Rendezvous mit Übermorgen
nie dermaßen zornig gesehen«, gab Janos zurück. »Shig ist ein absoluter Profi, und er ist gewaltig stolz auf seine ... ramanologischen Kenntnisse. Und wenn Brown die Geräusche, die ihr gehört habt, als dermaßen nebensächlich abtut, bedeutet das für Takagishi eben eine Respektlosigkeit. Ich nehm's ihm nicht krumm, dass er verärgert ist.«
Sie stiegen an Bord der Fähre und aktivierten das Transportmodul. Ramas dunkle Weite fiel hinter ihnen zurück, als sie durch den beleuchteten Korridor zurück zur Newton schwebten.
»Es war aber wirklich ein sehr seltsames Geräusch«, sagte Richard. »Ich bekam richtig Gänsehaut dabei. Und ich hab keine Ahnung, ob das ein neuer Laut war oder ob vielleicht schon Norton und seine Crew das vor siebzig Jahren gehört haben. Was ich aber genau weiß, dass ich ganz schön das Schlottern kriegte, als wir da oben auf der Mauer waren.«
»Sogar Francesca war anfangs sauer auf Brown. Sie hätte gern für ihre Nachtsendung ein kurzes Feature-Interview mit Shig reingebracht. Brown hat ihr das ausgeredet. Aber ich bin keineswegs sicher, ob er sie völlig davon überzeugen konnte, dass geheimnisvolle Geräusche nicht nachrichtenwürdig sind. Aber wie's das Glück will, hat sie ja eine ausreichend deftige Story gehabt, weil die Lichter ausgingen.«
Die beiden Männer stiegen vom Transporter und gingen auf die Luftschleuse zu. »Mann, bin ich groggy«, sagte Janos. »Das waren wirklich lange und hektische Tage.«
»Stimmt«, pflichtete Richard ihm bei. »Da haben wir damit gerechnet, dass wir die nächsten zwei Nächte im Lager bleiben können. Stattdessen sind wir wieder hier oben. Ich bin mal neugierig, was für Überraschungen morgen auf uns warten.«
Janos lächelte seinem Freund ins Gesicht. »Und das wirklich Drollige an der ganzen Geschichte ist?« Er wartete nicht auf Wakefields Antwort. »Brown ist tatsächlich überzeugt, dass er die Leitung dieser Mission hat. Ist dir nicht aufgefallen, wie er reagiert hat, als Takagishi vorschlug, wir könnten New York ja auch bei Nacht erkunden? Brown glaubt ja vielleicht, es sei seine Entscheidung gewesen, dass wir in die Newton zurückkehren und den ersten Vorstoß abbrechen sollten.«
Richard schaute Janos mit einem rätselhaften Lächeln fragend an.
»Aber das war es natürlich nicht«, fuhr Janos fort. »Rama hat beschlossen, dass wir verschwinden sollten. Und Rama wird entscheiden, was wir als Nächstes tun.«
25 Freunde in der Not
In seinem Traum lag er auf einem Futon in einem Ryokan aus dem siebzehnten Jahrhundert. Der Raum war sehr groß, insgesamt neun Tatamy-Matten weit. Links von ihm, jenseits der geöffneten Schiebewand, lag ein perfekt gestalteter Zwerggarten mit kleinen Bäumchen und einem maßgearbeiteten Miniaturbach. Er saß und wartete auf eine junge Frau.
» Takagishi-san, sind Sie wach?«
Er löste sich aus seiner Starre und griff nach dem Communicator. »Hallo, ja?« Seine Stimme verriet, wie erschöpft er war. »Wer ist da?«
»Nicole des Jardins«, antwortete die Stimme. »Es tut mir leid, dass ich Sie so früh stören muss, aber ich muss Sie dringend sprechen.«
»Geben Sie mir drei Minuten«, bat Takagishi.
Nach genau drei Minuten klopfte sie an seine Tür, grüßte ihn und trat in seine Kabine. Sie hielt einen Datenkubus in der Hand. »Darf ich?« Sie wies auf die Computerkonsole. Takagishi schüttelte bejahend den Kopf.
»Gestern gab es ein halbes Dutzend einzelner Zwischenfälle«, sagte sie ernst und wies auf einige Blipsignale auf dem Monitor, »unter anderem die zwei stärksten Abweichungen, die mir in Ihren Herzfrequenzdaten je untergekommen sind.« Sie blickte ihm ins Gesicht. »Sind Sie ganz sicher, dass Sie und Ihr Arzt mir Ihre komplette Krankengeschichte geliefert haben?«
Takagishi nickte.
»Dann habe ich allen Grund zu Besorgnis«, sprach sie weiter. »Die gestrigen Abweichungen lassen auf eine Verschlechterung Ihrer chronischen Diastolenstörung schließen. Vielleicht eine frische Perforation der Klappe. Vielleicht die langen Perioden in Schwerelosigkeit...«
»Oder vielleicht...«, unterbrach Takagishi mit einem weichen Lächeln, »habe ich mich ja auch nur zu sehr erregt, und der erhöhte Adrenalinausstoß hat die Geschichte verschlimmert.«
Nicole blickte ihm fest in die Augen. »Das ist möglich, Dr. Takagishi. Eine besonders starke Unregelmäßigkeit ergab sich kurz nach dem Ausfall des Lichts. Ich vermute, Sie lauschten zu diesem Zeitpunkt gerade Ihrem fremdartigen
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