Rendezvous
keine Angst zu haben, Sally. Ich habe dafür gesorgt, für den Mangel an gewissen frivolen Fächern in Merediths Lehrplan einen Ausgleich zu schaffen. Ich habe ein gewaltiges Programm an Aquarellmalerei und dem Lesen von Romanen mit ihr begonnen. Außerdem habe ich mir den Beistand ihrer Gouvernante gesichert, die ihr jetzt eine Sichtweise der Geschichte vermitteln wird, wie sie sie aus den Büchern ihres Vaters nie beziehen wird.«
Sally lachte. »Oh, meine unbezähmbare Augusta. Ich wusste doch, dass du Graystone guttun wirst. Irgendwo in seinem Innern muss auch er es gewusst haben, denn sonst hätte er niemals deinen Namen als obersten auf seine Liste gesetzt.«
»Du sagst, ich hätte ganz oben auf seiner Liste gestanden? Ich hatte immer angenommen, dass ich ganz unten rangierte. Als eine Art Nachtrag.« Augusta schenkte sich Tee ein und füllte Sallys Tasse nach. Als sie die Kanne wieder hinstellte, bemerkte sie das kleine Fläschchen Arznei, das auf dem Tisch neben Sallys Sessel stand.
Als Augusta die Stadt verlassen hatte, hatte Sally die Gewohnheit gehabt, sich ihre Medizin nur dann bringen zu lassen, wenn sie sie akut brauchte. Jetzt hatte sie sie anscheinend ständig in ihrer Reichweite.
»Du bist niemals ein Nachtrag gewesen. Ganz im Gegenteil. Nachdem er dich erst einmal kennengelernt hatte, konnte Graystone dich nie mehr aus seinen Gedanken verbannen.«
»Du meinst, so ähnlich wie ein Wespenstich, und er konnte das Kratzen nicht bleiben lassen?«
Sally lachte wieder. »Du unterschätzt dich, meine Liebe. Übrigens habe ich eine Beschwerde bei dir anzubringen. Du hast mich einen ganz ausgezeichneten Butler gekostet.«
»Das kannst du mir nicht vorwerfen. Meine Cousine ist diejenige, die den armen Scruggs gezwungen hat, seinen Posten aufzugeben.«
Sally lächelte. »Soviel ist mir bereits klar. Ich habe gestern morgen in der Post die Verlobungsanzeige gelesen. Ich glaube, die beiden passen ausgezeichnet zueinander.«
»Onkel Thomas hat sich sehr darüber gefreut.«
»Ja. Sheldrake ist recht übermütig, aber ich habe immer geglaubt, dass er sich danach sehnt, sich zu bessern. Seit seiner Rückkehr vom Festland hat er in London auf den Putz gehauen und nach einer Aufgabe gesucht. Wenn er jetzt heiratet und sich um die Ländereien seines Vaters kümmert, dann wird ihm das die Richtung weisen, nach der er Ausschau gehalten hat.«
»Ich habe mir dieselbe Meinung über ihn gebildet«, stimmte ihr Augusta zu.
»Du besitzt sehr viel Gespür und Einfühlungsvermögen, meine liebe Augusta.« Sally griff nach ihrer Arznei. Sie schraubte das Fläschchen auf und goss zwei Tropfen von der Medizin in ihren Tee. Als sie bemerkte, dass Augusta ihr betrübt zusah, lächelte sie. »Verzeih mir, Augusta. Wie du dir zweifellos schon denken konntest, habe ich derzeit größere Schwierigkeiten.«
Augusta nahm ihre Hand. »Sally, gibt es etwas, was ich für dich tun kann? Gibt es irgend etwas?«
»Nein, meine Liebe. Ich bin ausnahmsweise gezwungen, mit diesen Dingen ganz allein fertig zu werden.« Sallys Blick glitt versonnen auf das Fläschchen.
»Sally ?«
»Sei unbesorgt, meine Liebe. Ich werde im Moment keine drastischen Schritte unternehmen. Derzeit habe ich viel zuviel damit zu tun, für Graystone Informationen über diesen Saber Club herauszufinden. Diese Form von Arbeit hat mich weiß Gott schon immer begeistert. Ich habe Kontakt zu früheren Verbindungen aufgenommen, zu Personen, von denen ich seit fast zwei Jahren nichts mehr gehört habe. Es ist ganz erstaunlich, wie viele von ihnen sich noch herumtreiben und eine Anstellung suchen.«
Augusta lehnte sich bedächtig auf ihrem Sessel zurück. Sie warf einen Blick auf Meredith, die neben dem Schreibtisch stehengeblieben war, um sich etwas anzusehen, was Cassandra Padbury ihr zeigte. Wahrscheinlich Cassandras letzter Entwurf zu einem epischen Gedicht, dachte Augusta.
»Mein Mann ist wild entschlossen, die Information an sich zu bringen, um die es ihm geht«, murmelte Augusta, an Sally gewandt.
»Ja. Graystone war schon immer ein sehr entschlossener Mann gewesen. Und er will sich die Spinne unbedingt vorknöpfen. Die Verbindung zum alten Saber Club ist wirklich interessant. Es ist absolut einleuchtend, wenn man es sich genauer überlegt.«
»Was weißt du über den Club?«
Sally zuckte die Achseln. »Nicht viel. Es hat ihn nicht lange gegeben. Der Club hat junge Offiziere angelockt, die sich für reichlich verwegen und forsch gehalten haben und einen
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