Rendezvous mit Übermorgen
der Hand. Neben ihr stand ein hochgewachsener Japaner in einem blauen Geschäftsanzug. Er lauschte angestrengt einer Frage aus dem Publikum. Nicole des Jardins lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Neuhinzugekommenen.
»Sumimasen, Hakamatsu-san «, sagte sie. »Ich möchte Sie mit unserem Kommandanten bekannt machen: General Valerij Borzow aus der Sowjetunion. Und mit der Journalistin - und Kosmonautin Francesca Sabatini.«
Sie wandte sich den beiden zu. » Dobrij Mira«, sagte sie zum General und nickte kurz auch zu Francesca hinüber. »Dies ist der geschätzte Dr. Toshiro Hakamatsu. Er hat das Biometriesystem erfunden und entwickelt, das wir unterwegs einsetzen werden, einschließlich der Minisonden, die wir im Körper tragen werden.« General Borzow streckte die Hand aus. »Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Hakamatsu-san«, sagte er. »Madame des Jardins hat uns alle höchst neugierig auf Ihre hervorragende Arbeit gemacht.«
»Ich danke Ihnen«, antwortete der Japaner, ergriff die ausgestreckte Hand und verneigte sich dann tief. »Es ist eine große Ehre für mich, an diesem Projekt beteiligt zu sein.«
Francesca und der General nahmen auf den zwei freien Stühlen vorn Platz, und die Konferenz ging weiter. Nicole richtete ihren Laserpointer auf ein Schaltbrett an der Flanke eines kleinen Podiums, und das lebensgroße Modell eines männlichen Körpers erschien als dreidimensionales Hologramm und zeigte die blauen Venen und die roten Arterien des menschlichen kardiovaskulären Systems. Richtung und Strömungstempo des Blutes in den Gefäßen wurde durch winzige weiße Markierungen gekennzeichnet. »Der Life Science Board der ISA hat vor knapp einer Woche erst seine endgültige Zustimmung erteilt, dass die neuen Hakamatsu-Sonden bei unserem Raumflug als primäres Gesundheitskontrollsystem benutzt werden dürfen«, sagte Dr. des Jardins gerade. »Sie hielten ihr Votum bis zum letzten Augenblick zurück, um noch die Ergebnisse der Stress-Tests angemessen zu berücksichtigen, bei denen die neuen Sonden eine Vielzahl von abnormen Bedingungen meistern mussten. Aber selbst da fanden sich bei keinem der Probanden Hinweise auf eine Auslösung von Abwehrmechanismen.
Zum Glück können wir nun dieses System anwenden, denn es wird uns das Leben sehr erleichtern. Mir, als Ihrem Bio-Offizier, aber auch Ihnen allen. Sie werden sich im Verlauf des Fluges nicht mehr den routinemäßigen Injektions-/SondenVerfahren.unterziehen müssen, wie man sie bei früheren Unternehmen einsetzte. Diese neuen Sonden werden einmalig injiziert allenfalls zweimal - für die Dauer unserer 100-Tage-Mission, und sie brauchen nicht erneuert zu werden.«
»Wie konnte man das Problem der Langzeitabstoßung lösen?« Die Frage eines medizinischen Kollegen im Publikum unterbrach Nicole. »Darüber werde ich im Einzelnen heute Nachmittag auf der Gruppenbesprechung eingehen«, antwortete sie. »Für hier dürfte es genügen, wenn ich Folgendes anführe: Da die entscheidenden chemischen Abwehrreaktionen auf vier, fünf kritische Parameter, darunter Azidität, konzentriert sind, tragen die Sonden einen chemischen Schutzmantel, der sich dem chemischen Umfeld an der Implantationsstelle anpasst. Mit andern Worten: Sobald eine Sonde an ihrem Bestimmungsort angelangt ist, prüft sie, nichtinvasiv, das biochemische Umfeld und bildet sodann eine dünne Hülle aus, die so beschaffen ist, dass sie für den Chemismus des Wirtsorganismus verträglich ist, wodurch eine Abstoßung vermieden wird.
Aber ich greife da bereits vor«, sagte Nicole und wandte sich dem lebensgroßen Modellbild mit dem menschlichen Kardiovascularsystem zu. »Der Sondenstamm wird hier implantiert, am linken Arm, und die einzelnen Monitorzellen zerstreuen sich dann entsprechend ihren vorbestimmten Leitprogrammen und wandern exakt zu zweiunddreißig Zielpunkten im Körper. Dort setzen sie sich im Körpergewebe des Wirtes fest.« Während sie sprach, erwachte das Innere des holographischen Anatomiemodells zum Leben, und man sah zweiunddreißig blinkende Lichtpunkte vom linken Arm aus sich im ganzen Körper verteilen. Vier wanderten ins Gehirn, drei ins Herz, vier weitere in die Hauptdrüsen des Endokrinsystems; die restlichen einundzwanzig Minimonitoren strebten zu einer Reihe anderer Organe und Körperstellen, von den Augen bis zu den Fingern und Zehen.
»Alle diese Sonden tragen sowohl ein Sortiment von Mikrosensoren zur Erfassung wichtiger Gesundheitsparameter in sich wie auch ein
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