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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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woanders gewesen. Jetzt stand ich vor dem moralischen Dilemma, ob ich meine Nase absichtlich in Sachen stecken sollte, die mich nichts angingen. Nach einigem Hin und Her sagte ich mir: Scheiß drauf, und lenkte meine Schritte in besagte Straße, sehr darauf bedacht, einen desinteressierten, gedankenversunkenen Eindruck zu machen.
    Als ich mich Annalises Haus näherte, warf ich einen Blick in die Einfahrt. Was ich sah, brachte mich fast dazu anzuhalten. Vor ihrer Garage stand akkurat ein glänzend silberner Rolls-Royce -das untrügliche Zeichen, dass Steven senior nicht weit war.
    »Mistkerl.« Ich machte eine Wende und joggte über die Straße, um mir das genauer anzuschauen. Am Gartenzaun tat ich, als müsse ich einen Muskelkrampf massieren, und behielt dabei das Haus im Auge in der Hoffnung, jemand würde herauskommen und ich könnte wenigstens ein paar Worte aufschnappen. Doch nichts geschah. Schließlich fand ich, dass die Beinmassage schon verdächtig lange dauerte, darum wandte ich mich ab und rannte weiter.
    Nach vielleicht einem Kilometer machte ich kehrt und lief denselben Weg zurück, um vielleicht doch noch eine Beobachtung zu machen. Als ich an die Einfahrt kam, war das Auto verschwunden. »Scheiße«, keuchte ich im Vorbeilaufen. Wäre ich nur ein bisschen länger geblieben!.
    Den Rückweg zum B & B legte ich in erhöhtem Tempo zurück. Es drängte mich, Steven und Gilley zu informieren. Auf der Veranda blieb ich kurz stehen, um das Seitenstechen in den Griff zu kriegen und zu Atem zu kommen, ehe ich reinging.
    »Ich habe nach dir gesucht«, sagte Steven von der Türschwelle, als ich die Verandatreppe hinaufging. »War das Jogging schön?«
    Ich nickte. »Und außerdem hat es sich gelohnt. Ich habe da was höchst Interessantes gesehen.« Ich zeigte in die Richtung, aus der ich kam.
    »Was denn?«
    »Das Auto von deinem Vater. In der Einfahrt deiner hübschen Kellnerin.«
    Stevens Gesicht lief von einer Sekunde auf die nächste dunkelrot an. »Du nimmst mich auf den Arm.«
    »Nein«, sagte ich, nur einen Hauch selbstzufrieden.
    »Dieser Bastard!«, fluchte Steven und stürmte an mir vorbei, die Verandatreppe hinunter. Verblüfft sah ich zu, wie er zu seinem Auto rannte und in der Jeanstasche nach dem Schlüssel kramte. Als er ihn zutage befördert hatte, sah er mich an. »Kommst du?«
    Und genauso verblüfft nickte ich und lief die Treppe hinab hinterher. Zu spät wurde mir bewusst, wie schauderhaft ich aussehen – und riechen – musste. »Ich nehme nicht an, dass du noch warten willst, bis ich geduscht habe?«, fragte ich.
    »Es wird nicht lange dauern. Und du siehst gut aus. Ich mag dich so heiß und feucht«, sagte er mit einem kleinen Grinsen.
    »Huh, hör bloß auf mit dem Liebesgeflüster«, sagte ich sarkastisch und stieg ein. »Sonst steigt es mir noch zu Kopf.«
    Kurz darauf hielten wir vor Annalises Haus. Steven verlor keine Zeit, lief zielstrebig zur Tür und hämmerte dagegen. Einen Moment später öffnete uns die hübsche Frau, die ich bisher nur von Weitem gesehen hatte. »Steven!«, sagte sie freudig. »Dich hatte ich überhaupt nicht erwartet. Willst du nach Shanah sehen?«
    »Wir müssen reden, Annalise«, sagte Steven. »Können wir reinkommen?«
    Annalise war wohl von Stevens Tonfall etwas vor den Kopf gestoßen, aber sie zog die Tür weit auf. Kaum waren wir eingetreten, traf mich völlig unerwartet der vertraute dumpfe Schlag gegen meine Lebenskraft. Er schien aus einem Flur jenseits des Wohnzimmers zu kommen. Während Steven uns einander vorstellte, öffnete ich mich der Energie, die sich dort verbarg.
    Was ich spürte, war ein kleiner Junge namens Samuel, der nur Unsinn im Kopf zu haben schien. Der Geist war so forsch und aufdringlich, dass ich keine Wahl hatte, als mich auf ihn einzulassen.
    »Schön, Sie kennenzulernen, M. J.«, hörte ich Annalise sagen.
    »Gleichfalls. Äh, verzeihen Sie, dass ich damit gleich so rausplatze, aber wer ist Samuel?«
    Annalises kecker Schmollmund öffnete sich zu einem O, und sie blinzelte mich verwundert an. »Wie bitte?«
    »Samuel. Er sagt, er spielt manchmal mit Ihrer Tochter.«
    Annalise warf Steven einen Blick zu, dem zu entnehmen war, dass sie meine geistige Gesundheit anzweifelte.
    »Sie ist ein Medium«, erklärte Steven. »Sie spricht mit Toten.«
    Annalise keuchte auf und starrte mich an. »Ach du meine Güte! Shanah erzählt andauernd von einem Jungen namens Sam, der mit ihr spielt! Ich dachte, es sei jemand aus ihrer Schule. Ab und

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