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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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sehen.« Ich hielt die Kamera hoch. »Die zeichnet uns außerdem alle Geistererscheinungen auf, die wir bei Lampenlicht nicht bemerken würden.«
    »Alles klar«, sagte Steven. Gemeinsam drangen wir in den Gang vor, eine Hand jeweils an der Wand, um den Weg besser zu finden. Wir waren etwa fünf, sechs Meter weit gekommen, als ich es tropfen hörte. Ich hielt die Kamera nach oben und sah, dass an der Decke an mehreren Stellen Tropfen hingen, aufgereiht wie Perlen.
    »Steven, mach mal kurz die Taschenlampe an und leuchte nach oben«, bat ich. Meine Stimme hallte durch den Gang. Der Lichtkegel strahlte an die Decke. Was wir sahen, ließ uns das Blut in den Adern gefrieren. »Wir sind unter dem Pool«, äußerte ich nervös meine Vermutung.
    »Ja«, sagte Steven. Unwillkürlich flüsterten wir. Er hob die Hand und berührte eine der Stellen. Vorsichtig fuhr er einige der Risse nach, die sich als Netz über die Decke zogen. Während er sich der Stelle näherte, wo die Risse am deutlichsten zu sehen waren, um zu prüfen, ob es nicht ein zu großes Risiko war weiterzugehen, bemerkte ich, dass im Winkel zwischen Decke und Wand ein schwarzes Kästchen befestigt war, aus dem ein Draht ragte. Es sah aus, als hätte es etwas mit Elektrizität zu tun, und ich war heilfroh, dass es momentan an keinen Stromkreis angeschlossen zu sein schien. Mit all dem Wasser ringsum wäre das höchst bedenklich gewesen.
    »Das ist nicht gut«, sagte Steven, den Blick auf die Decke gerichtet.
    In meinem Kopf fingen die Alarmglocken an zu läuten. »Wie schlimm ist es?«
    »So ungut, dass ich sagen würde, wir schauen uns den Gang jetzt bis zum Ende an, und dann gehen wir zurück und verrammeln die Tür.«
    »Meinst du nicht, wir sollten lieber gleich umkehren?«
    Steven hieb mit der Faust gegen die Decke. Es kam nicht mehr Wasser heraus als vorher. »Ich glaube schon, dass es noch hält. Die Risse sind beunruhigend, aber sie werden nicht gerade jetzt aufbrechen. Gehen wir weiter, aber so schnell wie möglich.«
    Steven schaltete die Lampe aus. Ich hielt die Kamera hoch, und wir gingen weiter. Nach einiger Zeit bog der enge Gang im spitzen Winkel ab, das Stück dahinter war beim besten Willen nicht einzusehen. Als wir uns näherten, zögerte Steven plötzlich, und zu meiner Überraschung packte er mich hart an der Schulter.
    »Was ist?«, fragte ich leise und richtete die Kamera auf ihn, um ihn sehen zu können. Er hob mit einem »Psst« den Finger an die Lippen, dann legte er die Hand ans Ohr, um mir zu bedeuten, dass er etwas gehört hatte. Ich lauschte konzentriert, und tatsächlich, hinter der Ecke waren Schritte zu hören.
    Ich blickte Steven an. Er riss erschrocken die Augen auf, als er das Geräusch identifizierte. Dann beugte er sich vor und wisperte mir ins Ohr: »Wir sind nicht allein.«
    Ich nickte und hauchte zurück: »Ich kann nicht spüren, wer es ist.«
    »Nein?«
    »Nein. Ich bin ganz offen, aber ich spüre keinerlei Geisterenergie.«
    »Vielleicht ist es kein Geist«, flüsterte er. Es entstand eine Pause. Ich blinzelte in die Dunkelheit, aber ohne die Kamera war es unmöglich, etwas zu sehen. Da bekam ich eine Idee. »Wir können die Kamera um die Ecke halten. Wenn wir Glück haben, ist derjenige nicht zu weit weg, und wir können ihn im Display erkennen.«
    »Gut«, sagte Steven und dirigierte mich um sich herum nach vorn. Ich spürte seinen Brustkorb im Rücken, während ich die Kamera so in die Höhe hielt, dass wir beide das Display sehen konnten und die Linse um die Ecke zeigte. Knapp außerhalb des Bereichs, in dem das Bild scharf war, bewegte sich eine Gestalt durch den Gang, die sich von uns entfernte. Sie strahlte keine übersinnliche Energie aus. Das war ein Mensch, davon war ich felsenfest überzeugt. »Es ist ein Mann«, flüsterte ich Steven zu.
    »Kann auch eine Frau sein. Man erkennt nicht viel von hier aus«, wandte er ein.
    »Ich bin dafür, dass wir uns ganz langsam und leise hinterherschleichen, bis wir mehr sehen können.«
    »Nach dir«, flüsterte er mir ins Ohr.
    Ich zwängte mich geräuschlos um die Ecke, die schon für mich eng war, und für Steven noch enger. Als wir beide durch waren, hielt ich wieder die Kamera hoch, und wir tasteten uns auf Zehenspitzen voran. Zoll für Zoll kamen wir der Gestalt näher, die sich allmählich von einem grauen Schemen zu einer eindeutig menschlichen Silhouette wandelte. Meine Handflächen wurden feucht, als der Abstand immer geringer wurde. Auf einmal blieb die Gestalt

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