Rendezvous mit Übermorgen
raffiniertes Datensystem, das die gespeicherten Informationen nach Eingang eines Abrufsignals vom Scanner aussendet. Für die Praxis rechne ich damit, jeden von Ihnen täglich zu scannen und alle medizinischen Daten zu sammeln, aber die Rezeptoren haben eine Aufnahmekapazität von bis zu vier Tagen, wenn es nötig werden sollte.« Nicole wandte sich ihrem Publikum zu. »Irgendwelche Fragen bisher?«
Aus der vordersten Sitzreihe meldete sich Richard Wakefield. »Ja, ich. Ich begreife, dass dieses System Billionen von Daten-Bits sammelt. Aber das ist ja der simple Aspekt der Sache. Ich sehe nämlich nicht, auf welche Weise Sie - oder überhaupt ein Mensch - diese ganze Informationsflut verarbeiten könnte. Wie sollen die Daten synthetisiert oder analysiert werden, damit man erkennen kann, wenn irgendwelche Anomalien sich einstellen?«
»Sie wären der ideale Stichwortlieferant, Richard.« Nicole lächelte ihm zu. »Genau darauf komme ich jetzt.« Sie hielt einen kleinen flachen Gegenstand hoch, auf dem sich eine Tastatur befand. »Das ist ein standardisierter programmierbarer Scanner, der auf unterschiedlichste Weise die Information aus dem Monitor abfragen und sortieren kann. Ich kann damit die Gesamtladung von jedem beliebigen oder von allen Kanälen abrufen, oder ich kann damit ausschließlich nur Gefahrensignale ausfiltern ...«
Nicole sah, dass sich auf vielen Gesichtern Verwirrung zeigte. »Vielleicht fang ich am besten noch mal an und erkläre das anders. Jedes Messdatum, das von jedem dieser Instrumente erfasst wird, liegt innerhalb eines >Erwartungsbereichs< - der selbstverständlich für jede Person unterschiedlich ist daneben aber gibt es einen viel weiteren >Toleranzbereich<, der zur Erfassung echter Notfalle dient. Wenn ein bestimmtes Messdatum nur den Erwartungsbereich übersteigt, geht es in den Warnspeicher ein, und dieser Spezialkanal ist mit einem Alarmidentifikator ausgestattet. Ich habe nun die Wahl, mit diesem Scanner nur die Warnlisten abzuchecken. Wenn also ein Kosmonaut nicht über Beschwerden klagt, würde ich im Regelfall nur prüfen müssen, ob es im Warnpuffer irgendwelche Informationseingänge gibt.«
»Wenn sich aber eine Messzahl jenseits der Toleranzspanne zeigt«, warf Janos Tabori ein, »dann - Vorsicht. Der Monitor schaltet seinen Notsender ein und speist seine gesamte integrierte Energie in ein >Pieppiep<-Signal, das beängstigend ist. Ich weiß das. Ist mir selber bei einem Kurztest passiert, wo es sich dann auf unsaubere Messung der Toleranzwerte zurückführen ließ. Ich hab schon gedacht, ich muss sterben.« Janos Tabori war der Biowissenschaftler Nr. Zwei. Seine Bemerkung löste rundum fröhliches Lachen aus. Die Vorstellung, wie der kleine Janos, schrille Piepstöne von sich gebend, umherwanderte, war ungeheuer erheiternd.
»Es gibt kein absolut narrensicheres System«, sprach Nicole weiter. »Und dieses hier ist nur so zuverlässig, wie die eingehenden Messwerte es sind, die Warn- oder Alarmsignale auslösen. Sie begreifen also, dass es unumgänglich ist, Messwerte zu fixieren. Wir haben uns sehr genau mit der Krankheitsgeschichte jedes Einzelnen von Ihnen befasst und die Basisbefunde in den Monitoren integriert. Aber wir brauchen die neuesten Befunde, und zwar die der Sondenimplantate in Ihrem Körper. Und darum geht es hier und heute. Wir werden Ihnen heute Ihren persönlichen Sonden-Set implantieren, Ihr Reaktions- und Leistungsverhalten im Verlauf der am Donnerstag beginnenden letzten vier Simulationsübungen überwachen und - sofern es sich als nötig erweist - die Triggerwerte auf den neuesten Stand bringen, ehe wir wirklich zum Start gehen.«
Im Publikum regte sich einige Unruhe, als die Kosmonauten, jeder für sich, ausmalten, wie sie auf unbegrenzte Zeit mit einem winzigen medizintechnischen Labor im Körper leben würden. An die regulären Sonden waren sie gewöhnt, die zwecks irgendwelcher Spezialchecks ihrem Körper implantiert wurden; sicher, es war wichtig, herauszufinden, wie groß die Zahl der Plaques war, die zum Zirkulationsstau in den Arterien führen konnten, aber derartige Sonden blieben immer nur kurz im Körper. Die Vorstellung von einer andauernden elektronischen Invasion hingegen war - um es milde auszudrücken - denn doch ein wenig beunruhigend. General Michael O'Toole fasste die zwei Fragen in Worte, die fast die ganze Kosmonautenmannschaft bedrückten.
In seiner altvertrauten ernsthaften Art fragte er: »Nicole, könnten Sie uns sagen, wie
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