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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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hervorrufen sollen, doch stattdessen versteifte ich mich.
    »In den Sommerferien, wenn ich hier war, hat mein Großvater sie eingestellt, damit sie nach mir schaut und meine Mutter etwas Zeit für sich hat.«
    »Sie war dein Babysitter?« Ich staunte, wie lange die beiden sich tatsächlich schon kannten.
    »Ja.« Er grinste von einem Ohr zum anderen. »Im ersten Sommer war ich elf, und sie war sechzehn. Ich, äh … knallte in sie? Stand auf ihr? Weißt du, so ein bisschen …«
    »Du standest auf sie. Warst verknallt in sie«, half ich ihm.
    »Ja. Ich verknallte ganz schön. So ist es, wenn man ein Junge ist und sich langsam diese Triebe entwickeln, weißt du?«
    »Und hat sie das jemals erwidert?« Die Frage war ganz schön unverblümt, aber wenn er sich schon mal öffnete, wollte ich es auch genau wissen.
    »Nein. Ich war nicht der Steven, den sie wollte.« Das klang einen Hauch gehässig.
    »Was?!«
    »Sie war an meinem Vater interessiert.«
    »Du willst mich doch auf den Arm nehmen.« Ich musterte ihn genau, doch ich konnte keine Anzeichen dafür erkennen. »Ich dachte, er sei nie hier gewesen?«
    »Mein Großvater war ein weitherziger Mann. Er hatte immer die Hoffnung, dass mein Vater sich ändern würde. Also lud er ihn fürs Wochenende hierher ein, aber mein lieber Vater weigerte sich, das Jagdhaus zu betreten, während ich hier war. Er blieb bei Helen, und mein Großvater traf sich im Ort mit ihm, um zu reden, und nach ein paar Tagen fuhr mein Vater wieder nach Hause.«
    »Und was war zwischen Annalise und deinem Dad?«
    »Annalise ist Helens Nichte. Sie hat einige Jahre lang in dem Bed & Breakfast gearbeitet, und so ist sie meinem Vater begegnet. Meine Mutter hörte von Leuten aus dem Ort, dass sie und mein Vater eine Affäre hatten, und das machte sie wütend, weil sie gehofft hatte, dass er sie noch liebte. Da war ich gerade fünfzehn. Danach hat sich meine Mutter geweigert, noch einmal im Sommer herzukommen.«
    »Also hatten dein Vater und Annalise eine Affäre? Ich nehme an, er hat sie irgendwann beendet, und das war’s?« Ich hatte das Gefühl, dass es noch mehr zu erfahren gab, und war neugierig, wie viel Steven mir erzählen würde.
    »Nein, leider nicht. Annalise wurde schwanger und bekam ein Kind.«
    »Dein Vater hat noch ein uneheliches Kind?«
    »Ich weiß es nicht sicher.« Steven begann wieder mein Schlüsselbein zu streicheln. »Annalise hat nie jemandem erzählt, wer der Vater war, auch mir nicht. Aber vor zwölf Jahren hat sie ein kleines Mädchen namens Shanah geboren.«
    »Und fragt sich Shanah nicht, wer ihr Vater ist?«
    »Shanah fragt sich nicht sehr viel. Sie ist geistig retardiert. Annalise hat zu Hause entbunden, und Shanah erlitt bei der Geburt einen Sauerstoffmangel. Sie wäre fast gestorben.«
    »Wie traurig«, sagte ich, beschämt, dass ich so nachgebohrt hatte.
    »Ja, ist es. Heute muss Annalise zwei Jobs machen und versucht sich daneben so gut wie möglich um ihre Tochter zu kümmern. Sie wusste, dass ich hier bin, weil sie mich ja im Sandwichrestaurant gesehen hatte, und gestern Nacht hat sie mich in Panik angerufen, weil Shanah nicht richtig atmete – das ist eines ihrer vielen Probleme. Ich fuhr hin, um zu helfen, und blieb bis zum Morgen dort.«
    Ich fühlte mich ziemlich blöd. »Verstehe«, sagte ich, den Blick auf meinen Füßen. »Es tut mir leid, dass ich so zickig war.«
    »Im Gegenteil.« Steven hob mein Kinn mit dem Finger an. »Ich finde es gut, dass du interessiert bist.« Und damit küsste er mich lange und intensiv, dann hob er mich hoch und setzte mich in den zweiten Ohrensessel in der Ecke gegenüber. »Und jetzt musst du dein Bein schonen. Ich werde dieses Chaos aufräumen. Du kannst mir mit deinem bezaubernden Charme Gesellschaft leisten.«
    Da musste ich lachen. Ich leistete ihm – mit einer kleinen Unterbrechung, weil mir einfiel, dass ich mich mal erkundigen sollte, wie es Gil ging – tatsächlich bis fast drei Uhr nachts Gesellschaft. Dann rollten wir uns gemeinsam auf dem langen Sofa in der Bibliothek zusammen und fielen erschöpft in Schlaf.

9
     
     
    Am nächsten Morgen beim Kaffee besprachen wir, was wir am Abend im Wald gesehen hatten. »Also, ich habe schon eine Menge Geister, Phantome und sonstiges Gruselgezücht gesehen. Diese graue Gestalt war was anderes. Ich würde sagen, das war ein Mensch.«
    »Du glaubst, uns ist wirklich ein Mensch gefolgt?«
    »Könnte jedenfalls sein.«
    Wir rätselten eine Weile daran herum, was jemanden bewogen

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