Rendezvous
heiraten, dann täten Sie gut daran, sich über ihren Charakter klar zu werden. Sie hat einen Hang zu leichtsinniger Unterhaltung. Diese Neigung ist in der ganzen Familie verbreitet, wenn ich recht gehört habe. Zumindest im Northumberland-Zweig des Clans.«
»Was mir Sorgen bereitet, ist nicht, dass meine Verlobte gern Karten spielt.«
»Nein? Ich hätte gedacht, dass Ihnen das tiefe Sorge bereitet, Graystone. Wenn Ihr Vermögen erst einmal zu ihrer Verfügung steht, wird sie zweifellos noch lieber Karten spielen.« Lovejoy lächelte vielsagend.
Harry erwiderte sein Lächeln mit ausdrucksloser Miene. »Wie ich schon sagte, mir geht es nicht darum, womit sie sich gern die Zeit vertreibt. Was mich heute zu Ihnen führt, ist, dass Sie sie mit dem Tod ihres Bruders zum Narren gehalten haben.«
»Sie hat Ihnen also davon berichtet, wirklich?«
»Mir ist mitgeteilt worden, dass Sie ihr mehr oder weniger versprochen haben, ihr bei den Nachforschungen zu helfen, die zu diesem Todesfall geführt haben. Ich bezweifle ernstlich, dass Sie ihr von Nutzen sein können. Und ich will auch nicht, dass in der Vergangenheit herumgewühlt wird. Das hätte nur den Erfolg, dass meiner Verlobten Leid bereitet wird, und das lasse ich unter gar keinen Umständen zu. Sie werden diese Angelegenheit ruhen lassen, Lovejoy. Haben Sie verstanden?«
»Woher nehmen Sie die Sicherheit, dass ich ihr nicht helfen kann, den Ruf ihres Bruders von dem Zweifel reinzuwaschen, mit dem er seit dem Zeitpunkt seines Todes behaftet ist?«
»Wir wissen beide, dass man nicht in der Zeit zurückgehen und Ballingers Schuld beweisen oder widerlegen kann. Besser ist es, die ganze Geschichte zu begraben.« Harry sah Lovejoy fest in die Augen. »Es sei denn, versteht sich«, sagte er mit ruhiger Stimme, »Sie haben genauere Kenntnisse über den Vorfall, und wenn das so ist, dann werden Sie mir alles erzählen. Wissen Sie etwas, Lovejoy?«
»Gütiger Gott, nein.«
»Das dachte ich mir schon.« Harry stand auf. »Ich verlasse mich darauf, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben, denn es wäre mir gar nicht lieb, wenn ich das Gegenteil erfahren müsste. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Übrigens habe ich zwar nicht die Absicht, meiner Verlobten ein gelegentliches Kartenspiel zu verbieten, aber ich untersage es ihr, noch einmal mit Ihnen zu spielen. Sie müssen Ihre Tricks mit anderen Opfern ausprobieren, Lovejoy.«
»Wie langweilig. Ich finde Miss Ballingers Gesellschaft äußerst unterhaltsam. Und außerdem ist da noch diese Kleinigkeit mit den tausend Pfund, die sie mir schuldet. Sagen Sie, Graystone, wenn man von den Gerüchten ausgeht, dass Sie von Ihrer nächsten Gräfin außerordentlich tugendhaftes Benehmen verlangen, versetzt es Sie dann nicht in Panik, mit einer jungen Frau verlobt zu sein, die gern um hohe Summen spielt?«
Harry lächelte matt. »Sie müssen sich irren, Lovejoy. Meine Verlobte schuldet Ihnen kein Geld. Und gewiss keine tausend Pfund.«
»Seien Sie sich nicht zu sicher.« Lovejoy stand auf, und in seinen Augen stand ein selbstzufriedener Ausdruck. »Möchten Sie sich vielleicht den Schuldschein selbst ansehen?«
»Falls Sie mir einen Schuldschein zeigen können, werde ich die Schulden selbstverständlich auf der Stelle begleichen. Aber ich bezweifle, dass Sie mir ein derartiges Dokument vorlegen können.«
»Einen Moment.«
Harry sah interessiert zu, als Lovejoy auf den Globus zuging und einen Schlüssel aus der Tasche holte. Er steckte ihn in das verborgene Schloss, und die obere Hälfte des Globus sprang auf, genau wie letzte Nacht.
Es trat akute Stille ein, als Lovejoy dastand und lange in die untere Hälfte des Globus starrte. Dann drehte er sich langsam zu Harry um. Sein Gesicht war absolut ausdruckslos.
»Ich scheine mich geirrt zu haben«, sagte Lovejoy leise. «Ich habe doch keinen Schuldschein von Ihrer Verlobten.«
»Das dachte ich mir gleich. Ich glaube, wir haben einander bestens verstanden, nicht wahr, Lovejoy? Ich wünsche Ihnen hiermit noch einmal einen schönen Tag. Übrigens dürfen Sie mir gratulieren. Ich werde morgen heiraten.«
»So bald schon?« Lovejoy konnte nicht ganz überspielen, dass er überrascht zusammenzuckte. Er kniff die Augen zusammen. »Sie versetzen mich in Erstaunen, Sir. Ich hätte Sie nicht für derart vorschnell gehalten. Nach allem, was man so hört, muss jemand, der Miss Augusta Ballinger heiratet, auf eine Menge Abenteuer gefasst sein.«
»Das wird für mich zweifellos eine
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