Rendezvous mit Risiko (German Edition)
‚Blut ist dicker als Wasser‘, pflegte er zu sagen. Und dass man niemals seiner Familie den Rücken zukehren dürfe.“
Vielleicht, so dachte Virginia, ist das eine Erklärung dafür, dass Dillon zu so drastischen Maßnahmen gegriffen hat, um Wade zu rehabilitieren. Nicht dass sie ihm verziehen hätte, nur weil er einen Grund besaß. „Und was hat dein Vater dann getan?“
Dillon zuckte die Schultern. „Er versuchte jahrelang, eine feste Anstellung zu finden. Aber Dad ist der typische Rebell. Ein normales Leben passt ihm nicht, dazu ist er nicht häuslich genug. Er hat etwas Hartes, Gefährliches an sich, das die Menschen innerhalb von Sekunden spüren, wenn sie ihm begegnen.“ Wieder grinste er. „Den meisten Männern jagt es Angst ein, und es erregt die meisten Frauen.“
Das klingt, als hätte Dillon viel von seinem Vater, dachte sie, während sie ihn nachdenklich betrachtete. Er strahlte eine angeborene Arroganz aus, die ihn von den meisten Männern unterschied; ein Selbstvertrauen, das sich auf erheblich mehr gründete als auf bloße körperliche Kraft, Attraktivität und Tüchtigkeit. „Hattest du je Angst vor ihm?“, fragte Virginia.
„Nein, aber ich hatte häufig Angst um ihn. Es gab Zeiten, da war er sehr lange im Ausland – einen Monat oder länger. Das beunruhigte mich und machte mich nervös, aber er kam immer wieder.“
„Wer passte in dieser Zeit auf dich auf?“
„Dad hatte immer irgendeine Frau im Haus. Er zog sie an wie Honig die Bienen. Wenn er fortmusste, gab er einer von ihnen Geld, damit sie dafür sorgte, dass ich zur Schule ging und regelmäßig aß.“
Virginia konnte sich eine solches Leben nicht vorstellen. Obwohl sie wusste, wie grausam ihre Worte waren, sagte sie: „Vielleicht wäre es besser für dich gewesen, adoptiert zu werden. Zumindest hättest du dann jemanden gehabt, der mehr Zeit mit dir verbrachte!“
„Dad verbrachte mehr Zeit mit mir, als die meisten Kinder sich je erhoffen konnten. Er lehrte mich alles, was ich weiß – mich zu verteidigen, zu bekommen, was ich brauche, und für meine Familienangehörigen zu sorgen. Er brachte mir klare Wertvorstellungen bei und half mir, ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln.“ Dillons Blick war hart, fast anklagend. „Er hat mich viel über die Welt gelehrt.“
Sie hätte nicht fragen sollen. Mehr über Dillons Leben und seine Familie zu erfahren würde sie nur noch mehr an ihn ketten. Aber sie konnte die Frage einfach nicht zurückhalten. „Wenn er so ein wunderbarer Vater war, warum hat er dich dann allein gelassen?“
Als Dillon sich wieder abwandte, dachte Virginia, sie sei vielleicht zu weit gegangen. Doch dann antwortete er leise: „Dad wurde ein Agent, ein Söldner. Er tat weiter das, was er am besten konnte, aber er tat es, wann er es wollte … und für bedeutend mehr Geld.“
Aus irgendeinem Grund wollte sie zu ihm gehen und ihn umarmen. Aber ihn zu berühren wäre zu gefährlich für ihren Seelenfrieden. „Dein Vater war ein bezahlter Killer?“
„Das klingt, als wäre er ein Mörder.“ Er warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. „Es war nicht sein Job, Unschuldigen die Kehle durchzuschneiden. Meist ging es darum, jemanden aufzuspüren und zu verhaften. Oft war es sogar die Regierung, die ihn engagierte, für Aufträge, die offiziell niemals genehmigt worden wären. Nicht immer allerdings. Er hat auch für andere Agenturen gearbeitet. Und er hat sie nie enttäuscht.“
„Das klingt, als wärst du stolz auf ihn.“
„Ich weiß nicht, ob ‚stolz‘ das richtige Wort ist. Aber ich weiß, dass mein Vater tat, was nötig war, damit er mich behalten konnte. Er sorgte dafür, dass ich begriff, wie sehr er mich liebte, und dass ich das Wichtigste in seinem Leben war. Ich habe immer gewusst, dass er für mich da war. Egal, ob ich im Recht oder im Unrecht war, er hat mich immer unterstützt.“ Dillon schwieg einen Moment, um dann hinzuzufügen: „Das ist es, was eine Familie ausmacht. Bedingungslose Unterstützung.“
Virginia hatte nie in solchen Begriffen über ihre Familie nachgedacht. Sie wusste, dass ihre Eltern sie geliebt hatten, selbst wenn sie nie ihr Lieblingskind gewesen war. Aber Dillon sprach, als wäre das Leben wie ein Krieg, voller Risiken, Gefahren und Intrigen. Vielleicht war es für ihn auch so gewesen, wenn man bedachte, wie er aufgewachsen war. Sie zögerte nur kurz, bevor sie ihre nächste Frage stellte: „Bist du in die Fußstapfen deines Vaters getreten? Hast du dich
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