Rendezvous
ihr etwas wegessen.«
»Aber, Papa...«
»Jetzt reicht es aber«, sagte Augusta und lachte, als sie die ernste Miene des Kindes sah. »Dein Vater erlaubt sich nur einen Scherz mit uns beiden, und ich erlaube mir einen Scherz mit ihm. Mach dir bloß keine Sorgen, Meredith. Es ist genug zu essen für alle da.«
»Oh.« Mit einem unsicheren Blick auf ihren Vater setzte Meredith sich wieder auf die Decke. Sie arrangierte sorgsam die Röcke ihres Kleides, damit sie nicht auf das Gras fielen. »Es freut mich, dass du dich uns angeschlossen hast, Papa. Das macht Spaß, findest du nicht auch? Ich glaube nicht, dass ich je ein Picknick gemacht habe. Augusta sagt, sie und ihr Bruder haben früher ständig Picknicks veranstaltet.«
»Ist das wahr?« Harry ließ sich behaglich auf seinen Ellbogen sinken und biss in eine Fleischpastete und sah Augusta dabei mit gesenkten Lidern an.
Augusta nahm nicht ohne einen leichten Schock wahr, dass Harry Reitkleidung anhatte und nichts um den Hals. Er trug nicht das gewohnte makellos gebundene Halstuch. Sie hatte ihn selten in so lässiger Bekleidung gesehen, außer natürlich in der Intimsphäre ihrer Schlafzimmer. Bei diesem Gedanken errötete sie und biss in eine Pastete.
»Ja«, sagte Meredith, die sichtlich gesprächiger wurde. »Ihr Bruder war ein Northumberland-Ballinger, genau wie Augusta. Die sind dafür bekannt, dass sie ziemlich kühn und verwegen sind. Hast du das gewusst, Papa?«
»Ich glaube, das habe ich schon einmal gehört, ja.« Harry mampfte weiterhin seine Pastete, ohne den Blick auch nur einen Moment lang von Augustas gerötetem Gesicht zu lösen. »Ich kann das reichlich tollkühne Naturell der Northumberland-Ballingers persönlich bestätigen. Man kann sich kaum vorstellen, auf was für kühne Unternehmungen sich die Northumberland-Ballingers einlassen. Vor allem mitten in der Nacht.«
Augusta merkte, dass sie knallrot anlief. Sie bedachte ihren Folterer mit einem warnenden Blick. »Ich habe festgestellt, dass auch die Earls of Graystone erstaunlich wagemutig sein können. Man könnte sogar von allzu großer Kühnheit sprechen.«
»Manchmal überkommt es uns eben.« Harry grinste und biss wieder herzhaft in seine Pastete.
Meredith, der dieser kleine Hinweis entging, plapperte unbefangen weiter vor sich hin. »Augustas Bruder war außergewöhnlich tapfer. Und ein wunderbarer Reiter. Er ist einmal bei einem Rennen mitgeritten, hat Augusta dir das schon erzählt?«
»Nein.«
»Es ist aber so. Und er hat gewonnen. Er hat in jedem Rennen gewonnen, verstehst du.«
»Ganz erstaunlich.«
Augusta räusperte sich leise. »Möchtest du etwas Obst essen, Meredith?«
Es gelang ihr, das Kind von dem Thema abzulenken, bis sie die Mahlzeit beendet hatten. Dann ermutigte sie Meredith, sich an dem Spiel zu probieren, zwei Zweige auf dem Bach treiben zu lassen und zu sehen, welcher zuerst einen bestimmten Punkt erreicht.
Meredith zögerte, aber als Harry aufstand und ihr zeigte, wie man das Spiel spielte, wuchs ihre Begeisterung für diesen Sport schnell. Harry blieb einen Moment lang am Ufer stehen und sah ihr zu, wie sie weiter flussaufwärts spielte, dann lief er zu der Decke zurück und setzte sich wieder neben Augusta.
»Sie hat ihren Spaß daran.« Harry stützte sich auf einen Ellbogen und zog mit lasziver männlicher Anmut ein Bein an. »Da frage ich mich doch, ob sie vielleicht öfter draußen sein und solche Dinge betreiben sollte.«
»Es freut mich, dass du meiner Meinung bist. Ich habe das Gefühl, ein gewisses Maß an munterem und oberflächlichem Zeitvertreib ist für ein Kind ebenso wichtig wie Geschichte und Erdkunde. Mit deiner Erlaubnis würde ich gern ein paar weitere Fächer in ihren Lehrplan aufnehmen.«
Harry schaute finster. »Und das wäre?«
»Für den Anfang Aquarellmalerei und das Lesen von Romanen.«
»Gütiger Gott, bloß das nicht. Ich verbiete es strikt. Ich dulde nicht, dass Meredith solchem Unsinn ausgesetzt wird.«
»Du hast es selbst gesagt. Meredith braucht abwechslungsreichere Beschäftigungen.«
»Ich habe gesagt, es könnte gut sein, dass sie sich öfter im Freien aufhalten sollte.«
»Das ist doch kein Problem. Malen und Romane lesen kann sie schließlich auch im Freien«, sagte Augusta fröhlich. »Zumindest im Sommer.«
»Verdammt noch mal, Augusta...«
»Psst. Du willst doch bestimmt nicht, dass Meredith uns streiten hört. Sie hat so, wie die Dinge stehen, schon genug Schwierigkeiten damit, sich an unsere Ehe zu
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