Rendezvous mit Übermorgen
das alles, alles anders.« Er blickte Francesca an, die durch nichts zu erkennen gab, dass sie ihm auch nur zuhörte. »Damals, zu einer Zeit, als ich noch an die Liebe glaubte«, setzte er lauter hinzu. »Bevor ich Verrat kennenlernte ... und deine Karrieregeilheit und hemmungslose Egozentrik.«
Er riss das Steuer des Rover wild nach links und hielt etwa vierzig Meter westwärts von den Bioten an. Francesca sprang aus dem Sitz, ohne ihn eines Wortes zu würdigen. Sekunden später überschüttete sie über Sprechfunk Dr. Brown und Wakefield mit ihren Wünschen für die Videoaufnahmen der Fangaktion. Dr. Takagishi bedankte sich in gewohnter höflicher Weise bei Reggie Wilson dafür, dass er den Rover gefahren habe.
»Wir kommen rüber«, rief Tabori von oben. Beim zweiten Versuch brachte er das baumelnde Netzgeflecht exakt in Position. Das »Netz« war diesmal ein schwerer, etwa zwanzig Zentimeter großer Ball mit einem Dutzend kleiner Löcher oder Einbuchtungen an der Oberfläche. Es senkte sich langsam über die Mitte des Rückenpanzers eines der äußeren Bioten. Dann schoss Janos aus dem schwebenden Hubschrauber eine Salve von Befehlen an den Prozessor im Netz ab und bewirkte so die Entfaltung der in dem Ball festgepackten Metallstreifen. Die Krebsformation blieb reglos, während sich diese Streifen um den Zielbioten wickelten.
»Was halten Sie davon, Inspektor?«, quäkte Janos Wakefield im zweiten Hubschrauber zu.
Richard beobachtete die seltsame Apparatur. Das dicke Stahlseil hing an einem Ringsteiper am Heck des Hubschraubers. Fünfzehn Meter weiter unten setzte der Metallball auf dem Rückenschild des Zielbioten auf, und die Filamente aus seinem Innern schoben sich vor und umgaben den Rückenpanzer von allen Seiten. »Sieht gut aus«, erwiderte Richard. »Und jetzt geht es nur noch um das eine Problem: Ist der Kopter starker als die Kollektivhaltekraft dieser Dinger?«
David Brown gab Irina Turgenjew den Befehl, die Beute hochzuhieven. Behutsam erhöhte sie die Umdrehungszahl der Tragflügel und versuchte aufzusteigen. Das Seil straffte sich, doch bei dem Bioten war keine Bewegung auszumachen. »Also, entweder sind die Dinger sehr schwer«, sagte Wakefield, »oder sie klammern sich irgendwie am Boden fest. Versucht es mal mit 'nem scharfen Ruck.«
Die plötzliche Spannung im Tragseil hievte die ganze Biotenphalanx kurzfristig nach oben. Der Hubschrauber kämpfte gegen die Gewichtsmasse an, als er alle Bioten zwei, drei Meter vom Grund gehoben hatte. Die zwei nicht mit dem Zielobjekt verklammerten Bioten fielen zuerst ab, wenige Sekunden nach dem Anhieven, und stürzten zu einer reglosen Masse zusammen. Die anderen drei Krebse hielten sich länger, insgesamt zehn Sekunden, ehe sie ebenfalls die Verklammerung an ihren Genossen lösten und abstürzten. Es gab allgemeine Freudenrufe und Glückwünsche, als der Hubschrauber an Höhe gewann.
Francesca filmte den Fang aus etwa zehn Metern Entfernung. Nachdem die letzten drei Bioten, darunter der Leitbiot, den Klammergriff gelöst hatten und zu Boden gestürzt waren, legte sich Francesca weit nach hinten, um den Flug des Hubschraubers zu filmen, wie er mit seiner Beute dem Gestade der Zylindersee zustrebte. Sie brauchte immerhin zwei, drei Sekunden, bevor ihr bewusst wurde, dass alle sie anschrien.
Als der Führungskrebs und seine letzten zwei Kameraden auf dem Grund auftrafen, waren sie nicht zerschellt. Sie waren zwar leicht beschädigt, aber aktionsfähig und kurz nach dem Aufprall bereits wieder in Bewegung. Und während Francesca noch den abfliegenden Hubschrauber filmte, spürte der Leit-Biot ihre Anwesenheit auf und setzte sich in ihre Richtung in Bewegung. Die beiden anderen folgten ihm mit einer Länge Abstand.
Sie waren nur noch knapp vier Meter von ihr entfernt, als Francesca, die eifrig weiterfilmte, schließlich begriff, dass sie selbst inzwischen die Beute geworden war. Sie drehte sich um und begann zu laufen. »Schlagen Sie einen Haken!«, brüllte Richard Wakefield in den Kommunikator. »Die können nur geradeaus!«
Francesca rannte im Zickzack weg, aber die Bioten blieben ihr dicht auf den Fersen. Der erste Adrenalinstoß erlaubte ihr, die Distanz auf zehn Meter auszudehnen. Doch als sie dann abschlaffte, begannen die Bioten erbarmungslos aufzuholen. Sie glitt aus und wäre fast gestürzt, und als sie wieder laufen konnte, lag der Leitbiot nicht mehr als drei Meter hinter ihr.
Reggie Wilson war sofort zum Rover gestürzt, als klar war,
Weitere Kostenlose Bücher