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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Erstes spürte Wakefield so etwas wie ein Schwindelgefühl und Übelkeit. Er hing an einem dünnen Kabel Tausende Meter über dem Boden in der Luft. Er schloss die Augen und mühte sich, rational zu bleiben. Du wirst nicht abstürzen , redete er sich ein.
    »Aijiiiii «, hörte er Hiro Yamanaka kreischen. Aus der folgenden Kommunikation entnahm er, dass Hiro, durch den plötzlichen Lichtausbruch erschrocken, in der Mitte der Gamma-Treppe den Fußhalt verloren hatte. Anscheinend war er zwanzig-dreißig Meter gestürzt, ehe er sich geschickt (und mit 'ner Menge Glück) an einem Randgeländerteil festhalten konnte.
    »Bei Ihnen alles in Ordnung?«, fragte David Brown.
    »Ja, ich glaube schon«, antwortete Yamanaka außer Atem.
    Nach dieser knappen Krise redeten auf einmal alle durcheinander. »Das ist phantastisch!«, rief Dr. Takagishi. »Das Lichtvolumen ist phänomenal. Und es passiert, bevor das Eismeer abtaut. Also ist es ganz und gar anders.«
    »Haltet noch ein frisches Modul für mich in Bereitschaft, sobald ich droben bin«, sagte Francesca. »Ich hab fast keinen Film mehr.«
    »Welche Schönheit! Was für eine unbeschreibliche Schönheit!«, setzte General OToole obendrauf. Er bediente mit Nicole des Jardins den Bordmonitor der Newton. Francescas Live- Bilder wurden durch die Relaisstation an der Achse an sie übertragen.
    Richard Wakefield sagte nichts. Er starrte nur wie gebannt, wie verzaubert die unter ihm ausgebreitete Welt an. Janos Tabori, tief unten, die Sesselliftapparatur, das halb fertiggestellte Lager am Fuß der Treppe vermochte er kaum zu erkennen. Aber die Entfernung zu diesen Punkten erlaubte ihm dennoch eine Art bemessender Einordnung der Dimensionen in dieser fremdartigen Welt. Der Blick über die Hunderte von Quadratkilometern der Zentralebene bot ihm in allen Richtungen faszinierende Gestaltgebilde. Aber zwei Formen beeindruckten ihn optisch und in seinem Vorstellungsvermögen besonders: dieses Zylindrische Meer - und diese festen, massiven, spitz zulaufenden Konstrukte in der fünfzig Kilometer entfernten, gegenüberliegenden Schüssel/Polendung.
    Während sich seine Augen an die neue Helligkeit gewöhnten, erschien es Richard, als dehne sich der zentrale Sporn in der Südschüssel mehr und mehr aus. Die ersten Erforscher hatten das Gebilde »Big Horn« getauft. Kann das Ding wirklich acht Kilometer hoch sein dachte Richard. Die sechs niedrigeren Türme, die hexagonal um das Große Horn standen und mit ihm und der Ramawandung durch gigantische Schwibbogen verbunden waren, waren allesamt größer als irgendein Gebäude, das Menschen auf der Erde jemals errichtet hatten. Aber neben dem aus dem Mittelpunkt der Schüssel genau axial in den Zylinder ragenden gewaltigen Struktur wirkten auch sie nur zwergenhaft.
    Im Vordergrund - auf halber Strecke zwischen Wakefields Position am Nordpol und dem Mammutgebilde am südlichen Ende - lag ein bläulichweißes Band um die Zylinderwelt. Das Eismeer war irgendwie unlogisch und passte nicht dazu. Das kann doch niemals schmelzen, fühlte sich der Verstand verpflichtet zu sagen, oder dieses ganze Wasser stürzt auf die Zentralachse zu. Aber die Zylindrische See blieb durch die in Rama wirksame Zentrifugalkraft gebändigt. Und wer hätte besser als die Besatzung der Newton wissen können, dass ein Mensch am Gestade des Meeres nicht mehr Gewicht haben würde als am Ufer eines beliebigen Ozeans auf Erden.
    Die Inselstadt in der Mitte der Zylindersee war Ramas »New York«. Im Licht der Leuchtraketen waren Richard die Wolkenkratzer nicht übermäßig überwältigend vorgekommen. Aber jetzt - im Licht der Rama-»Sonnen« - begriff er, dass diese City unbedingt Spitze und Hauptattraktion war. Von jedem Punkt innerhalb Ramas zog New York das Auge an - das dichtgepackte ovale Eiland voller »Gebäude« war die einzige Unterbrechung des »annulus«-artigen Ringgrabens der Zylindersee.
    »Ja, aber so seht euch doch nur New York an!« Dr. Takagishis Stimme sprudelte geradezu aus dem Comm-Pak. »Da müssen doch mindestens tausende Gebäude sein, die über zweihundert Meter hoch sind.« Er holte nur kurz Luft. »Dort leben die . Ich weiß es. New York - das muss unser Ziel sein.«
    Nach dem anfänglichen Überschwang folgte ein ausgedehntes Schweigen, währenddessen jeder Kosmonaut still und insgeheim ganz für sich selbst die sonnendurchstrahlte Rama-Welt in sein Bewusstsein zu integrieren bemüht war. Richard Wakefield konnte jetzt Francesca deutlich vierhundert

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