Rendezvous mit Übermorgen
lokalisiert habe«, wandte Richard ein. »Ich will nur noch feststellen, ob wir nicht was Entscheidendes übersehen. Ich brauche höchstens noch eine Stunde oder so.«
Nicole ließ das Packen sein und setzte sich neben Richard vor den Bildschirm. Und was da lief, war in der Tat interessant. Einige der Bilder waren Außenansichten, die meisten jedoch Aufnahmen der verschiedenen Regionen innerhalb Ramas, einschließlich der unterirdischen Höhlensysteme. Eine besonders eindrucksvolle Aufnahme war von der Stirnseite des großen Raumes aus gemacht worden, in dem die »heißen« Kugeln in ihrem schwammigen Schutzmantel unter dem herabhängenden Flechtwerk auf dem Boden ruhten. Sie betrachteten das Bild eine Weile, in der Hoffnung eine schwarzgoldene Tentakelspinne zu entdecken, aber es war nirgends eine Bewegung auszumachen.
Sie hatten fast die ganze Liste durch, als eine Aufnahme vom unteren Drittel der Alpha-Treppe sie beide wie ein Schlag traf. Da waren vier offensichtlich menschliche Gestalten in Raumanzügen, die über die Treppe herabstiegen. Richard und Nicole schauten ihnen atemlos fünf Sekunden lang zu, dann brach die Freude aus ihnen heraus. »Sie kommen!«, schrie Richard und fuchtelte mit den Armen durch die Luft. »Wir werden hier rauskommen!«
51 Rettungsgurte
Richard wurde immer ungeduldiger. Er hatte mit Nicole über eine Stunde auf dem Wall von New York gestanden und den Himmel nach dem Hubschrauber abgesucht. »Wo blieben die denn, verdammt nochmal?«, knurrte er. »Im Rover braucht man doch bloß 'ne Viertelstunde von der Alpha-Treppe zum Beta-Camp.« »Vielleicht suchen sie woanders«, sagte Nicole ermunternd.
»Das ist lächerlich. Sie würden ganz bestimmt zuerst nach Beta gehen - und auch wenn sie das Comm-System nicht reparieren könnten, würden sie dort wenigstens meine letzte Nachricht vorfinden. Ich hinterließ dort, dass ich mit einem der Motorboote nach New York fahren wollte.«
»Vielleicht wissen die ja, dass sie mit dem Hubschrauber nirgendwo in New York landen können, und kommen selber mit einem Boot rüber.«
»Ohne dass sie zuerst versuchen, uns aus der Luft aufzuspüren? - Unwahrscheinlich!« Richard blickte auf die See, spähte nach einem Segel. »Ein Boot, ein Boot, mein Königreich für ein Boot!«
Nicole lachte. Richard verzog das Gesicht nur zu einem dünnen Grinsen. »Zwei Mann könnten das Segelboot in der Gerätehütte in Beta in einer halben Stunde zusammenbauen«, nörgelte er. »Verdammt, wieso brauchen die so lange!«
Verärgert schaltete er den Sender seines Kommunikators ein. »Also,jetzt hört mal zu, ihr laschen Typen! Wenn ihr irgendwo in der Nähe der Zylindersee seid, meldet euch! Und dann macht mal Dampf und schaut, dass ihr schleunigst hier rüberkommt. Wir stehen hier auf dem Wall von New York und sind müde vom Warten!«
Es kam keine Antwort. Nicole setzte sich. »Wieso machst du das?«, fragte er.
»Ich denke, du machst dir genug Sorgen für zwei«, gab sie zurück. »Und außerdem bin ich es leid, da herumzustehen und mit den Armen zu fuchteln.« Sie blickte übers Wasser. »Es wäre so viel einfacher«, sagte sie sehnsüchtig, »wenn wir einfach selbst hinüberfliegen könnten.«
Richard legte den Kopf schief und schaute zu ihr herab. »Was für eine grandiose Idee«, sagte er ein paar Sekunden später. »Wieso sind wir da nicht früher draufgekommen?« Und er setzte sich sofort ebenfalls und begann mit seinem Computer Berechnungen anzustellen. »Feiglinge sterben hundertmal vor ihrem Tod«, brummte er in sich hinein, »der Tapfre schmeckt nur einmal ihn.«
Nicole sah zu, wie ihr Geliebter wild auf die Tastatur hämmerte. »Was machst du denn da, Lieber?«, erkundigte sie sich über seine Schulter hinweg auf den Bildschirm blickend.
»Drei!«, rief er triumphierend, als er eine Berechnung beendet hatte. »Drei müssten genügen.« Er blickte zu der fragend dreinblickenden Nicole hoch. »Möchtest du den unverschämtesten Plan der interplanetarischen Geschichte hören?«
»Warum nicht?« Sie lächelte halbherzig. »Wir machen uns Tragegurte aus dem Netzgeflecht, und die Vögel tragen uns über die Zylindrische See.«
Nicole starrte ihn sekundenlang stumm an. Schließlich fragte sie skeptisch: »Angenommen wir können solche Geschirre machen, wie willst du die Vögel dazu überreden, ihre Rolle zu übernehmen?«
»Wir überzeugen sie, dass es zu ihrem eigenen Besten ist«, gab Richard zurück. »Oder aber wir kriegen sie irgendwie durch
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