Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
Vom Netzwerk:
Ihr Großvater an der Sache beteiligt – er lebte ja schließlich noch. Scheint, als hätten wir einen zweiten Geist im Haus.«
    »Ich denke, wir sollten besser zusammenbleiben, wegen unserer Sicherung.«
    »Weißt du, wie hinreißend deine englischen Redewendungen sind?«
    Er wackelte mit den Augenbrauen. »Ich bin ein hinreißender Typ.«
    »Ich staune aber, dass dein Englisch nicht besser ist. Hast du mit deinem Großvater nicht Englisch gesprochen?«
    »Nein. Meistens eher Deutsch. Mein Großvater war im Zweiten Weltkrieg Übersetzer für Deutsch. Nachdem ich in Deutschland auf die Schule gekommen war, unterhielten wir uns gern so.«
    »Ah, das leuchtet natürlich ein. Also hast du Englisch nur ab und zu mal zu hören bekommen, wenn du hier warst. Wie lange kamst du hierher – bis du achtzehn warst?«
    »Sechzehn. Ich habe früh Abitur gemacht.«
    Wir erreichten die Auffahrt des »Spukschlosses« und parkten. Als wir das Haus betraten, waren wir sehr auf der Hut.
    »Wo willst du anfangen?«, fragte er.
    Ich deutete zur Treppe. »Am Tatort. Wir brauchen uns wohl kaum mit Triggerobjekten und Sensoren aufzuhalten, wenn der Geist auf Kontakt so scharf ist. Komm, schauen wir, was uns erwartet.«
    »Halt dich gut fest«, warnte Steven.
    Ich ließ die Hand nicht vom Geländer, und ohne Zwischenfall erreichten wir den zweiten Stock. Ein Stück von der Treppe entfernt stellten wir uns mit dem Rücken zur Wand hin und warteten. Nach einer kleinen Weile warf Steven mir einen gespannten Blick zu. Ich nickte. »Einen Augenblick.« Mit geschlossenen Augen ließ ich meine Intuition fließen und suchte nach Spuren unseres ruppigen Hausbewohners.
    Nach einer Weile der Konzentration spürte ich ein sehr schwaches Ziehen vom Gästezimmer, das ich ebenfalls im Grundriss vermerkt hatte. Ich gab Steven ein Zeichen mitzukommen und machte mich auf den Weg dorthin, während ich weiter meinen inneren Radar auf Empfang hielt. In dem Zimmer angelangt, sah ich mich um. Es war zart lavendelfarben gestrichen, und die Tagesdecke auf dem Bett war cremefarben mit Veilchen darauf. Auf dem Nachttisch stand ein gerahmtes Foto, das mich instinktiv anzog. Ich hob es hoch. Es zeigte das Porträt einer Frau um die dreißig mit braunen Locken und rubinroten Lippen. Sie prostete dem Fotografen lachend mit einem Glas in der Hand zu.
    Ich hielt Steven das Foto hin. »Wer ist das?«
    Er betrachtete es eine Weile. »Ich weiß es nicht.«
    »Vielleicht deine Großmutter?«
    »Nein. Sie war blond und dicker und, nach allem, woran ich mich erinnere, nicht sehr fröhlich.«
    »Sauertöpfisch, hm?«
    »Wie ihr Sohn.« Steven drehte das Bild um und löste es aus dem Rahmen. »Maureen 1962.«
    »Wer ist Maureen?« Kaum sprach ich das aus, als ich ein kaltes Prickeln im Nacken fühlte. Die Temperatur sank rapide in den Keller. Mein Atem blieb als Wolke noch lange sichtbar.
    »Was zum …« Steven sah mich scharf an. Erwirkte nervös.
    Ich legte den Finger an die Lippen. »Pst, da ist jemand.« Erneut ließ ich meiner Intuition freien Lauf. Von dem Schaukelstuhl in der Ecke spürte ich ein starkes Zerren. Ich legte Steven die Hand auf den Arm und deutete hin. »Dort.«
    »Der Geist?«, fragte er.
    Wie zur Antwort begann der Stuhl leise knarrend ganz von allein zu schaukeln. Ich war erst mal vorsichtig. Wenn das der Geist war, der Gilley gestoßen hatte, war sein Temperament nicht zu verachten. Ich richtete meine Intuition auf den Stuhl. Wer bist du?, fragte ich in Gedanken.
    Das Schaukeln wurde wilder. »Madre de dios«, hauchte Steven erschrocken. »M. J., wer ist das?!«
    »Ich arbeite dran«, sagte ich leise. Ich verwarf die Telepathie; vielleicht wollte dieser Geist lieber gesprochene Sprache hören. »Wir kommen in guter Absicht«, sagte ich langsam und ruhig. »Wir wollen dir helfen. Wir müssen nur wissen, wer du bist und warum du hier bist, dann können wir sicher etwas für dich tun.«
    Das Schaukeln endete abrupt. Ganz klar spürte ich in meinem Bewusstsein ein M, dann begannen um die Stuhllehne herum kleine Lichtkugeln zu flirren, immer im Kreis wie Fliegen.
    »Oh …«, keuchte Steven. »Unglaublich!«
    »Maureen?«, sagte ich zu dem Stuhl. »Maureen, bist du das?«
    Zur Antwort wurde der Stuhl mit solchem Schwung nach hinten gestoßen, dass er mit der Lehne auf den Boden prallte. Die Lichtkugeln stoben nach allen Seiten auseinander. Wir duckten uns, weil ein paar direkt auf uns zugeflogen kamen.
    Als wir uns wieder erhoben, hatte sich die Temperatur

Weitere Kostenlose Bücher