einen guten Kompromiss gefunden.
    »Können Sie Ihre Vorstellungen in weniger als - sagen wir - tausend Bits zusammenfassen?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Gut, wenn Sie es fertig bringen, dass das wie eine handfeste wissenschaftliche Theorie klingt, dann schicke ich es mit Spitzenpriorität an das Rama-Komitee. Dann kann Ihre Kirche gleichzeitig eine Kopie erhalten, und alle sind glücklich und zufrieden.«
    »Danke, Commander, ich weiß das wirklich zu schätzen.«
    »Oh, ich tue dies nicht aus Gewissensgründen. Ich bin nur einfach ziemlich neugierig, was das Komitee damit anfangt. Auch wenn ich Ihren Gedankengängen nicht restlos folgen kann, Sie sind möglicherweise auf etwas Wichtiges gestoßen.«
    »Nun, das werden wir beim Perihelium wissen, nicht?« »Ja. Am Perihelium werden wir 's wissen.«
    Nachdem Boris Rodrigo gegangen war, rief Norton die Brücke und erteilte die nötigen Anweisungen. Er hatte das Gefühl, mit dem Problem ziemlich sauber fertig geworden zu sein. Im Übrigen, was war, wenn Boris recht hatte?
    Er, Norton, würde dann eventuell seine Chancen vergrößert haben, unter den Geretteten zu sein.

21 Nach dem Sturm
    Während sie den inzwischen wohlvertrauten Korridor des Luftschleusenkomplexes Alpha entlang trieben, fragte Norton sich, ob nicht ihre Ungeduld die Vorsicht über Gebühr in den Hintergrund gedrängt habe. Sie hatten achtundvierzig Stunden an Bord der Endeavour abgewartet - zwei volle kostbare Tage - und waren darauf vorbereitet gewesen, sich sofort abzudocken, falls die Umstände dies erforderten. Aber nichts war geschehen: Die auf Rama zurückgelassenen Instrumente hatten keinerlei außergewöhnliche Aktivität registriert. Zu ihrer Enttäuschung hatte ein Nebel die Sichtweite ihrer Fernsehkamera, die sie an der Nabe zurückgelassen hatten, auf ein paar Meter reduziert. Er begann sich erst jetzt aufzulösen.
    Als sie die letzte Luftschleuse bedient hatten und in das Gewebe der Gleitseile um die Nabe hinaus schwebten, war Norton anfänglich von der Veränderung des Lichts betroffen. Es war kein scharfes Blau mehr, sondern sehr viel weicher und freundlicher und erinnerte an einen hellen dunstigen Tag auf der Erde.
    Er blickte die Achse dieser Innenwelt entlang - aber er konnte nichts sehen außer einem schimmernden strukturlosen Tunnel von Weiß, das sich bis hinüber zu jenen seltsamen Bergen am Südpol erstreckte. Ramas Inneres war völlig von Wolken bedeckt, und nirgendwo war in der Decke ein Loch zu sehen. Die obere Grenze der Dunstschicht war ziemlich klar gezeichnet: Sie bildete innerhalb dieses größeren rotierenden Weltzylinders einen kleineren Zylinder, der einen Mittelkern von etwa fünf bis sechs Kilometern Durchmesser hatte. Dort war die Luft bis auf ein paar zerfaserte Zirruswölkchen sehr klar.
    Dieser riesige Wolkentubus wurde von unten her von den sechs künstlichen Sonnen Ramas beleuchtet. Wo die drei des nördlichen Kontinents lagen, war klar aus den diffusen Lichtstreifen ersichtlich, doch die anderen drei jenseits der Zylindrischen See verschwammen zu einem

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