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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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normalisiert.
    »Ist es vorbei?«, wollte Steven wissen.
    »Im Augenblick ja«, sagte ich und spürte nur zur Sicherheit noch mal in den Raum hinein.
    »Du hast gefragt, ob es Maureen ist. Du glaubst nicht, dass es mein Großvater war?«
    »Nein. Die Energie war zu leicht für einen Mann.«
    »Verzeihung?«
    »Männliche Energie ist schwerer als weibliche Energie.«
    »Bitte, ich verstehe nicht, was du mit schwer meinst. Wie kann Energie etwas wiegen?«
    Ich lächelte geduldig. »Auf mich wirkt die Energie einer männlichen Seele kompakter und schwerer als die einer Frau. Dieser Geist war leicht und definitiv weiblich. Außerdem habe ich ein M empfangen.«
    »Du hast mit ihr gesprochen? Was hat sie gesagt?«
    Ich schüttelte den Kopf und wehrte mit der Hand ab. »Es war nicht möglich, richtig mit ihr zu sprechen. Sie war zu aufgebracht. Sie ist wegen irgendwas furchtbar wütend, aber ich habe keine Ahnung, warum. Nur damit du’s weißt: Wut ist ziemlich ungünstig. Sie erschwert deutlich die Verständigung.«
    »Aber wo ist mein Großvater?«
    »Ich weiß es nicht. Bist du sicher, dass du damals in der Nacht seine Stimme gehört hast?«
    »Ganz sicher«, sagte er fest. »Als ob er hinter mir gestanden hätte.«
    »Na, war ganz nett, wenn er sich mal blicken ließe. Vielleicht könnte man aus ihm mehr herausbekommen …« Ich verstummte. Vom Fenster her spürte ich ein ganz feines Zupfen. Neugierig trat ich näher und sah nach draußen.
    Steven folgte mir. »Was ist? Wieder Maureen?«
    »Nein.« Ich zog die hauchdünne Gardine zurück. »Was anderes …«
    Und da sahen wir ihn. Drei Stockwerke tiefer schritt ein älterer Herr über den Rasen in Richtung Wald. Von unserem Blickpunkt aus konnten wir sein Gesicht nicht sehen, aber am Waldrand blieb er kurz stehen, drehte sich bedächtig um und sah zum Haus hinüber. Langsam hob er den Kopf, betrachtete jedes Stockwerk. Auf dem Fenster, hinter dem wir standen, verharrte sein Blick lange.
    Ich hielt den Atem an und merkte, dass Steven neben mir zitterte. »Mein Gott«, sagte er tonlos. »Opa …«
    Andrew hob die Hand und zeigte auf uns. Dann löste er sich in Luft auf.
    Eine Viertelstunde später in der Küche pustete ich in meinen heißen Tee. Steven saß auf einem der Hocker an der Inseltheke und war mit den Gedanken sichtlich weit, weit weg.
    Ich stellte ihm einen Tee vor die Nase. »Hier. Trink das. Dann geht’s dir besser.«
    Er nahm den Tee. »Das war mein Großvater«, murmelte er. »Das war mein Großvater.«
    Ich nickte. »Sieht wohl so aus. Also gibt es hier zwei Geister, denen wir ins Jenseits helfen müssen.«
    »Zuerst muss ich wissen, was passiert ist«, widersprach Steven.
    Ich seufzte und starrte in meine eigene Teetasse. »Ich hab dir schon mal gesagt, ich werde es versuchen. Aber es hat bei mir nicht höchste Priorität.«
    »Warum können wir nicht warten, bis wir die Antworten haben, ehe wir ihm hinüberhelfen?«
    »Weil Andrew sich hier quält. Er hat wahrscheinlich Angst, ist verwirrt oder hat sogar Schuldgefühle. Mein oberstes Ziel ist, dafür zu sorgen, dass er so schnell wie möglich weiterkommt. Wenn er sich selbst umgebracht hat, ist es das einzig Richtige. Und wenn ihn jemand gestoßen hat – nun, dann ist es vielleicht ein Fall für die Polizei.«
    Steven hob jäh den Kopf. »Gestoßen! Glaubst du, Maureen könnte ihn gestoßen haben, so wie sie Gilley gestoßen hat?«
    »Nichts ist unmöglich. Wenn sie allerdings für Andrews Tod verantwortlich ist, können wir nicht gerade viel tun.«
    »Kannst du sie nicht in ihr Fenster einsperren?«
    »Du meinst, in ihr Portal. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie eine negative Energie ist, Steven. Ich meine, natürlich hat sie Gilley geschubst, aber mir scheint, es steckt etwas anderes dahinter als Bosheit. Sie hatte einen Grund dafür, aber mir ist noch nicht klar, was für einen.«
    »Wenn sie meinen Opa ermordet hat, will ich, dass sie eingesperrt wird.«
    »Bin ich vielleicht der kosmische Kerkermeister?«, versetzte ich. Beim Anblick seines gekränkten Gesichts milderte ich meinen Ton ab. »Ich meine wirklich, wir sollten nicht urteilen, ehe wir nicht mehr wissen. Momentan bin ich nicht bereit, Maureen als bösartig abzustempeln. Nicht, bevor wir Klarheit haben.«
    Steven nickte. »Okay.«
    »Also«, sagte ich entschlossen. »Wir brauchen einen Schlachtplan. Nach meiner Vermutung hat Maureen sich für heute Abend verausgabt. Es erfordert ganz schön viel Kraft, so eine Show abzuziehen. Und

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